Das Mysterium um die deutschen Aussteiger auf „Floreana“
Von Catharina Luisa Deege
Buenos Aires (AT) - Eine einsame Insel mitten im Pazifik, ein toter Arzt und eine verschwundene Baronin. Was sich nach Schlagwörtern für eine Gruselgeschichte am Lagerfeuer anhört, ist alles andere als eine fiktive Erzählung.
Bei der Insel handelt es sich um Floreana, eine der malerischen Galapagos-Inseln Ecuadors. In der üppigen Natur machten es sich 1929 der Arzt Friedrich Adolf Ritter und seine Lebensgefährtin Dore Körwin gemütlich. Raus aus der Zivilisation, ab in den Dschungel - und zwar ohne Zähne, die bereiten ja sowieso früher oder später gravierende gesundheitliche Probleme. Als Aussteiger, Selbstversorger und Naturliebhaber fand Ritter auf Floreana das Paradies vor. Dore Körwin, frühere Lehrerin, konnte sich nie so richtig an diesen außergewöhnlichen Lebensstil gewöhnen. Nicht nur der Mangel an Kultur, Genussmitteln und sozialen Kontakten machte der Deutschen das Leben schwer; besonders Friedrich Ritter sorgte aufgrund seines Bedürfnisses nach Medienaufmerksamkeit für Konflikte in der Beziehung.
Den Insel-Briefkasten, der gelegentlich von vorbeifahrenden Schiffen geleert wurde, nutzte der Arzt regelmäßig. Er hielt fleißig Kontakt zu nordamerikanischen Blättern, die mutige Aussteiger-Geschichte des deutschen Paares erschien sogar in der New York-Times und wurde letztendlich von Medien der ganzen Welt verfolgt.
Die mediale Verbreitung Ritters Idee sorgte für Nachahmer. Schnell wurde es auf der Insel nach Ritters Geschmack viel zu voll: Familie Wittmers aus Köln nistete sich auf Floreana ein. Heinz und Margaret Wittmer kamen im August 1932 zusammen mit Heinz‘ zwölfjährigem Sohn aus erster Ehe auf die ecuadorianische Insel. Sie entflohen der Wirtschaftskrise und hofften auf ein paradiesisches Leben im von Zeitungen betitelten „Garten Eden“. Zuerst schien alles glatt zu laufen - Margaret Wittmer war es, die Floreana 1933 das erste Inselkind schenkte.
Zwischen den beiden Familien war das Verhältnis allerdings angespannt. Anstatt gemeinsam um das Überleben ohne moderne Technik zu kämpfen feindeten sich die beiden Gruppen an.
Doch es kam noch schlimmer: Kurz nach den Wittmers machte es sich die Österreicherin Eloise Wagner de Bousquet, eine vermeintliche Baronin, auf Floreana gemütlich. Zusammen mit ihren zwei Liebhabern versuchte sie, ein Luxushotel-Resort auf der Insel zu errichten. Ihr Plan ging schief, sie fand keine Investoren für die Wellblechhütte, die von der vermutlichen Betrügerin als Luxushotel verkauft werden sollte.
Kurze Zeit später waren die Baronin und einer ihrer Liebhaber, Robert Philippson, verschwunden. Der englische Journalist John Treherne machte die Aufklärung der Galapagos-Affäre zu seiner persönlichen Bestimmung. Er rekonstruierte das Verschwinden. Im Dokumentarfilm „Der Galapagos-Krimi“ aus der ZDF-Serie „Terra X“ kann man dem Journalisten auf seiner Reise durch die Hintergründe der mysteriösen Vorfälle folgen. Dazu kommt, dass der Arzt Friedrich Ritter, Erfinder des Galapagos-Projektes, am 21. November 1934 an einer Lebensmittelvergiftung verstarb. Faules Hühnerfleisch oder etwa Mord?
Es sind Spekulationen um Verflechtungen zwischen den Inselbewohnern, die Journalist Treherne aufzuklären versuchte. Bis heute jedoch bleiben der Todesfall Ritters und das Verschwinden der Baronin rätselhaft. Mittlerweile liegen die Verbrechen mehr als 80 Jahre zurück. Mit dem Film „Der Galapagos-Krimi - Ein Drama unter deutschen Aussteigern“ von Jürgen Stumpfhaus wird zwar kein Licht ins Dunkle gebracht, spannend ist die visuelle Erzählung dieser skurrilen Affäre jedoch allemal.
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