Fachärzte warnen vor zu viel Affenpocken-Aufregung
Berlin (dpa/wvg) - Nach dem Auftreten erster Fälle von Affenpocken in Deutschland sehen Fachärzte keine neue Pandemie aufziehen. „Die Gefahrensituation ist gering, weil das Virus nur durch engen Körperkontakt, also über Körperflüssigkeiten oder Krusten, weitergegeben wird und nicht durch Tröpfcheninfektion wie Niesen, Husten oder Sprechen“, sagte Tobias Tenenbaum, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, am Dienstag der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die coronabedingte Wachsamkeit werde dazu führen, Kontaktpersonen von Infizierten rasch zu identifizieren. Es komme „wahrscheinlich keine neue Epidemie auf uns zu“.
Der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach, sagte der „NOZ“, das Affenpocken-Virus sei “weit weniger ansteckend als Corona“ und werde fast nur durch „engen Körperkontakt und Körperflüssigkeiten“ übertragen. Kinder, bei denen zumindest nach Daten aus Afrika eine höhere Sterblichkeit vorkommt, gehörten nicht zu denjenigen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko.
Auch Infektiologe Tenenbaum erwartet keine große Ausbreitung unter Kindern und Jugendlichen: „Es ist extrem unwahrscheinlich, dass sich in der momentanen Lage in Europa Kinder mit Affenpocken anstecken.“ Es seien auch keine Fälle bekannt, „in denen sich Affenpocken in Europa innerhalb von Familien ausgebreitet haben“. „Daher brauchen sich Eltern aktuell keine Sorgen zu machen.“
Zum Eindämmen der ersten Fälle von Affenpocken in Deutschland soll für Infizierte generell eine angeordnete Isolation von mindestens 21 Tagen empfohlen werden. Das sagte der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach am Dienstag in Bremen. „In den frühen Phasen einer Epidemie muss hart und früh reagiert werden.“ Die Empfehlung sei zusammen mit dem staatlichen Robert Koch-Institut (RKI) entwickelt worden. Auch Kontaktpersonen von Infizierten sollen 21 Tage in Quarantäne.
Die oppositionelle Unions-Bundestagsfraktion forderte Lauterbach auf, eine Aufklärungskampagne auf den Weg zu bringen. „Minister Lauterbach muss die Bevölkerung durch eine ausführliche Kommunikationsoffensive über die Risiken der Affenpocken informieren, um eine unnötige Panikmache zu verhindern“, sagte der Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger (CSU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Dienstag.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) mahnte, wachsam zu sein. „Corona hat uns gelehrt, sehr genau die Entwicklung weltweit zu betrachten. Denn in einer globalisierten Welt verbreiten sich nicht nur Güter schnell, sondern auch Krankheiten“, sagte Verbandschef Gerald Gaß dem RND. „Aber nach derzeitigem Stand der Erkenntnisse müssen wir keine Affenpocken-Pandemie befürchten.“
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