Von Juan E. Alemann
Doch darüber hinaus kommt die ideologische Einstellung der Regierenden zum Ausdruck, die nicht eindeutig ist, Das bezieht sich auf die Verletzung des Eigentumsrechts, die von Mitgliedern der Regierung, auch vom Präsidenten, bagatellisiert oder sogar bejaht wird, auf die Frage, ob der Staat auch Unternehmen betreiben soll, auf die Sonderbesteuerung der Reichen, und auf die Art und den Umfang der staatlichen Intervention in die Wirtschaft.
Carlos Menem hatte als Präsident ein klar marktwirtschaftliches Konzept, das vornehmlich in einer extremen Privatisierung zum Ausdruck gekommen ist, die zur Bildung von 67 Privatunternehmen geführt hat und dabei erreicht hat, dass die Wirtschaft gesamthaft viel besser funktionierte. Néstor Kirchner hatte hingegen ein staatswirtschaftliches Konzept und hat dabei neue Staatsunternehmen geschaffen (wie das Elektrizitätsunternehmen Enarsa, das Satellitenunternehmen Arsat u.a.) und auch privatisierte Unternehmen rückverstaatlicht, an erster Stelle Aguas Argentinas, das die Wasserversorgung und -entsorgung in der Bundeshauptstadt und Umgebung sehr effizient und mit sichtbaren Erfolgen betrieb. Aber auch bei privaten Dienstleistern öffentlicher Dienste, die auf Grund von Konzessionsverträgen tätig waren, wie an erster Stelle die Unternehmen der Stromwirtschaft, wurden die Verträge einseitig außer Kraft gesetzt und durch willkürliche Regierungsentscheidungen ersetzt. Der Weg der progressiven Verstaatlichung und staatlichen Lenkung wurde dann unter Cristina mit weniger Schwung fortgesetzt.
Alberto Fernández ist hier unbestimmt: Er will grundsätzlich den Status quo beibehalten und neue Probleme vermeiden. Doch bei dieser pragmatischen Haltung überlässt er die ideologische Entscheidung seiner Partnerin Cristina, die sich auch nicht klar ist, wo sie steht. In ihrer Stoßtruppe La Cámpora besteht grundsätzlich ein staatswirtschaftliches Konzept. Und viele, wie auch Cristina selbst, die in den 70er Jahren mit den Montonero-Terroristen mitgemacht haben, vertreten immer noch deren kommunistisches Konzept in seiner jugoslawischen Form, bei der Großunternehmen staatlich und kleine privat waren. Da das Wort kommunistisch schlecht ankommt und fast als Schimpfwort gilt, wird es vermieden, ebenso wie die Liberalen sich nicht als solche bezeichnen, sondern als “Mitte” u. dgl. mehr. Das sind Heucheleien der Politik.
Im Deutschland der Nachkriegszeit hat Wirtschaftsminister Ludwig Erhard den Begriff der sozialen Marktwirtschaft geprägt und damit die grundsätzliche Richtung festgesetzt, die dem Aufschwung der Nachkriegszeit eine solide ideologische Grundlage gab. Erhard wurde von Sozialdemokraten heftig kritisiert, setzte sich aber durch und gab dabei dem Politiker Konrad Adenauer den ideologischen Rückhalt, der diesem fehlte. In Argentinien klingt der Vergleich von Alberto Fernández mit Adenauer und Martin Guzmán mit Erhard wie ein schlechter Witz. Im Hintergrund versuchen die Ideologen um Cristina, wie der Montonero Horacio Verbitsky, sich durchzusetzen. Und das macht die Überwindung der Krise fast unmöglich.
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