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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Hilfe für den Beckenboden

Lösungen für lange verschwiegene Probleme

Frankfurt/Main (dpa) - Oscar-Preisträgerin Kate Winslet berichtet in einer Talkshow, dass sie nach drei Geburten an Inkontinenz leidet. TV-Promi Amira Pocher wirbt für Beckenbodenübungen, Sachbuch-Bestsellerautorin Sheila de Liz postet Videos über den „Sexmuskel“ auf Youtube. Ein Trainingsgerät mit App-gesteuerten Spielen für den Unterleib flutet die Social-Media-Kanäle. Der Beckenboden - das bestätigen auch Gynäkologen - ist nach Jahrzehnten des verschämten Verschweigens auf dem Weg zum It-Thema.

Der Beckenboden besteht aus mehreren Muskeln und Bindegewebe. Er schließt den Bauchraum nach unten ab und ist wie eine Hängematte an den Rändern nach oben gebogen. Vorn ist er am Schambeinknochen, hinten am Steißbein und seitlich an den Sitzbeinhöckern befestigt. In der Mitte ist bei Frauen eine Öffnung, die sich für eine Geburt weiten kann. Nach oben hält der Beckenboden die Blase, die Gebärmutter und den Enddarm, nach unten umschließt er die Harnröhre, die Scheide und den Darm.

Wenn die Kraft des Beckenbodenmuskels nachlässt, können medizinische Probleme auftreten. Die häufigsten sind Beckenbodenschwäche und Beckenbodensenkung. Eine Folge davon ist, dass Frauen den Urin nicht mehr gut halten können. Dazu kommen negative Auswirkungen auf die Sexualität.

Harninkontinenz ist laut Deutscher Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) „ein schwerwiegendes Gesundheitsproblem bei Frauen aller Altersklassen“, wie es in der erst 2022 verabschiedeten Leitlinie zur Behandlung weiblicher Inkontinenz heißt. Wie groß die Zahl der Betroffenen ist, ist unklar. Die Fachgesellschaft geht davon aus, dass es bei dem heiklen Thema eine hohe Dunkelziffer gibt. Laut DGGG steigt die Zahl der betroffenen Frauen mit zunehmendem Alter.

Häufige Ursache sei die Geburt eines Kindes, erklärt Thomas Fink, Leiter des Beckenbodenzentrums im Sana Klinikum Berlin Lichtenberg. „Wie die Geburt läuft, ist entscheidend dafür, wie groß das Risiko ist, später ein Beckenbodenleiden zu entwickeln.“ Problematisch ist etwa, wenn das Kind sehr groß und schwer ist oder wenn eine Zange zum Einsatz kam. Weitere Risikofaktoren sind schweres Heben, Übergewicht, Rauchen sowie das Alter bei der ersten Geburt.

Wie wichtig es ist, nach einer Geburt den Beckenboden wieder fit zu machen, betont auch die Wiesbadener Gynäkologin Sheila de Liz. In einem ihrer Youtube-Videos erklärt sie: „Es ist sehr wichtig, die Beckenbodenmuskeln zu stärken, weil sie auch beim Sex eine Rolle spielen.“ Frauen, die einen guten Beckenboden hätten, könnten die Vagina besser verengen. Dadurch spürten sich beide Partner mehr: „Die Orgasmen werden viel intensiver bei einer gesunden und starken Beckenbodenmuskulatur.“

Männer haben auch einen Beckenboden, er ist aber anders aufgebaut und daher stabiler. Eine Beckenbodenschwäche bei Männern ist selten, wie Fink berichtet. Manchmal tritt sie nach einer Prostataoperation auf. Viele Männer wüssten gar nicht, dass sie einen Beckenboden haben, könnten ihn nicht bewusst kontrahieren. „Dabei würden auch Männer von Beckenbodentraining profitieren, etwa für die Potenz“, sagt Fink.

Laut Leitlinie ist es bei Beckenbodenschäden Standard, „dass nicht-chirurgische Therapien zuerst ausprobiert werden“. In der Regel wird dafür Physiotherapie verschrieben, bei der Frauen gezielte Übungen zur Stärkung des Beckenbodens lernen. Auch Elektrostimulation gehört zu den möglichen Maßnahmen. Ist der Schaden so schwer, dass operiert werden muss, stehen laut Fink inzwischen mehrere Verfahren zur Wahl. Entweder werde versucht, mit dem Eigengewebe den Schaden zu reparieren. Oder, falls das zu schwach ist, könnten Bänder oder Netze eingesetzt werden.

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