Im Gespräch mit Kulturreferentin Laura Grünewald
Von Catharina Luisa Deege
Buenos Aires (AT) - Die Theatersäle der Stadt füllen sich, in den Sportstadien toben die Fans auf den Tribünen, und auf Milongas wird wieder über das Parkett geschwebt; die Kulturangebote in Buenos Aires gleichen prä-pandemischen Zeiten. Auch in der Kultur- und Bildungsarbeit der Deutschen Botschaft Buenos Aires gibt es gerade eine Art Umbruch. Mehr Präsenz-Veranstaltungen, mehr sozialer Kontakt - und das Ganze in einem sicheren Rahmen. Das Argentinische Tageblatt traf Laura Grünewald, Kulturreferentin der Deutschen Botschaft in Buenos Aires, um sich über aktuelle Projekte und die Organisation von Angeboten nach dem hybriden Modell auszutauschen.
Zeiten des Übergangs
„Es gab die Phase, wo sich wirklich alles von heute auf morgen verändert hat, wo alles komplett virtuell war“, erinnert sich Grünewald an den argentinischen Herbst 2020, etwa die Zeit, in der die anfängliche Corona-Epidemie zur weltweiten Pandemie erklärt wurde. „Das hat durchaus gezeigt, wie kreativ und schnell sich auch beispielsweise die Kunstwelt umgestellt hat“, holt sie aus. „Es fand wahnsinnig viel auf einmal virtuell statt. Das fand ich sehr beeindruckend und schön, auf der anderen Seite fehlte einem dieser menschliche Faktor. Das fand ich vor allem im Kulturbereich sehr schade.“ Es sei eben etwas anderes, ein virtuelles Konzert zu hören, als im Konzertsaal die Schwingungen der Musik wahrzunehmen.
„Insofern bin ich persönlich sehr froh, dass wir aus dieser Phase jetzt raus sind und uns in einer Transitionsphase befinden, wo einige Dinge noch virtuell stattfinden, aber vieles eben doch präsenziell.“ Projekte wie die derzeitig im Rahmen der BIENALSUR stattfindenden Ausstellung „Al azar del viento“ von Carola Zech (wir berichteten) seien nur als Präsenz-Veranstaltung möglich, so Laura Grünewald. Die Reaktionen auf die bunten Skulpturen, die noch bis Ende November im Hof der Deutschen Botschaft ausgestellt werden, seien durchweg positiv.
Über die Hauptstadt hinaus
Dass die diplomatische Kultur- und Bildungsarbeit oft ineinanderfließen, zeigt ein Theaterprojekt in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut, welches gerade an argentinischen Schulen, die von der Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“ (PASCH) unterstützt werden, durchgeführt wird. Das Drama „Terror“ des deutschen Autoren Ferdinand von Schirach wurde von einer argentinischen Schauspielgruppe aufgeführt und aufgenommen. Der Film wird nun an den Schulen gezeigt. Teil des Projektes ist auch eine Diskussion im Nachhinein, in der Schülerinnen und Schüler über den divergenten Stoff debattieren sollen.
Das Projekt ist somit ein Beispiel für Veranstaltungen im hybriden Format, also der Mischform aus Events mit Anwesenheit und virtuellen Lösungen. Außerdem zeigt es, dass die Kultur- und Bildungsarbeit der Deutschen Botschaft deutlich über den Stadtrand von Buenos Aires hinausgeht; schließlich befinden sich die PASCH-Schulen im ganzen Land. Die Kulturattachée erwähnt die Ausstellung „el camino de los campos“ des deutschen Künstlers Olaf Holzapfel im Museo de Arte Contamporáneo de Salta (MAC) als weiteres Beispiel für die Förderung von Kulturprojekten im Inland. „Wir versuchen ganz bewusst auch rauszugehen in die Provinzen. Das war natürlich während der Pandemie physisch gesehen schwierig, allerdings haben wir so viele virtuelle Angebote gehabt, dass wir verstärkt gemerkt haben, wie riesig das Interesse ist“, so Laura Grünewald.
Gesellschaftliche Herausforderungen
Virtuelle Veranstaltungen sind mittlerweile Teil der neuen Normalität. Viele Stimmen sagen, dass die Beschleunigung der Digitalisierung als einer der wenigen positiven Seiteneffekte der Pandemie hervorzuheben ist. Leider ist das vielgefragte Feld der digitalen Arbeit größtenteils von Männern besetzt. „Frauenförderung ist eine Priorität, die wir in Deutschland haben“, erklärt die Diplomatin. „Zum einen sehen wir, dass Argentinien das wahnsinnig stark auch schon selbst pusht und es hier sehr, sehr viele starke Frauen in Führungspositionen gibt.“ Auf der anderen Seite gebe es aber immer noch Bereiche, wo dies nicht ausgeprägt genug wäre, „zum Beispiel was das Thema Frauen und Digitalisierung angeht“. Die Deutsche Botschaft in Buenos Aires fördere das Goethe-Institut-Projekt „Girl Games“, bei dem Mädchen digitale Spiele selbst designen.
Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Ein weiterer Ansporn ist der Kampf gegen Diskriminierung von Minderheiten. „Und eins hat uns die Globalisierung gezeigt: Wir können viele der aktuellen Herausforderungen nicht alleine lösen, als Nationalstaaten. Klimawandel, die Pandemie, bestimmte politische Krisen; das schaffen wir nur, wenn wir zusammen arbeiten. Das ist natürlich auf der einen Seite politisch sehr wichtig, diese diplomatische Bestrebung, aber es ist eben ganz konkret wichtig für unseren kulturellen Austausch“, so Laura Grünewald.
Dieses Jahr wird in Deutschland ein besonderes Jubiläum gefeiert. Die von dem Verlag „Zeitbild“ ins Leben gerufene Ausstellung „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ zeigt Biografien, die das Leid und die Diskriminierung, aber auch das reichhaltige und vielfältige Leben der Juden und Jüdinnen in Deutschland widerspiegeln. Nun wurden diese bewegenden Geschichten von der Deutschen Botschaft in Buenos Aires für das argentinische Publikum ins Spanische übersetzt und digitalisiert. Hiesige Schulen haben somit die Möglichkeit, die Inhalte der Ausstellung als Bildungsmaterial zu verwenden. Die Website zu dem Projekt wird am 9. November publiziert.
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