Heute Ukraine-Krisentreffen der Außenminister
Berlin/Washington/Moskau (dpa) - Vor dem Krisentreffen der USA und Russlands zum Ukraine-Konflikt gibt es keine Anzeichen für eine Entspannung der bedrohlichen Lage. Im Gegenteil: US-Außenminister Antony Blinken und die deutsche Chefdiplomatin Annalena Baerbock drohten Moskau gestern nach Abstimmung mit den Verbündeten Frankreich und Großbritannien erneut mit weitreichenden Konsequenzen bei einem Einmarsch in die Ukraine. Russland kündigte unterdessen groß angelegte Manöver im Mittelmeer, im Atlantik und in der Nordsee mit mehr als 140 Kriegsschiffen und über 10.000 Soldaten für die nächsten Wochen an. Am Freitag trifft sich Blinken mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow in Genf.
Für zusätzliche Verunsicherung sorgte US-Präsident Joe Biden mit einer Äußerung, nach der die Reaktion auf das Einsickern einer kleineren Zahl von russischen Kräften in die Ukraine anders ausfallen könnte, als die auf einen großangelegten Angriff. Er sagte auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus: „Es ist eine Sache, wenn es sich um ein geringfügiges Eindringen handelt. Aber wenn sie tatsächlich das tun, wozu sie mit den an der Grenze zusammengezogenen Streitkräften in der Lage sind, dann wird das für Russland eine Katastrophe werden.“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich auf Twitter irritiert: „Wir möchten die großen Staaten/Großmächte daran erinnern, dass es keine unbedeutenden Aggressionen und auch keine kleinen Völker gibt. So wie es auch keine unbedeutenden Opfer und kleines Leid beim Verlust von Nahestehenden gibt.“
Blinken bemühte sich in Berlin um Schadensbegrenzung. Moskau habe bei jeder neuen Aggression im Ukraine-Konflikt mit Konsequenzen zu rechnen, sagte er. Jeder Grenzübertritt russischer Streitkräfte werde zu einer „raschen und harten gemeinsamen Antwort“ der USA und ihrer Verbündeten führen.
Blinken hatte am Mittwoch Gespräche in der ukrainischen Hauptstadt Kiew geführt und war danach weiter nach Berlin gereist, um mit den wichtigsten europäischen Verbündeten zu sprechen. Seine Europareise ist ein weiterer Versuch, die brenzlige Situation zwischen Russland und dem Westen zu entschärfen. Die USA und die Nato kritisieren einen Truppenaufmarsch mit rund 100.000 russischen Soldaten an der Grenze zur Ukraine. Moskau verweist darauf, dass es sich um eigene Truppen auf eigenem Staatsgebiet handele.
In Berlin warnte Blinken vor einer „Krise mit weltweiten Folgen“ und vor hohen Opferzahlen bei einem russischen Einmarsch: „Die menschlichen Kosten eines erneuten Angriffs Russlands wären um viele Größenordnungen höher als das, was wir bislang gesehen haben.“ Im Kern gehe es in dem Konflikt „um Russlands Ablehnung eines geeinten, freien und friedlichen Europas nach dem Kalten Krieg“. Die USA, Deutschland und die westlichen Verbündeten stünden in dem Konflikt geschlossen gegen Aggressionen Russlands.
Baerbock rief Russland zur Deeskalation auf. „Wir sind uns einig: Der einzige Weg aus der Krise ist ein politischer Weg. Und dieser Weg führt nur über den Dialog“, sagte die Grünen-Politikerin. „Jede weitere aggressive Haltung, jede weitere Aggressivität würde gravierende Konsequenzen nach sich ziehen“, warnte Baerbock. In der Sache gehe es um nichts weniger als den Erhalt der europäischen Friedensordnung. „Sie ist für uns existenziell. Deshalb haben wir keine andere Wahl, als konsequent für sie einzutreten und sie mit einem Schutzschild zu beschützen.“
Die Bundesregierung hatte in den vergangenen Tagen klar gemacht, dass bei einem russischen Einmarsch in die Ukraine alle Optionen auf dem Tisch liegen - auch Konsequenzen für die Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland.
Russland plant Großmanöver
Berlin (dpa) - Das russische Verteidigungsministerium plant der Agentur Interfax zufolge bis Ende Februar Marine-Manöver, an denen auch mehr als 60 Flugzeuge beteiligt sein sollen. „Die Übungen erstrecken sich auf die an das russische Hoheitsgebiet angrenzenden Meere sowie auf operativ wichtige Gebiete der Weltmeere“, teilte das Ministerium mit. Neben der Nordsee wurden noch das Ochotskische Meer in der Arktis und nördliche Gebiete des Atlantiks genannt. Ziel seien Trainings zum Schutz nationaler Interessen Russlands in den Weltmeeren und die Abwehr militärischer Bedrohungen.
Der Westen kritisiert solche Manöver. Russland hält den USA und Großbritannien im Gegenzug vor, der Ukraine Militärhilfe zu leisten. Das russische Außenministerium nennt das eine „Provokation“. Blinken wies die Vorwürfe zurück. „Die Vorstellung, dass die Bereitstellung von militärischer Verteidigungsausrüstung für die Ukraine durch die Vereinigten Staaten, durch europäische Länder und durch die Nato irgendwie eine Provokation oder ein Grund für Russlands Handlungen ist, stellt die Welt auf den Kopf“, sagte er.
Impfpflicht in Österreich
Wien (dpa) - Mit einer umfassenden Impfpflicht will sich Österreich gegen künftige Corona-Wellen wappnen. Das Parlament segnete den in der Öffentlichkeit kontrovers diskutierten Schritt gestern mit breiter Mehrheit ab. Österreichs Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) verteidigte die Impfpflicht als Akt der Solidarität. „Je mehr Menschen eine Corona-Schutzimpfung haben, desto weniger sterben an den Folgen einer Corona-Pandemie“, sagte der Minister gestern im Parlament. Bis auf die rechte FPÖ trägt die Opposition die Maßnahme mit. Der Schritt ist die bisher weitreichendste Regelung in der EU.
Die Regierung agiert mit Zuckerbrot und Peitsche. Denn mit der Impfpflicht wurde auch ein milliardenschweres Paket von Anreizen verabschiedet. Eine Impf-Lotterie soll die Bereitschaft zur Immunisierung steigern. Laut Regierung sind pro Teilimpfung 500 Euro zu gewinnen, die als Gutscheine in der Gastronomie oder im Handel eingelöst werden können.
Für Gemeinden mit einer Impfquote von 80 Prozent werden insgesamt 75 Millionen Euro ausgeschüttet, bei 85 Prozent 150 Millionen, und bei 90 Prozent 300 Millionen Euro.
Die Impfpflicht soll für alle Bürger gelten, die mindestens 18 Jahre alt sind. Ausnahmen sind vorgesehen für Schwangere sowie alle, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen dürfen. Auch Genesene sind bis 180 Tage nach der Erkrankung befreit. Bei Verstößen gegen die Verpflichtung drohen einkommensabhängige Strafen von bis zu 3600 Euro. Der Bundesrat muss dem Gesetz zustimmen - das gilt aber als Formsache.
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