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Künstler mit Corona-Allüren

Von der vermeintlichen Schwierigkeit, Distanz zu wahren

Von Catharina Luisa Deege

Nena
Begrenzte Teilnehmerzahl und Abstand: Das Hygienekonzept passt nicht jedem Musiker in den Kram. (Foto: dpa)

Hannover/Berlin (AT) - Dass die deutsche Sängerin Nena gerne gegen den Strom schwimmt, ist allseits bekannt. Nun hat sie bei einem Konzert in Berlin jedoch wieder mit Eigensinn überrascht: Die 61-Jährige rief die Konzertbesucher*innen vergangenen Sonntagabend dazu auf, die vom Veranstalter sorgfältig arrangierten Hygiene-Regeln zu missachten.

Sie wollte die Fans näher bei sich haben, und nahm dafür sogar in Kauf, die Show beenden zu müssen. Eine veröffentlichte Videoaufnahme gibt einen genauen Eindruck in die Stimmung während Nenas Auftritt. „Mir wird gedroht, dass sie die Show abbrechen“, sagt sie in höhnischem Ton und fährt fort: „weil ihr nicht in eure - wie sie sie nennen - Boxen geht.“

Es sind genau die Mechanismen, mit denen die sogenannten Querdenker und Coronaleugner argumentieren. Und genau mit diesen Gruppen wurde auch die in Hagen geborene Musikerin immer wieder in Verbindung gebracht, besonders nachdem im März diesen Jahres rund 20.000 Menschen in Kassel gegen die Corona-Auflagen auf die Straße gingen, und die Künstlerin sich mit einem Video namens „Danke Kassel!“ auf Instagram zu Wort meldete. Und bei ihrem Konzert am Wochenende ließ es die „99 Luftballons“-Sängerin ihren Fans frei, ob sie nach vorne kommen wollen oder nicht - „Genauso wie sich jeder frei entscheiden kann, ob er sich impfen lässt oder nicht!“

Der Veranstalter hatte die Schnauze voll und brach den Auftritt schließlich vor der Zugabe ab. Auch irritierend an dem Abend: Gerade Nena, die sich öffentlich immer wieder als Sympathisantin der Lesben-Schwulen-Bisexuellen-Transsexuellen- und queeren Szene zeigte, wetterte bei dem Konzert gegen die am Vortrag veranstaltete „Pride Parade“: „Gestern war Cristopher Street Day, und es war völlig okay, dass 80.000 Leute eng aneinander auf der Straße waren.“

Nena
Sängerin Nena. (Foto: dpa)

Auch der deutsche Musiker Helge Schneider haderte mit dem Konzept seines Veranstalters und brach sein Konzert in Augsburg prompt selbst ab. Ihn störte die Unruhe im Publikum. Letzten Samstag, am Morgen nach dem missglückten Konzert, erklärte sich der „Katzenklo“-Sänger in einem auf Twitter geposteten Video. Er habe nicht gewusst, dass die durch das Publikum huschenden Menschen zur Gastronomie gehörten und seine Zuhörer*innen lediglich bedienten.

Von Nena kam bisher noch kein offizielles Statement zu dem vorzeitig beendeten Konzert in der deutschen Hauptstadt, Reaktionen von anderen schon. Der Veranstalter ihres geplanten Auftritts in der hessischen Stadt Wetzlar, Dennis Bahl, erklärte auf Facebook: „Es ist uns wichtig und auch im Vorfeld vertraglich vereinbart, dass die Konzerte nicht als politische Bühne genutzt werden dürfen“ - und strich Nenas Konzert vom Spielplan.

Es muss verdammt deprimierend sein, nach Jahrzehnten als erfahrene*r Livemusiker*in auf einmal vor einer Handvoll Menschen in Autos oder Strandkörben zu spielen, die sich nicht am Bühnenrand vor einen quetschen, sondern einige Meter entfernt stehen. Oder nebenbei Getränke bestellen und einen Plausch mit der Kellnerin halten. Doch sollten gerade die von der Pandemie gebeutelten Kunstschaffenden aufpassen - und es sich durch unsensible Aktionen weder mit Fans, noch mit Veranstalter*innen verscherzen.

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