Keine Kampfpanzer für Ukraine / Konfrontation soll vermieden werden
Brüssel (dpa) - Unter den Nato-Staaten gibt es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur informelle Absprachen zum Verzicht auf die Lieferung bestimmter Waffensysteme an die Ukraine. Wie der dpa am Mittwoch in Bündniskreisen in Brüssel bestätigt wurde, soll dadurch das Risiko einer direkten militärischen Konfrontation zwischen Nato-Staaten und Russland möglichst gering gehalten werden.
Befürchtet wird so zum Beispiel, dass Russland die Lieferung westlicher Kampfpanzer und Kampfflugzeuge offiziell als Kriegseintritt werten könnte und dann militärische Vergeltungsmaßnahmen ergreift. Waffensysteme dieser Art wurden bislang nicht in die Ukraine geliefert.
In Deutschland hatten zuletzt Aussagen der Parlamentarischen Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Siemtje Möller (SPD), für Diskussionen gesorgt. Sie sagte am Sonntag in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ zu Waffenlieferungen, es sei innerhalb der Nato festgehalten, „dass keine Schützen- oder Kampfpanzer westlichen Modells geliefert werden“.
Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) kritisierte daraufhin am Mittwoch, dass die Bundesregierung eine solche Absprache bei den Beratungen im Bundestag zur Lieferung schwerer Waffen nicht erwähnt habe. „Entweder liegt das an einer skandalösen Unfähigkeit, die gepaart ist mit Schlamperei und Unwissenheit. Oder aber, und das wäre ein veritabler Skandal, der Deutsche Bundestag und die Öffentlichkeit werden mit immer neuen Pseudo-
begründungen hinter die Fichte geführt, um eine systematische Verzögerungsstrategie zu tarnen“, sagte er dem Portal „Focus Online“. Der Bundestag hatte sich Ende April in einem gemeinsamen Antrag von Union und Ampel für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ausgesprochen.
Aus der SPD wurde die Existenz einer informellen Verabredung in der Nato bekräftigt, unabgesprochen keine schweren Kampf- oder Schützenpanzer westlicher Bauart zu liefern. „Darüber wurde der Verteidigungsausschuss Mitte Mai vollumfänglich informiert“, betonte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Wolfgang Hellmich, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.
Ein Nato-Sprecher äußerte sich am Mittwoch nur allgemein zum Thema. Er verwies darauf, dass alle Lieferentscheidungen am Ende Sache der einzelnen Mitgliedstaaten seien. Diese halten sich nach Angaben von Diplomaten bislang an informelle Absprachen - auch weil sie sonst am Ende fürchten müssten, im Fall eines russischen Angriffs nicht die volle Unterstützung der Bündnispartner zu bekommen. Aus diesem Grund soll zum Beispiel Polen vor mehr als zwei Monaten auf die Lieferung von MiG-29-Kampfjets sowjetischer Bauart an die Ukraine verzichtet haben.
Die deutsche Bundesregierung hat bisher die Lieferung zweier Arten von schweren Waffen in die Ukraine öffentlich zugesagt: Gepard-Luftabwehrpanzer und Panzerhaubitzen 2000 (schwere Artilleriegeschütze). Die Ukraine fordert von Deutschland aber auch die Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern für die Verteidigung gegen die russischen Angreifer.
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