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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

„Ich lebte für die Kunst“

Das Teatro Colón zeigt eine mitreißende Oper „Tosca“

Von Karoline Richter

Colon
Zum Abschluss der Theatersaison: Das Operndrama „Tosca“, komponiert von Giacomo Puccini im Teatro Colón. (Foto: Richter)

Buenos Aires (AT) - „Und es leuchteten die Sterne, und es duftete die Erde...“: Hunderte Zuschauer im Teatro Colón in Buenos Aires halten den Atem an, als der bekannte argentinische Tenor Marcelo Puente die berühmte Arie „E lucevan le stelle“ in Giacomo Puccinis Oper „Tosca“ anstimmt. Die Intensität und die Sehnsucht, mit der der verzweifelte Maler Mario Cavaradossi kurz vor seiner Hinrichtung die Vergänglichkeit des Augenblicks und der Liebe besingt, spürt der Zuhörer in jeder Note. „Die Stunde ist vorbei, und ich sterbe verzweifelt! Und habe das Leben niemals so sehr geliebt!“ Mit großer Stimmkraft und Hingabe beschließt Puente die letzten Verse seiner Arie und für einen Moment ist es still in dem riesigen Theatersaal. Dann bricht begeisterter Applaus los.

Wer je daran gezweifelt hat, dass die musikalische Gattung „Oper“ noch zeitgemäß ist, der wird dieser Tage im Teatro Colón eines Besseren belehrt. Bis unter die obersten Ränge sind selbst die letzten Stehplätze belegt, wenn zum Abschluss der Theatersaison die Oper „Tosca“ aufgeführt wird. Unter der musikalischen Leitung von Keri-Lynn Wilson und Michelangelo Mazza treten die weltweit besten Opernsängerinnen und Opernsänger auf, darunter die russische Sopranistin Anna Netrebko (stimmgewaltig in der Rolle der Sängerin Tosca), der aserbaidschanische Tenor Yusif Eyvasov, neben Marcelo Puente ebenfalls in der Rolle des Mario Cavaradossi, sowie der Bariton Fabián Veloz in der Rolle des Schurken Scarpia. Angekündigt sind zehn Aufführungen mit drei unterschiedlichen Besetzungen und zwei Dirigenten, die letzte Vorstellung zeigt das Teatro Colón am kommenden Dienstag, den 6. Dezember.

Puccinis legendäres Operndrama in drei Akten ist ein furioses Zusammenspiel von Liebe, Eifersucht, Verrat und Mord und erfüllt damit alle Voraussetzungen für einen erfolgreichen Bestseller, der die „Tosca“ schon wenige Tage nach ihrer Uraufführung Anfang des 20. Jahrhunderts in Rom tatsächlich auch war. Die Handlung konzentriert sich auf zwei Tage im Juni 1800. Schauplatz ist ein Rom, das zum Zankapfel geworden ist zwischen Napoleon, dem Kirchenstaat und russisch-österreichischen Koalitionstruppen. Im Mittelpunkt stehen die gläubige Sängerin Floria Tosca und ihr Geliebter, der Maler Mario Cavaradossi, sowie der brutale Polizeichef Baron Scarpia.

Die Allmacht der Obrigkeit und die Verletzlichkeit des Einzelnen zeigen sich eindrucksvoll in der Schlussszene des ersten Aktes, als die geistlichen Würdenträger in das Gotteshaus Sant'Andrea della Valle einmarschieren (monumentales Bühnenbild von Aníbal Lápiz) und der Kinder- und Erwachsenenchor des Teatro Colón das einschüchternde „Te Deum“ anstimmen. Die Dramaturgie seiner Oper hätte Puccini nicht besser planen können. Als sich der Vorhang zur ersten Pause senkt, bleibt das Theater-Publikum fasziniert zurück, in gebannter Erwartung des zweiten Aktes.

Die „Tosca“ gilt als Puccinis erfolgreichste Oper, was sicherlich auch an den mitreißenden Arien liegt. Die durchaus widersprüchliche Sängerin Tosca, die im Teatro Colón neben Anna Netrebko auch von María Pía Piscitelli und Virginia Tola verkörpert wird, zieht den Zuhörer mit ihrer Zärtlichkeit und zugleich ihrem Zorn in ihren Bann, etwa, als sie sich gegen den Sadisten Scarpia auflehnt, der ihren Geliebten verhaften und foltern lässt. Mit den Worten „Das ist Toscas Kuss“ rammt sie dem Polizeichef das Messer in den Leib. Nur wenige Minuten zuvor noch hat sie die kurze, aber wunderschöne Sopran-Arie "Vissi d'arte" verklingen lassen, in der sie klagend fragte, warum Gott sie so straft: „Ich lebte für die Kunst, lebte für die Liebe...“

Auch wenn nicht jeder Platz im vollbesetzten Teatro Colón hinreichenden Komfort für eine zweistündige Oper bietet, so zeigen Applaus und spontane Jubel-Rufe nach dem letzten Akt: Das Publikum freut sich über diesen wunderschönen Opernabend zum Abschluss einer sehr erfolgreichen Theatersaison 2022. „Sie trat ein, duftend, sank mir in die Arme…“, erinnert sich Cavaradossi auf dem Turm der Engelsburg kurz vor seinem Tod an die schönsten Stunden mit seiner geliebten Tosca. In der Tat: Als Zuhörer will man dem Operngott nur danken für unvergessliche Musikmomente in einer der berühmtesten Spielstätten dieser Welt.

Die Oper „Tosca“ wird im Teatro Colón noch gezeigt am 3., 4. und 6. Dezember. Infos auf https://teatrocolon.org.ar/es


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