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Kraweel, Kraweel!

30 Jahre „Pappa ante portas“

Von Gregor Tholl

Vico von Buelow
Vicco von Bülow (Loriot) in der Maske für seine Rolle in „Pappa ante portas“. (Foto: dpa)

Potsdam - Zum Beispiel der mit der Nudel oder der mit dem Jodeldiplom: Millionen Deutsche können Sketche von Loriot zitieren und nacherzählen. Das ist auch bei den Kinofilmen des vor zehn Jahren gestorbenen Humoristen Vicco von Bülow so. Vor 30 Jahren - am 21. Februar 1991 - kam die Rentner-Posse „Pappa ante portas“ ins Kino. Gut 3,5 Millionen Besucher wurden damals in Deutschland gezählt.

Die Uraufführung der Komödie fand am Abend des 20. Februar in Anwesenheit von Loriot und seiner Filmfamilie im Potsdamer Thalia-Theater statt. Eine Berliner Premiere gab es zudem im inzwischen abgerissenen Gloria-Palast am Kurfürstendamm. Drei Jahre zuvor - also noch vor der Wende - war Loriots erster Kinofilm „Ödipussi“ als Doppelpremiere gleichzeitig in einem Ost- und einem West-Berliner Kino uraufgeführt worden. „Mir ist warm ums Herz, dass wir diesen Film hier in Babelsberg zum ersten Mal zeigen können“, sagte Loriot bei der Premiere in Potsdam, wie damals die Nachrichtenagentur dpa berichtete. „Wenn wir etwas dazu beigetragen haben, dass das schwierige Zusammenrücken der Deutschen leichter wird, dann soll es uns eine große Freude sein.“

„Pappa ante portas“ entstand an 56 Drehtagen in den Babelsberger Studios. Gedreht wurde auch an der Ostsee - in Ahlbeck auf Usedom. Der Titel spielt auf den antiken Ausruf „Hannibal ante portas“ (Hannibal vor den Toren) an, der die Warnung vor einer Gefahr ausdrückt. Und darum geht es: Weil er Papier und Radiergummis für die nächsten 40 Jahre bestellt hat, wird Heinrich Lohse, Abteilungsleiter bei einer Röhrenfirma, in den vorzeitigen Ruhestand geschickt. Das Unternehmen ist den Genauigkeitsfanatiker nun los, doch seine Familie lernt ihn und seine Macken jetzt erst richtig kennen. Der Frührentner hat fortan genug Zeit, den heimischen Haushalt betriebswirtschaftlich zu organisieren. Es kommt zu unvergesslichen Szenen, etwa wenn Heinrich im Laden palettenweise Senf kauft, um Geld zu sparen: „Mein Name ist Lohse, ich kaufe hier ein.“ Das macht Ehefrau Renate (die unvergessene Evelyn Hamann) verrückt: „Die Welt geht unter, aber WIR haben Senf, Wurzelbürsten und Badezusatz.“

Neben der Hauptrolle des Herrn Lohse spielt Loriot auch einen Straßenmusiker mit Geige und den Dichter Lothar Frohwein mit Schluckauf bei einer Lesung: „Kraweel, Kraweel! Taubtrüber Ginst am Musenhain! Trübtauber Hain am Musenginst! Kraweel, Kraweel!“ Ein weiterer Höhepunkt sind im Zug zum Geburtstag von Renates Mutter die Ei pellende Tante Hedwig (gespielt von der 2020 gestorbenen Irm Hermann) und der Stulle essende Onkel Hellmuth (Hans Peter Korff). Sie geben ein kaum zu ertragendes Harmonie-Paar ab. Die Filmzeitschrift „epd Film“ fasste Loriots Werke einst so zusammen: „Worüber man eigentlich gar nicht lachen kann, die humorlose Zwanghaftigkeit der spießigen deutschen Seele, wird von ihm vorgeführt: quälend komisch.“

(dpa)

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