Was während des Schlafes im Gehirn passiert
Austin/Los Angeles/Santa Fe (dpa/wvg) - Etwa ein Drittel seines Lebens verbringt der Mensch mit Schlafen. Dauerhaft zu wenig Nachtruhe trübt nicht nur die Stimmung, sondern kann auch ernsthafte Folgen für die Gesundheit haben. Regelmäßiger Schlaf ist also überlebenswichtig – aber warum eigentlich? Forscher sind dem nun auf den Grund gegangen. Ihr Fazit im Fachblatt „Science Advances“: Während Schlaf in der frühen Kindheit wichtig für Lernprozesse im Hirn ist, steht später dessen Reparatur im Fokus.
Die Wissenschaftler der Universitäten von Texas und Kalifornien sowie des Santa Fe Instituts um die Mathematikerin Junyu Cao haben sich in einer statistischen Analyse Daten aus mehr als 60 Schlaf-Studien vorgenommen, die sowohl Menschen als auch Säugetiere umfassten. Sie werteten Daten zur Gesamtschlafdauer, Zeiten in verschiedenen Schlafphasen sowie zu Gehirn- und Körpergröße aus.
Das Team, bestehend aus Neurologen, Biologen und Statistikern, entwickelte daraus ein Modell, das erklärt, warum sich die Schlafzeit über verschiedene Spezies hinweg verringert, je größer das Gehirn wird. Konkret identifizierten die Forscher einen Punkt, der beim Menschen im Alter von 2,4 Jahren eintritt und ab dem sich die Funktion der Nachtruhe fundamental verändert: von Reorganisation zur Reparatur. Das passt zu den Ergebnissen früherer Studien, die mehrere wichtige Übergänge in der Gehirnentwicklung bei Kindern zwischen zwei und drei Jahren belegten.
Bis zu diesem Alter wächst das Hirn rasant. Während des REM-Schlafs, der von raschen Augenbewegungen (Rapid Eye Movement) und Träumen gekennzeichnet ist, ist das Gehirn damit beschäftigt, Synapsen zu bilden und zu stärken. Das sind jene Strukturen, welche die Nervenzellen miteinander verbinden und kommunizieren lassen. „Babys sollten während des REM-Schlafs nicht geweckt werden, da in ihren Hirnen wichtige Arbeit passiert, während sie schlummern“, kommentiert Biologin und Koautorin Gina Poe in einer zur Studie veröffentlichten Mitteilung.
Nach etwa 2,4 Jahren verändere sich der Hauptzweck des Schlafes allerdings - und das rapide. Statt Synapsen aufzubauen gehe es ab da und für den Rest des Lebens hauptsächlich um die Wartung und Reparatur des Gehirns. Denn tatsächlich sei eine gewisse neurologische Schädigung des Hirns während der Wachstunden bei Menschen und Tieren normal. Schlaf helfe, diese Schäden zu reparieren – wie bei U-Bahnen, die nachts gewartet und repariert würden, um den Verkehr tagsüber nicht zu behindern, erklärt der theoretische Physiker und Koautor Geoffrey West.
Jene Wartungsarbeiten passierten hauptsächlich während des Nicht-REM-Schlafes. Entsprechend nehme dessen Anteil ab einem Alter von 2,4 Jahren beim Menschen zu, während die Schlafdauer insgesamt abnehme. So würden Neugeborene etwa 50 Prozent ihres Schlafes in der REM-Phase verbringen, während dieser Anteil im Alter von zehn Jahren auf 25 Prozent falle und bei Menschen über 50 Jahren schließlich bei 15 Prozent liege.
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