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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

„Klare Hinweise auf Gefahr“

Erschütterung und Spurensuche nach Anschlag von Wien

Terroranschlag
Der erste islamistische Terroranschlag in Österreich löste eine Debatte in Politik und Justiz aus. (Foto: dpa)

Wien (cld/dpa) - Der 20-jährige Attentäter von Wien war nach Überzeugung der Ermittler Teil eines radikal-islamistischen Netzwerks, das über Österreich hinausreicht. Neben zwei Festnahmen in der Schweiz liefen noch weitere Maßnahmen in einem anderen Land, sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Donnerstag in Wien, ohne Einzelheiten zu nennen. „Der Kampf gegen die mutmaßlichen Mittäter, Mitunterstützer, das Netzwerk des Terroristen ist bei weitem noch nicht abgeschlossen und wird mit aller Härte geführt“, sagte er. Unter den bisher 15 Festgenommenen seien mehrere einschlägig vorbestrafte Verdächtige.

Am Dienstagnachmittag gingen die Behörden von einem einzigen Attentäter aus, wollten aber noch nicht endgültig ausschließen, dass weitere Terroristen an dem Anschlag unmittelbar beteiligt gewesen sein könnten. Die Tat ereignete sich am Montagabend in der Nähe der jüdischen Hauptsynagoge in der Wiener Innenstadt, wenige Stunden vor Beginn des teilweisen Lockdowns in Österreich. Der Attentäter eröffnete nach Angaben Nehammers um 20 Uhr das Feuer. Neun Minuten später habe eine Spezialeinheit ihn ausgeschaltet - der Attentäter wurde durch Schüsse der Polizei getötet. Der 20-jährige Kujtim Fejzulai zog mit einem Sturmgewehr, einer Pistole und einer Machete sowie einer Sprengstoffgürtel-Attrappe durch das Wiener Ausgehviertel. Getötet wurden nach Angaben von Kanzler Sebastian Kurz ein älterer Mann, eine ältere Frau, ein junger Passant und eine Kellnerin. Mehr als 20 Personen wurden teils schwer verletzt.

Das Parlament debattierte in einer Sondersitzung über Versäumnisse der Fahnder. Die Opposition warf vor allem der konservativen ÖVP von Kanzler Sebastian Kurz das Abschieben von Verantwortung vor. „Vier Menschen sind tot, obwohl die Behörde klare Hinweise hatte, dass von dem Terroristen Gefahr ausgeht“, sagte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Die slowakische Polizei hatte die Kollegen in Wien gewarnt, dass der IS-Sympathisant sich im Juli Munition für ein Sturmgewehr vom Typ Kalaschnikow in Bratislava besorgen wollte.

Kanzler Sebastian Kurz sah erneut eine Mitverantwortung bei der Justiz. Der 20-Jährige war im Dezember 2019 auf Bewährung entlassen worden. Nur dadurch sei eine verpflichtende Betreuung durch das Deradikalisierungsprogramm Derad möglich gewesen, so das Justizministerium.

Entwarnung über die extreme Einstellung des Täters habe es bei seinem Bewährungsbetreuer nie gegeben, sagte Derad-Mitbegründer Moussa Al-Hassan Diaw der Deutschen Presse-Agentur in Wien. „Es gab keine Täuschung, weil unser Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt gesagt hat, dass der Mann deradikalisiert ist.“ Das Netzwerk Derad übernimmt seit 2016 für das Justizministerium die Betreuung von Gefängnisinsassen, bei denen das Risiko einer Radikalisierung besteht.

Spitzenpolitiker in aller Welt zeigten sich betroffen. Die deutsche Bundeskanzerlin Angela Merkel, US-Präsident Donald Trump, sein Herausforderer Joe Biden, der russische Präsident Wladimir Putin, der französische Präsident Emmanuel Macron sowie das Außenministerium in Ankara verurteilten den Terroranschlag und bekundeten über Twitter ihre Trauer und Anteilnahme.


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