Mehr als 3000 Kulturschaffende aus Buenos Aires fordern Unterstützung
Von Catharina Luisa Deege
Buenos Aires (AT) - Künstler*in zu sein ist gewiss nicht immer einfach. Oftmals jagt man sich von einer Kurzarbeit zum nächsten Projekt. Dazu gilt es, sich Namen zu machen, stets versuchen sein Produkt - oft damit auch sich selbst - zu verkaufen. Es kann ermüdend sein, doch was einen dabei am Leben, hält ist nun einmal die Leidenschaft am Beruf; und auch das tatsächliche Einkommen. Dass Kultur von vielen als zusätzlicher Luxus zum Leben gesehen wird, gefährdet mittlerweile Leben. In Buenos Aires haben sich nun Bürger*innen, die die Kulturwelt der Stadt Buenos Aires durch ihre Tätigkeiten vor COVID-19 in Theatern, Musiksälen und Galerien bereichert haben, zusammengetan. Gemeinsam richten sie sich an die Einwohner*innen der argentinischen Hauptstadt, indem sie eine Petition zum Ausruf eines kulturellen Notstands („emergencia cultural“) gestartet haben.Vor allem jedoch gehen ihre Forderungen an eine bestimmte Person: den Regierungschef der Stadt Buenos Aires, Horacio Rodríguez Larreta.
Das sind die Forderungen
„Wir sind uns der Komplexität und des unerwarteten Charakters dieser Situation bewusst und unterstützen die Tatsache, dass die Gesundheit Priorität ist und sein muss“, heißt es auf der offiziellen Petition zur „Emergencia cultural“ (deutsch: kultureller Notfall). Am 12. März diesen Jahres mussten alle Theater der Stadt ihre Türen schließen; und das aus gutem Grund. Das Notstandsdekret des Präsidenten Alberto Fernández sollte zur Vermeidung der Virusverbreitung beitragen. Somit wurden Künster*inen in Quarantäne geschickt und Kulturstätten mussten ihre Türen schließen. Mittlerweile ist ein halbes Jahr vergangen - und die Nerven der arbeitslosen Kulurarbeiter*innen sind mehr als strapaziert. „Angesichts des Mangels an ernsthaften Antworten des Kulturministeriums der Regierung der Stadt Buenos Aires fordern wir, dass dringend besondere Maßnahmen ergriffen werden und dass als erster Schritt ein kultureller Notstand ausgerufen wird“, heißt es weiter in dem Dokument.
Die konkreten Forderungen sind:
eine offizielle Erklärung zum kulturellen Notstand in der Stadt Buenos Aires
die Registrierung von Kulturschaffenden
die Einführung eines Sondereinkommens für Kulturschaffende, solange der Gesundheitsnotstand anhält und die Arbeit wieder aufgenommen werden kann
die Genehmigung der Gesetzesvorlagen 649/2020 (wirtschaftliche Hilfe für CC, TI, ECI, Milonga, Club de Música en vivo), 836/2020 (wirtschaftliche Hilfe für Kulturschaffende), 1378/2020 und 1534/2020 (wirtschaftliche Hilfe für Buchhandlungen und Verlage) durch die Regierung der Stadt Buenos Aires
die Erstellung einer Arbeitsgruppe mit dem Kulturministerium der Stadt Buenos Aires zur Beteiligung an der Bildung und Verteilung des Haushalts 2021
Ein langer Weg
Bisher unterstützen 3024 Organisationen sowie Einzelpersonen diese Forderungen nach finanzieller Hilfe und mehr Arbeitsschutz für Kulturschaffende. Das Musikzentrum „Vuela el Pez“, die Vereinigungen „Asamblea Federal de Trabajadores del Tango“, „Actrices Argentinas“, die Kongressabgeordnete Ofelia Fernández (Frente de Todos) und Schauspielerin Eugenia Alonso sind nur einige der Unterstützenden. Sie unterschrieben bereits virtuell unter http://bit.ly/emergenciaculturalba für die Maßnahmen.
Die Staatsregierung hat laut eigener Angaben zwar bereits 930 Millionen Pesos in die nationale Kultur während der Pandemie investiert, jedoch ist bei etlichen Porteños davon kein Peso angekommen. Zahlreiche müssen mit kreativen und teilweise waghalsigen Ideen Geld zu verdienen daherkommen. Organisiert werden Online-Theateraufführungen, bei denen der Eintritt jedoch nur einen Bruchteil davon einbringt, wie ein ansonsten voller Saal. Viele geben virtuellen Gesangs-, Mal-, Tanz-, oder Theaterunterricht, um sich über Wasser zu halten. Auf dem Formular zum Ausruf des kulturellen Notfalls heißt es: „Die unabhängige Kulturszene von Buenos Aires ist weltweit einzigartig.“ Verdient hätten es die Freischaffenden gewiss, auch dementsprechend behandelt zu werden. Denn Kultur ist nun einmal kein Luxusgut, auf das ab und an verzichtet werden kann. Kultur sind Existenzen.
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