Von Juan E. Alemann
Die Ereignisse in Bolivien haben in Argentinien die internationale Politik in den Vordergrund gestellt, und dabei auch die Beziehungen von Alberto Fernández zu Mauricio Macri abgekühlt. Für Fernández wurde Evo durch einen Staatsstreich abgesetzt, während Macri sich der Qualifizierung enthielt. Unterschwellig dürfte er die These vertreten, dass Evo seinen forcierten Rücktritt selbst verschuldet hat, einmal als er die Verfassung durch ein Verfassungsgericht änderte, das durch seine Leute besetzt war, und sich für eine dritte Wiederwahl stellte. Die Verfassung sieht nur zwei Amtsperioden vor, wobei die erste von Evo nicht dazugerechnet wurde, weil die Reform erst nachher vollzogen wurde. Dass die Verfassung verfassungswidrig erklärt wurde, geht gewiss zu weit. Doch danach hat Evo in einem Referendum das Ergebnis gefälscht, was die Organisation Amerikanischer Staaten nachgewiesen hat. Seine Lage war ethisch unhaltbar geworden.
In diesem Zusammenhang bildete sich die Puebla-Gruppe, an der sich der mexikanische Präsident Andrés Manual López Obrador, der Präsident von Uruguay, Tabaré Vazquez der ehemalige Präsident von Ecuador, Rafael Correa und auch Alberto Fernández beteiligen. Diese Gruppe ist linkslastig, distanziert sich von Trump und auch von Bolsonaro und unterstützt unterschwellig den Präsidenten von Venezuela, Nicolás Maduro und auch das Kuba-Regime.
Argentinien hat jedoch andere Sorgen. Gute, Beziehungen zu den Vereinigten Staaten sind unerlässlich, besonders jetzt, wo die Verhandlung mit dem Internationalen Währungsfonds und die Regelung der Staatsschulden auf dem Finanzmarkt im Vordergrund stehen. Ohne guten Willen der USA ist eine Überwindung der argentinischen Wirtschaftskrise kaum möglich. Ebenfalls ist Brasilien der wichtigste Exportmarkt, und auch sonst ein enger Partner, mit dem eine Einigung erreicht werden muss.
Bolivien hat für Argentinien nur eine kritische Bedeutung als Gaslieferant. Ohne dieses Gas würde im Winter, vor allem im Norden des Landes, Gasknappheit eintreten, selbst wenn dann mehr Gas per Schiff importiert wird. Doch Bolivien ist auf die Devisen aus dem Gasexport angewiesen, und dürfte wohl die Lieferungen nicht unterbrechen. Abgesehen davon stellt die ständige Emigration von Bolivianern nach Argentinien, zum größten Teil illegal über nicht kontrollierte Grenzen, ein Problem dar. Der größte Teil der Neueinwanderer lässt sich in Elendsvierteln nieder, und vergrößert das Problem, das mit diesen ohnehin besteht. Allgemein werden die Bolivianer als gute Arbeiter eingestuft, vor allem in der Bauwirtschaft. Doch eben deshalb verdrängen sie lokale Arbeitskräfte.
Der mexikanischer López Obrador ist grundsätzlich ein Pragmatiker, der sich so wenig wie möglich an der Lateinamerikapolitik beteiligt. Seine Hauptsorge ist die Erhaltung der Handelsbeziehungen zu den Vereinigten Staaten, seinem weitaus größten Kunden. Dann kommen auch die Probleme der mittelamerikanischen Staaten auf ihn zu. Doch der Rest von Lateinamerika interessiert ihn kaum, auch wenn er sich der Erweiterung der Handelsbeziehungen mit Argentinien nicht widersetzt. Er weiß, dass er sich mit Trump verständigen muss, auch wenn dieser offen eine anti-mexikanische Stellung bezieht. Realpolitik geht vor Ideologie.
Bolsonaro hat gute Beziehungen zu den USA. Er ist von Grund auf ein Realpolitiker, aber ähnlich wie Trump, spart er nicht an schockierenden Äußerungen. Alberto Fernández wäre gut beraten, wenn er dies übersieht und sich auf die Probleme konzentriert, die bei der Beziehung mit Brasilien bestehen.
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