Von Juan E. Alemann
Die Exporteure von Getreide und Ölsaat haben in 4 Monaten 2021 insgesamt u$s 8,05 Mrd. verrechnet, u$s 1,71 Mrd. mehr als der bisherige Rekord, der in den ersten 4 Monaten 2016 erreicht wurde, und 94,4% über den ersten vier Monaten 2020, als es u$s 5,02 Mrd. waren. Das berichten die Kammer der Speiseölindustrie und der Verband der Getreideexporteure (CIARA). Die Landwirte haben Getreide der Ernte 2019/20 geliefert, das sie gelagert hatten, in Erwartung höherer Preise, die in den letzten Monaten effektiv eingetreten sind. Sie haben richtig spekuliert und dem Land dabei zu höheren Deviseneinnahmen verholfen.
Für die Periode 2020/21 rechnet die Börse von Rosario mit einer Gesamternte von Getreide und Ölsaaten von 127 Mio. Tonnen, 10 Mio. Tonnen weniger als im Vorjahr. Die Dürre hat sich ausgewirkt, die im 3. Quartal 2020 sehr stark aufgetreten ist, besonders in der Gegend der sogenannten “feuchten Pampa”. Allein, dank direkter Aussaat, resistenteren Samen und besser Pflege der Kulturen, war die Wirkung viel weniger als in früheren Zeiten. Die Gesamternte der Periode 2020/21 gehört immer noch zu den vier höchsten und liegt nicht so weit unter dem Rekord, der vor drei Jahren mit 145 Mio. Tonnen erreicht wurde.
Die geringere Menge wird dieses Jahr durch viel höhere Preise ausgeglichen. Sojabohne wird jetzt schon über ca. u$s 600 je Tonne (in Chicago) gehandelt (Im Oktober waren es noch u$s 360), und auch Mais, Weizen und Sonnenblume verzeichnen bedeutende Preissprünge. Bei Sojaöl wurden im 1. Quartal 2021 1,56 Mio. Tonnen exportiert, was einen absoluten Rekord darstellt. Auch bei Sojamehl wurde ein Rekord von 6,53 Mio. Tonnen erreicht. Dass von der Produktion von Sojabohne ein großer Teil in Form von Öl und Mehl exportiert wird, bei denen ein industrieller Zusatzwert entsteht, ist auch ein Beitrag zur Erhöhung des Exporterlöses.
Bei der Hausse wirkt besonders die Tatsache, dass China die Pandemie weitgehend überwunden hat und wieder wächst, und auch den Schweinebestand wieder aufstockt, der durch die Pest vor einigen Jahren auf einen Bruchteil zusammengeschmolzenen war. Die Schweine werden mit Sojamehl und Mais gefüttert. Dieses Jahr wird auch mit einer hohen chinesischen Nachfrage nach Gerste gerechnet, die den Preis schon in die Höhe getrieben hat, so dass eine Ausdehnung der Saatfläche und einer Ernte von 4,6 Mio. Tonnen erwartet wird. Die Chinesen trinken jetzt offensichtlich mehr Bier.
In einigen Wochen beginnt die Aussaat für die Feinernte (Weizen, Gerste, Roggen und Sonnenblume), und im September/Oktober die der Grobernte (Mais, Sorghum, und Sojabohne). Der landwirtschaftliche Boden verfügt dieses Jahr über ausreichende Feuchtigkeit, um Dürreperioden zu überstehen, sofern sie nicht zu lange dauern. Die hohen Preise, die die Landwirte jetzt erhalten, spornen sie an, mehr zu säen, mehr zu Düngen und auch das Risiko in Kauf zu nehmen, in trockeneren Gebieten zu säen. Abgesehen davon wirkt sich der technologische Fortschritt weiter aus, der in besseren, auch gegen Dürren resistenteren Samen, gezielter und intensiver Düngung und besserer Pflege der Pflanzungen zum Ausdruck kommt. Es kann somit in der Periode 2021/22 zu einer Rekordernte kommen.
Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung der aufstrebenden Entwicklung der Landwirtschaft, die besonders in der Produktion von Getreide und Ölsaat zum Ausdruck kommt, keine Steine in den Weg legt. Dass der Wechselkurs jetzt viel weniger als die interne Inflation abgewertet wird, bedeutet schon einen Schaden für die Landwirte. Die Regierung könnte jedoch noch die Exportzölle erhöhen und eventuell Exportquoten einführen, wie es die Handelssekretärin Paula Español schon angedeutet hat. Das wäre ein großer Fehler. Argentinien braucht eine starke und dauerhafte Exportzunahme, um das Zahlungsbilanzgleichgewicht für die nächsten Jahre zu sichern.
Die gestiegenen internationalen Preise für Getreide und Ölsaaten wirken sich auch intern aus, und haben zu den hohen Zunahmen des Indices der Konsumentenpreise beigetragen. Das kommt bei Rindfleisch stark zum Ausdruck, bei Weizen viel weniger und bei Sojabohne nur indirekt, insofern als das Futter für Geflügel und Schweine teurer geworden ist. Hohe Preise für die Landwirtschaft, bedeuten ein höheres Einkommen der Landwirte, aber ein niedrigeres der städtischen Bevölkerung, die nicht von der Landwirtschaft lebt. Das schafft einen Konflikt, der auch auf die Politik übergeht, besonders wenn der Rindfleischpreis stark steigt, wie es jetzt der Fall ist. Dass der Präsident sich über den hohen Rindfleischpreis aufgeregt hat, der jedoch im internationalen Vergleich sehr niedrig ist, zeugt von der Politisierung des Falles. Beim Rindfleisch besteht ein eigenartiges Problem: wenn der Preis steigt, dann liefern die Landwirte weniger Rinder, da sie den Bestand erhöhen wollen, so dass das Angebot unmittelbar noch mehr sinkt, aber mittelfristig steigt.
Wenn dies in der Regierung nicht verstanden wird, besteht die Gefahr, dass es zu falschen Entscheidungen kommt, wie es schon unter der Regierung von Cristina Kirchner, mit Guillermo Moreno als Handelssekretär der Fall war, als der Rindfleischexport kontingentiert wurde, worauf der interne Preis zunächst zurückging, dann aber der Rinderbestand um 12 Mio. Rinder abnahm, und danach das Angebot sank und der Preis in die Höhe sprang.
Die Regierung muss jetzt das Problem der Landwirtschaft anders lösen, als es traditionell geschehen ist. Dabei sollte sie auch erklären, dass ein Verzicht auf höhere Exporte wirtschaftlich sehr teuer zu stehen kommt und die nicht landwirtschaftliche Bevölkerung mehr schädigt, als die landwirtschaftliche. Denn eine Zahlungsbilanzkrise geht auf eine allgemeine Krise über und schafft Arbeitslosigkeit, was besonders die städtische Bevölkerung betrifft.
Die gute Konjunktur der Landwirtschaft schafft mehr Einnahmen beim Staat, einmal beim Exportzoll, der immer noch besteht, ganz besonders bei Sojabohne, mit 33%. Der Fiskus sollte dabei auch viel mehr an der Gewinnsteuer einnehmen, bei der angeblich bei der Landwirtschaft eine große Hinterziehung besteht, besonders bei kleineren Landwirten. Das lässt sich jedoch sehr leicht kontrollieren, besonders seit Einführung von Informatikprogrammen für diesen Zweck.
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