Forscher finden verdächtiges Gas
London (dpa/wvg) - In der Atmosphäre unseres Nachbarplaneten Venus haben Astronomen das Gas Monophosphan entdeckt. Die Verbindung aus einem Phosphor- und drei Wasserstoffatomen (PH3) entsteht auf der Erde vor allem durch biologische Prozesse, die unter Ausschluss von Sauerstoff stattfinden. Der Nachweis in der Venus-Atmosphäre sei allerdings kein belastbarer Beleg für eine biologische Quelle auf unserem Nachbarplaneten, schreibt das Team um Jane Greaves von der Universität Cardiff im Fachblatt „Nature Astronomy“. Es weise zunächst nur auf unbekannte geologische oder chemische Prozesse hin. In einer eigens einberufenen Pressekonferenz am späten Montagnachmittag schlossen die Autoren aber die Möglichkeit nicht aus, dass es Leben auf der Venus geben könnte.
Die Venus ist ähnlich groß wie die Erde, hüllt sich jedoch in eine dichte Wolkendecke. Durch einen starken Treibhauseffekt herrschen auf der Venusoberfläche mehrere hundert Grad Celsius, es ist viel zu heiß für Leben. In den oberen Atmosphärenschichten, rund 50 bis 60 Kilometer über der Oberfläche, könnten vergleichsweise moderate Temperaturen jedoch Leben erlauben, was zu Spekulationen über schwebende Mikroorganismen geführt hat.
Die Wissenschaftler hatten die Venus mit dem James-Clerk-Maxwell-Teleskop auf Hawaii und dem Atacama-Teleskopfeld in den chilenischen Anden analysiert. Dabei entdeckten sie Spektrallinien, die nur bei Monophosphan vorkommen. Die Venuswolken sind allerdings sehr sauer, wodurch die Verbindung schnell zerstört werden sollte. Sie muss also regelmäßig neu entstehen, um die gemessene Konzentration von rund 20 Teilen in einer Milliarde Teilen Atmosphäre (parts per billion, ppb) zu erklären.
„Wir behaupten nicht, dass wir Leben auf der Venus gefunden haben“, sagte Ko-Autorin Sara Seager vom MIT.
Das Team untersuchte daher verschiedene mögliche Quellen für das extrem giftige Gas wie etwa Mikrometeoriten, Blitze und chemische Vorgänge in den Wolken und auf der Planetenoberfläche. Damit lasse sich die Herkunft des Monophosphans jedoch nicht erklären, berichten die Forscher. Das lege nahe, dass es auf der Venus bislang unbekannte fotochemische oder geochemische Prozesse gebe.
„Wir behaupten nicht, dass wir Leben auf der Venus gefunden haben“, sagte Ko-Autorin Sara Seager vom Massachusetts Institute of Technology bei der Pressekonferenz. „Wir haben das Gas Monophosphan detektiert, dessen Herkunft ein Geheimnis ist.“ Auf der Rangliste jener Himmelskörper im Sonnensystem, auf denen Leben möglich sein könnte, rücke die Venus nun nach oben, sagte sie. Für die Lösung der Frage wäre es von Vorteil, den Planeten zu besuchen, um Messungen vor Ort vorzunehmen, betont das Team in seinem Fachartikel.
Nach den Hinweisen auf mögliches Leben in der Venus-Atmosphäre will Russland eine eigene Mission zur weiteren Erforschung des Nachbarplaneten starten. Das kündigte der Chef der Raumfahrtbehörde Roskosmos, Dmitri Rogosin, am Dienstag in Moskau an, wie die Staatsagentur Ria Nowosti meldete. „Die Venus-Erforschung soll wieder aufgenommen werden.“ Das sehe das Weltraum-Programm des Landes für die Jahre 2021 bis 2030 vor.
Neben der Zusammenarbeit mit der US-Raumfahrtbehörde Nasa sei ein weiteres Projekt „ohne breite internationale Zusammenarbeit“ geplant. Offen blieb, wann eine russische Sonde zur Venus aufbrechen könnte.
Ob das Monophosphan in der oberen Venus-Atmosphäre tatsächlich durch biologische Prozesse entsteht, lässt sich auch nach Ansicht von Roskosmos nur vor Ort zweifelsfrei klären.
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