top of page
Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Kuznets


Simon Kuznets
Simon Kuznets.

Schon drei Mal erwähnte Cristina Kirchner den Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaft (1971) Simon Kuznets, doch ohne weiter auf seinen bekannten Spruch einzugehen, dass es entwickelte Länder und Schwellenländer gebe, und dann zwei Ausnahmefälle, Japan und Argentinien. Doch dann ist sie nicht näher auf dies eingegangen, so dass die Zuhörer nicht verstanden haben, was sie sagen wollte. Offensichtlich hat Professor, Axel Kicillof oder wer es sonst sei, ihr den Fall nicht gut erklärt. Schade, denn es lohnt sich darüber nachzudenken.

Kuznets hat zwischen 1932 und1934 die erste offizielle Berechnung über das Volkseinkommen der Vereinigten Staaten durchgeführt. Er hat sich sein ganzes Leben mit dem Thema des Bruttoinlandsproduktes befasst, und bis 1984 insgesamt 49 Bände seiner Studien über Einkommen und Reichtum veröffentlicht. Er genoss unter seinen Kollegen besonderes Ansehen.

Kuznets wies drauf hin, dass Japan ein Land ohne natürliche Ressourcen, plötzlich von einer mittelalterlichen Kultur auf den modernen Kapitalismus übergegangen ist und in kurzer Zeit zu den Ländern mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen aufgestiegen ist. Das widerspricht den Erklärungen, die man normalerweise für Länder dieser Gruppe gibt.

Am anderen Ende steht Argentinien, ein Land, dass reich an natürlichen Ressourcen aller Art ist, wie kaum ein anderes. Schon Ende des 19. Jahrhunderts hatte das Land weniger Analphabeten als große Teile Süditaliens und Spaniens, profitierte von einer Einwanderung, die die europäische Kultur mitgebracht hat, verfügte über ein gutes und ausgedehntes Erziehungssystem, und somit auch über die menschlichen Voraussetzungen für ein fortgeschrittenes Land, ist aber in der Tat stark zurückgeblieben. Zu dem, was die Natur bietet, kann man jetzt auch die große Zahl von jungen Menschen zählen, die die digitale Technologie beherrschen, die heute die Wirtschaft grundsätzlich verändert hat.

Anfang des 20. Jahrhunderts hatten bedeutende Ökonomen Argentinien unter den Ländern eingereiht, von denen ein hohes Wachstum zu erwarten sei, und sogar Argentinien vor Kanada gestellt. Sie haben sich von Grund auf geirrt. Wenn es so gewesen wäre, wie es diese Ökonomen vorwegnahmen, und mit guten Argumenten, dann müssten die Einwohner Argentiniens ein Einkommen haben, das real mindestens 50% höher als das effektiv bestehende, eventuell sogar 100% und mehr, sein müsste, als es ist. Es wäre viel einfacher, dies zu erklären, als den bestehenden Zustand.

Was haben wir falsch getan? Bestimmt sehr vieles. Doch abgesehen von der Schuldfrage, die hier ständig auftaucht, und die Großgrundbesitzer, den Peronismus, die Verschlechterung der Austauschverhältnisse, den Imperialismus u.a. Umstände dafür verantwortlich macht, sollte man sich den Fall objektiv überlegen. Der spanische Kulturphilosoph José Ortega y Gasset hinterliess bei seinem Argentinienbesuch in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts den bekannten Spruch, “Argentinier, zu den Sachen!” (Argentinos,¡a las cosas!), womit er darauf hinwies, dass viel um den heißen Brei herum geredet, aber wenig konkretes gesagt und getan wurde. Der Spruch von Ortega ist gewiss auch heute aktuell.

Aber im Grunde geht es um etwas einfaches: die argentinische Gesellschaft versteht das Effizienzkonzept nicht oder nur halbwegs. Um wirtschaftlich fortzuschreiten, müssen die Mittel so eingesetzt werden, dass sie zum höchsten Ergebnis führen. Wenn man die wirtschaftliche Entwicklung des Landes untersucht, erkennt man, dass ineffiziente Entscheidungen die Regel sind. Wo man hinschaut, bemerkt man, dass mit den gleichen Mitteln viel mehr hätte erreicht werden können, und dass viele Entscheidungen, vor allem der Regierung, keinen vernünftigen Sinn haben. Effizienz geht Hand in Hand mit Rationalität, die auch dünn gesät ist.

Effizienz sollte kein ideologischer Begriff sein, wird aber meistens als solcher empfunden, u.a. weil die Marktwirtschaft, die dem wirtschaftlichen Liberalismus gleichgestellt wird, sich als unverhältnismäßig effizienter erwiesen hat, als die kommunistische Wirtschaftsordnung, und auch als zentral geleitete stark interventionistische Modelle. Es wäre gut, wenn auch Cristina sich über den Effizienzbegriff Gedanken machen würde.

0 visualizaciones0 comentarios

Opmerkingen


bottom of page