Ein Nachruf auf Stefan Kuhn
Von Catharina Deege
Buenos Aires (AT) - Es sind immer die besten Seelen, die uns zuerst verlassen. Stefan war so jemand: eine durch und durch gute Person. Als Journalist ein unbestrittenes Genie, verpackte er seine Kritik in solch treffende und wohlige Worte, dass man nicht nur beruflich, sondern auch menschlich viel von ihm lernen konnte. Es bricht mir das Herz, in der Vergangenheitsform über ihn zu schreiben. Denn zu gerne würde ich mich heute noch auf einen Kaffee mit ihm treffen, oder ihn munter in die Redaktion einmarschieren sehen.
Auch wenn ich mittlerweile nicht mehr als Kulturredakteurin des Tageblatts tätig bin, fühle ich mich dieser Zeitung sehr verbunden. 2019 fing ich als Praktikantin dort an, Anfang 2020 wurde ich als Redakteurin eingestellt. Bei dem Kennlerntreffen riss Stefan gleich einen Witz über meine Heimatstadt Hannover. Ich fühlte mich sofort wohl in den rustikalen Räumen des Tageblatts.
Stefan ist verantwortlich für einen der glücklichsten sowie einen der traurigsten Momente meines Lebens. Als ich von ihm und dem Redakteur Marcus Christoph das Angebot zur Stelle als Kulturredakteurin erhielt, konnte ich es kaum fassen. Ich fühlte eine immense Freude und Bestärkung. Dieser Tag ist ein Meilensteinen in meinem kurzen Leben. Ich war gerührt von dem Vertrauen, das mir von Stefan entgegengebracht wurde.
Die Nachricht, dass er gestorben sei, bezeichnet definitiv einen der traurigsten Tage meines Lebens. Nicht nur, weil ich seine offene und weise Art vermissen werde, sondern besonders, da er einem in Momenten der Orientierungslosigkeit stets zur Seite stand. Als ich ihm von meiner Entscheidung erzählte, Argentinien den Rücken zu kehren, traf ich nur auf wohlwollendes Verständnis, ein neues Kapitel in Berlin zu beginnen.
Einmal bat ich ihn zu einem großen Artikel über deutsche Regisseure um Feedback, und nachdem ich das Geschriebene danach noch unzählige Male überarbeitete, sagte Stefan zu mir: „Du musst den Text loslassen.“ Manchmal ist das jedoch unmöglich. Ich wünsche, dass ich auch den schrecklichen Schmerz, der seit seinem Ableben in mir waltet, vielleicht eines Tages loslassen kann.
Catharina Deege arbeitete von 2019 bis 2022 beim Tageblatt. Erst als Praktikantin, dann als Kulturredakteurin. Gegenwärtig studiert sie Spanisch und Filmwissenschaft an der FU Berlin.
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