Von Marion Kaufmann
Das britische Staatsoberhaupt, Mister Boris Johnson, ist für seine Vergnügungslust bekannt. Ausgehen und fürstliche Einladungen mit exquisiten Speisen à la „Downton Abby“, das hat ihm gefallen. Doch eines Tages wurde es dem Volk zu viel, bei all den Problemen die man ja schon hatte: Brexit, Krieg in der Ukraine, ab und zu mal ein Streik, da gab es einen heftigen Protest. Mr. Johnson hat alles zugegeben, hat die vom Richter verordnete Buße bezahlt, hat sich entschuldigt und seinen Rücktritt eingereicht. Er hat aber auch betont, so lange im Amt zu verbleiben bis ein Nachfolger ernannt wird. Alles in Ordnung, trotz seines schlechten Benehmens war er ein Gentleman, ein Mann, der seinen Posten aufgegeben hat, ohne sein Land in Verwirrung, Unsicherheit und Chaos zu stürzen. Wie gut, dass es noch Kavaliere gibt, wenn auch nicht hier!
Hier, bei uns, hat auch jemand seinen Rücktritt eingereicht, kein Staatsoberhaupt -um Gottes Willen- und auch war der Anlass kein Privatluxus, sondern nur ein Minister, der von einem Moment zum anderen kurz und bündig erklärt hat: „Es ist genug.“ Es schien, dass er gemerkt hat, dass seine Arbeit keine zufriedenstellenden Resultate zeigte. Aber da er kein Gentleman war wie Mister Johnson, musste man in Windeseile einen Nachfolger ernennen. Viel schneller als wie sonst ein Verfahren abläuft, kamen unsere Starpolitiker tagelang zusammen und boten mehreren Kollegen den Posten an, doch alle sechs, oder sieben, lehnten dankend ab. (Vielleicht, weil gerade jetzt die Skisaison in den Bergen beginnt, die sie nicht versäumen wollten?)
Sie debattierten also hin und her, bis einer auf eine Dame, Zeugin oder Teilnehmerin der Suchaktion, aufmerksam wurde plötzlich schrie: „Das ist die neue Ministerin!“ Und alle atmeten auf. Es muss eine ähnliche Szene gewesen sein wie die, als Kolumbus auf der letzten seiner vier Segelfahrten durch den Schrei des Matrosen, der auf der Spitze eines Mastes den Ozean überwachte, aufgestört wurde: „Land! Ich sehe Land!“ Auch er atmete auf, denn die lange Fahrt mit heftigen Stürmen war nicht leicht gewesen. Kolumbus hat sich geirrt: Sein lang gehegter Plan, Indien zu erreichen, fiel ins Wasser. Aber er hat, aus Versehen, Amerika entdeckt.
Hoffentlich irrt sich die neue Ministerin nicht.
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