Von Juan E. Alemann
Präsident Alberto Fernández hat in seiner Antrittsrede eine Reform des föderalen Justizsystems angekündigt. Darunter kann man sich vorstellen, was man will. Doch bei der juristisch komplizierten Lage der Vizepräsidentin, gegen die ein Dutzend Gerichtsverfahren in Gang sind, einige davon wirklich böse, und den Prozessen und Haftstrafen, die Mitglieder der K-Bande betreffen, horcht man sofort auf.
Wenn es bei der Reform um technische Aspekte des Rechtssystems geht, ist nichts dagegen einzuwenden. Fernández ist schon für eine strenge Reglementierung der Präventivhaft eingetreten, die die Richter oft willkürlich verhängen, und das ist in Ordnung, müsste aber auch bei den Militärs angewendet werden, gegen die Prozesse wegen Menschenrechtsverletzungen in Gang sind, von denen viele weit über die drei Jahre Präventivhaft absitzen, die das Strafgesetzbuch als Höchstfrist erlaubt. Ebenfalls ändert die Initiative, die Anklage vom Richter, der jetzt dafür verantwortlich ist, auf den Staatsanwalt zu übertragen, wenig an der Substanz der Rechtsordnung. Und auch andere Reformen, die zur Beschleunigung der Prozesse beitragen, sind in Ordnung. Man sollte in dieser Beziehung nicht vergessen, ein integrales Informatiksystem in der Justiz einzuführen, wie es in fortgeschrittenen Ländern besteht, das die Gerichtsverfahren faktisch vereinfacht. Doch daran denkt niemand.
Es wäre jedoch naiv, anzunehmen, dass die neue Regierung es mit Reformen dieser Art bewenden lassen wird. Das Hauptproblem ist die Vizepräsidentin Cristina Fernández de Kirchner. Kenner der einzelnen Prozesse, die gegen sie laufen, und auch gut informierte Journalisten, wie Joaquín Morales Solá (La Nación) sind überzeugt, dass sie schließlich verurteilt wird. Dabei wird es keine Haftstrafe geben, weil sie durch ihr Amt geschützt ist. Aber es kann auch Geldstrafen geben, ebenfalls ein Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden, und der Richter kann auch die Rückerstattung des gestohlenen Geldes anordnen. Es ist wirklich schwierig, sich vorzustellen, wie eine Vizepräsidentin unter diesen Umständen ihr Amt weiter ausüben kann. Auf alle Fälle ist dabei zu erwarten, dass die Opposition im Kongress ein Amtsenthebungsverfahren einleitet, bei dem wohl nicht alle Deputierten und Senatoren der Regierungsfraktion für Cristina eintreten würden.
Eine Justizreform dürfte an erster Stelle versuchen, die Bundesrichter, die die Prozesse gegen Cristina führen (Bonadío, Casanello u.a.) zu entmachten, indem die Entscheidung auf andere Richter übertragen wird, die die Regierung eventuell unter Druck stellen kann. Es können auch allgemein juristische Tricks geschaffen werden, um die Prozesse zu stören und auf alle Fälle zu strecken.
Schließlich kann auch versucht werden, den Richterrat einzuschalten, um Richter abzusetzen, die bei Cristina-Prozessen eine entscheidende Rolle spielen. Das ist bei der gegenwärtigen Zusammensetzung des Rates kaum möglich. Der Präsident könnte die Zusammensetzung des Rates nicht ändern, wie es Néstor Kirchner getan hat, weil ihm dabei die Stimmen im Parlament fehlen dürften und ein Skandal aufkommen würde, weil die Öffentlichkeit weiß, was dahinter steckt.
Auf alle Fälle wird die Opposition der Regierung den Eingriff in die Justiz und besonders in die kritischen Gerichtsverfahren nicht einfach machen, umso mehr, als das Korruptionsthema in der Öffentlichkeit breitgetreten wurde, und der Journalismus hier eine große Rolle spielt. Präsident Fernández, der seinerzeit als Kabinettschef auch gute Beziehungen zum Journalismus unterhielt, wird bestimmt keinen Konflikt mit den Medien schaffen.
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