Israels Präsident zu Gast / Gedenken an Shoah und Olympia-Attentat
Berlin/Lohheide (dpa/ka) - Israels Präsident Izchak Herzog hat zum Abschluss seiner Deutschlandreise eine engere Zusammenarbeit beider Länder gefordert und der Opfer der Shoah gedacht. In einer bewegenden Rede im Bundestag betonte Herzog, die Erinnerung an die deutschen Verbrechen während der Nazi-Herrschaft müsse bewahrt werden. „Die jüdische Nation ist eine Nation des Erinnerns“, sagte der Präsident am Dienstag, bevor er die Abgeordneten und Gäste aufforderte, sich zu erheben, um im Gebet der Seelen der sechs Millionen ermordeten Juden zu gedenken. Anschließend gedachten Herzog und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier der Opfer am Holocaust-Mahnmal in Berlin und in der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen in Niedersachsen.
„Die Shoah ist ein schmerzvoller Teil deutscher Geschichte, der zu uns gehört, den wir nicht leugnen dürfen und den wir niemals vergessen dürfen. Was sich nicht wiederholen soll, das darf nicht vergessen werden“, betonte Steinmeier. Die Freundschaft Deutschlands und Israels sei ein großes Geschenk. „Die Vergangenheit verpflichtet uns, und die Zukunft wollen wir gemeinsam gestalten.“
Der Bundespräsident warnte zudem eindringlich, dass der Antisemitismus nicht der Vergangenheit angehöre: „Angesichts der Gräber der Toten von Bergen-Belsen und Millionen Ermordeter der Shoah ist jede Form von Antisemitismus, die es heute in Deutschland leider und weiterhin gibt, ein Alarmsignal für unser Land. Antisemitismus darf keinen Platz haben in unserer Gesellschaft. Wo er sichtbar wird, müssen wir ihm entgegentreten, entschieden und von Anfang an.“ Auch Herzog rief dazu auf, Antisemitismus und Rassismus „kompromisslos“ zu bekämpfen. „Dies ist unsere Pflicht - im Namen der Vergangenheit, für die Zukunft“, sagte er.
Zu Bergen-Belsen hat Herzog auch eine familiäre Beziehung. Sein Vater Chaim sah dort 1945 wenige Tage nach der Befreiung des Konzentrationslagers als britischer Offizier das Grauen mit eigenen Augen. 1987 kehrte er als Israels Präsident zum Gedenken nach Bergen-Belsen zurück - es war der erste Besuch eines israelischen Staatsoberhaupts in Deutschland überhaupt. „Kein Verzeihen habe ich mit mir gebracht - und kein Vergessen“, sagte Chaim Herzog damals und kämpfte nach eigenen Worten mit den Tränen.
Denn was die britischen Soldaten bei der Befreiung des Lagers wenige Tage vor Kriegsende gesehen hatten, lässt sich kaum in Worte fassen: Mehr als 10.000 unbestattete Leichen fanden sie, etwa 53.000 Menschen wurden befreit, doch für viele Tausende von ihnen kam die Hilfe zu spät. Auch die für ihr Tagebuch bekannte Anne Frank liegt in einem der 13 Massengräber. Insgesamt starben im Konzentrationslager und unmittelbar nach der Befreiung rund 52.000 Menschen, hinzu kommen fast 20.000 Tote im angrenzenden Kriegsgefangenenlager.
Bergen-Belsen wurde so weltweit zu einem Symbol der Nazi-Verbrechen. Die Schilderungen seines Vaters von den Leichenbergen und der „Hölle auf Erden“ werde er nie vergessen, berichtete Izchak Herzog nun.
Am Montag, bei einer Gedenkveranstaltung in Fürstenfeldbruck zum 50. Jahrestag des Olympia-Attentats von 1972, hatten Herzog und Steinmeier auch der Opfer des Attentats gedacht. Nach der Einigung über eine Entschädigung bat der Bundespräsident dabei im Namen Deutschlands um Vergebung. Das Bemühen, Deutschland im Jahr 1972 als friedfertige, freundliche Demokratie zu zeigen, sei in München tragisch gescheitert, sagte Steinmeier. Das Olympische Dorf sei für die Attentäter „zur internationalen Bühne für Judenhass und Gewalt“ geworden. Bei dem Angriff palästinensischer Terroristen starben elf Mitglieder der Olympia-Mannschaft Israels und ein deutscher Polizist, fünf Attentäter wurden getötet. Die Hinterbliebenen der israelischen Opfer hatten sich erst vor wenigen Tagen mit der deutschen Regierung geeinigt. 28 Millionen Euro stehen nun als Entschädigungssumme für das entstandene Leid fest.
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