Überraschend klarer Erfolg / Angst der Finanzmärkte vor Kirchner-Revival
Buenos Aires (AT/mc/dpa) - In Argentinien zeichnet sich ein Machtwechsel ab. Überraschend deutlich konnte Oppositionskandidat Alberto Fernández sich bei den Vorwahlen am vorigen Sonntag durchsetzen. Der Präsidentschaftsbewerber der peronistischen Allianz „Frente de Todos“ (Bündnis von allen), dessen Vize-Kandidatin Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner ist, brachte es bei der Kandidatenkür für das Präsidentschaftsrennen auf erstaunliche 47,7 Prozent der Stimmen.
Amtsinhaber Mauricio Macri hingegen landete weit abgeschlagen mit 32,1 Prozent nur auf Platz zwei. Lediglich in der Hauptstadt und der Provinz Córdoba war Macris Bündnis „Juntos por el Cambio“ (Gemeinsam für den Wandel) die stärkste Kraft. Die Wahlbeteiligung lag bei 75,8 Prozent.
Die Finanzmärkte reagierten sofort auf das Wahlergebnis und die Aussicht auf ein Kirchner-Revival an der argentinischen Staatsspitze. Am Montag brachen die Aktienmärkte und der Peso ein. Der Leitindex S&P Merval gab um mehr als ein Drittel nach. Zuletzt verlor er 35,5 Prozent auf 28 609,96 Punkte. Er fiel so mit einem Schlag auf den tiefsten Stand seit Ende 2018. Stark unter Druck geriet zu Wochenbeginn auch der argentinische Peso. Gegenüber dem US-Dollar brach die Währung um 23 Prozent auf 57 Peso auf ein Rekordtief ein.
Macri wertete die wirtschaftlichen Turbulenzen als Ausdruck dessen, dass die Kirchner-Politik in der Welt kein Vertrauen genieße. Der Staatschef führte die aktuelle Wahlschlappe auf die Unzufriedenheit vieler Menschen mit der Wirtschaftslage zurück. Personelle Änderungen in seinem Kabinett lehnte er ab.
Für den Amtsinhaber dürfte es sehr schwer werden, den Abstand bis zu den eigentlichen Wahlen am 27. Oktober doch noch aufzuholen. Allerdings war er bei den Vorwahlen 2015 auch deutlich im Hintertreffen. So hatte sein damaliger Hauptkonkurrent Daniel Scioli 14 Prozentpunkte mehr als Macri auf der Habenseite. Letzterer konnte sich am Ende aber in der Stichwahl durchsetzen.
Wahlsieger Alberto Fernández feierte mit seinen Anhängern im Buenos-Aires-Stadtteil Chacarita. Er erklärte: „Wir sind nicht angetreten, eine alte Regierung wieder zu installieren. Wir sind vielmehr hier, um ein neues Argentinien zu bauen, das die besten Erfahrungen berücksichtigt und mit der Zeit der Lügen bricht.“ Von Río Gallegos aus sandte Cristina Kirchner eine vorab aufgezeichnete Grußbotschaft, die am Wahlabend gezeigt wurde. Darin äußerte sie ihren Wunsch, dass es bei den Stimmauszählungen zu keinen Unregelmäßigkeiten komme. Gegen die Ex-Präsidentin laufen derzeit eine Reihe von Korruptionsverfahren. Dies hielt sie nicht von einer Kandidatur als Vizepräsidentin ab.
Zum Erfolg von „Frente de Todos“ trug bei, dass es Alberto Fernández gelang, ein sehr breites peronistisches Bündnis zu schmieden. Es umfasst mit Sergio Massa oder Felipe Solá auch Politiker, die in der zurückliegenden Dekade in Opposition zu damaligen Kirchner-Regierung standen.
Unter der Polarisierung litten die weiteren Mitbewerber um das Präsidialamt. Am besten schnitt noch Ex-Wirtschaftsminister Roberto Lavagna vom Bündnis „Consenso Federal“ (Föderaler Konsens) ab, der es auf 8,2 Prozent brachte. Die für die Hauptwahlen notwendige Hürde von 1,5 Prozent übersprangen des Weiteren auch der Linksaußen Nicolás Del Caño (2,9 Prozent), der eher rechtsgerichtete Juan José Gómez Centurión (2,6 %) und der neoliberale José Luis Espert (2,2 %).
Argentinien schaut nun den eigentlichen Wahlen am 27. Oktober entgegen. Sollte sich das Ergebnis der Vorwahl wiederholen, hätte Alberto Fernández das Präsidentenamt gewonnen, ohne dass dann noch eine Stichwahl nötig wäre. Dies ist der Fall, wenn ein Bewerber bei den Hauptwahlen entweder mindestens 45 Prozent erreicht, oder mehr als 40 Prozent mit einem Abstand von mindestens zehn Prozentpunkten auf den Zweitplatzierten.
Regierung kürzt Steuern und Abgaben
Buenos Aires (dpa/mc) - Nach der Wahlschlappe hat Präsident Mauricio Macri eine Reihe von Erleichterungen für Arbeiter und Unternehmen angekündigt. „Ich habe euch gehört“, sagte der Staatschef in einer Ansprache am Mittwoch. Er versprach Steuerkürzungen für Arbeiter und Angestellte, eine Streckung der Abgaben für kleine und mittelständische Unternehmen, Boni für Beschäftigte im öffentlichen Dienst und eine Anhebung des Mindestlohns. Zudem soll der Benzinpreis für 90 Tage eingefroren werden.
Macri reagierte auf mit seiner Ankündigung auf die Wirtschaftsturbulenzen nach dem Wahltag. Um die Lage zu beruhigen, informierte er zudem, dass es ihm gelungen sei, mit Oppositionskandidat Alberto Fernández zu telefonieren: „Wir hatten ein gutes und langes Gespräch. Alberto hat dabei die Bereitschaft erklärt, alles Mögliche zu tun, damit die Wahlen und die politische Unsicherheit, die damit einhergeht, sich so wenig wie möglich die wirtschaftliche Situation der Argentinien auswirken.“
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