Eine fast gelungene Ausstellung
Von Wim van Geenen
Buenos Aires (AT) - Ausstellungen wie „Imagine van Gogh“, die ansonsten in Montreal, London oder Boston Halt machen, kommen nicht alle Tage nach Buenos Aires. Seit mehreren Wochen ist die zuvor groß angekündigte Kunstschau im Kongresszentrum „La Rural“ in Palermo zu sehen - der erste und einzige Stopp bisher auf dem Kontinent. Doch lohnt sich der Besuch? Das Argentinische Tageblatt war vor Ort.
Das Konzept von „Imagine van Gogh“ ist so einfach wie genial: Kleinformatige Originalkunstwerke werden digitalisiert und dann im Ausstellungsraum auf große Leinwände projiziert. Das hat mehrere Vorteile: Es demokratisiert einerseits den Zugang zu weltberühmten Kunstwerken und ermöglicht andererseits eine Detailbetrachtung, die im Originalformat kaum möglich wäre. Auf den metergroßen Projektionsflächen ist jeder Pinselstrich, jede Farbschicht und jedes noch so kleine Detail gut zu erkennen. Die einzelnen Gemälde müssen zudem nicht mehr aufwändig aus allen Teilen der Welt zusammengetragen werden. Hier zeigt die Digitalisierung ihre Stärken, auch wenn die Farbintensität der Projektionen bei weitem nicht der entspricht, die etwa die Website der Ausstellung erwarten lässt.
Ebenfalls enttäuscht wird, wer sich vom Besuch einen museumstypischen Rundgang erwartet.
Zwar empfängt die Ausstellung den Besucher durch einen Gang mit mehreren Informationstafeln, die Werke selbst werden jedoch in kurzen Abständen wechselnd (und leider ohne begleitende Informationen) alle im gleichen Saal an die Wände gestrahlt. Wer wirklich etwas über einzelne Werke erfahren möchte, geht hier - anders als im klassischen Museum - leer aus.
Die größte Schwäche von „Imagine van Gogh“ ist die begrenzte Fläche: Zwar zeigen Werbung und Pressefotos eine weitläufige Wandelhalle, in Wahrheit geht es dort jedoch zu wie auf dem Marktplatz. Selfie-Jäger gieren darauf, endlich ein Foto ohne andere Besucher im Hintergrund zu schießen; die schiere Masse an Besuchern verunmöglicht jede sinnliche Atmosphäre. Unterlegt ist die Szenerie mit einer lieblosen Auswahl klassischer Musik, die in keinem erkennbaren Zusammenhang mit den immer wieder wechselnden Projektionen steht.
Unser Fazit: Zu viele Besucher und die Verwertungslogik der sozialen Medien zerstören das Potential einer an sich innovativen Form der Kunstausstellung. Der saftige Eintrittspreis von 3000 Pesos lässt sich in Buenos Aires eindeutig besser investieren, etwa in ein gutes Abendessen nach einer der vielen günstigen oder kostenfreien Ausstellungen, welche die Stadt zu bieten hat.
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