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Guzmán bemüht sich um ein Abkommen mit dem IWF

Von Juan E. Alemann

Die Zahlung an den Pariser Klub, die am Freitag der Vorwoche fällig war, wurde nicht erfüllt, und jetzt läuft eine Frist von 60 Tagen während der es keine Defaulterklärung gibt. Die Frage, die man sich jetzt stellt, ist ob die Regierung bei Ablauf der Frist zahlen wird. Wenn nicht, dann muss der Pariser Klub laut seinen Statuten die Zahlung formell fordern, und wenn nicht gezahlt wird, den Default erklären. In Finanzkreisen heißt es jedoch, dass der Pariser Klub bereit ist, auf ein neues Zahlungsprogramm mit Argentinien einzugehen, mit Streckung der unmittelbaren Zahlungen, sofern Argentinien vorher ein Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds abschließt. Dies hat schon zu einer optimistischeren Stimmung geführt, die in einer Hausse argentinischer Staatstitel und Aktien an der Börse von New York zum Ausdruck gekommen ist.

Wirtschaftsminister Martín Guzmán arbeitet emsig, um ein Abkommen möglich zu machen. In diesen Sinn hat er schon eine drastische Verringerung des primären Defizits in den ersten 5 Monaten 2021 erreicht, von 2,3% des BIP in 5 Monaten 2020 auf nur 0,3% des BIP in der gleichen Periode 2021. Das wurde einmal durch höhere Steuereinnahmen erreicht, an erster Stelle bei den Exportzöllen, dann aber auch durch die Sondersteuer auf hohe Vermögen u.a. Zunahmen des Steuererlöses. Aber gleichzeitig wurde eine straffe Ausgabenpolitik vollzogen, die als “Anpassung” (auf spanisch mit dem politisch verpönten Wort “ajuste” benannt) eingestuft werden kann. Wieder wurde die “Anpassung” vollzogen, ohne sie vorher anzukündigen. Auch die Politiker haben sie kaum bemerkt, und das war gut so.

Die großzügigen Sozialprogramme ATP (Lohnsubvention und IFE (allgemeine Subvention armer Familien) wurden abgeschafft und durch weniger kostspielige Programme ersetzt. Und dann sind der Reallohn der Staatsangestellten und die realen Beträge der Pensionen, Hinterbliebenenrenten u.a. soziale Zahlungen um gut 20% gesunken, und sinken weiter, auch wenn Kabinettschef Santiago Cafiero vor dem Kongress erklärte, die Regierung wolle jetzt den früheren Reallohn wieder herstellen. Er hätte darüber schweigen müssen, denn dies ist schlicht nicht möglich, und er hat somit den Gewerkschaften nur ein Argument für ihren Protest gegeben. Es klingt paradox, aber Tatsache ist, dass die Inflation dazu beiträgt, die Staatsausgaben real zu senken, und zwar umso mehr, je höher sie ist.

Guzmán arbeitet auch an weiteren Themen. Beim Stromtarif schreitet er weiter mit seiner Grundidee fort, dass die Erhöhung von 9%, nach der die Tarife für längere Zeit eingefroren bleiben, nur für die Haushalte mit niedrigem Konsum gilt, während Haushalte und Unternehmen mit einem höheren Konsum mehr zahlen. Es wird jetzt überlegt, wie die progressive Skala sein wird, also ob nur der höhere Stromkonsum genommen wird, mit Ausnahmen, oder ob auch andere Faktoren berücksichtigt werden. Auch dies wird nicht an die große Glocke gehängt, um Cristina nicht zu widersprechen und ihr die Möglichkeit zu geben, dies stillschweigend zu erlauben.

Der Wirtschaftsminister muss sich jetzt gegen den Stoß von neuen Staatsausgaben wehren, den die Regierung im Zuge der Wahlkampagne in Gang gesetzt hat, oder noch setzten will. Abgesehen von zusätzlichen Sozialausgaben sind hohe Staatsinvestitionen vorgesehen, die zum Teil von den Provinzregierungen durchgeführt werden. In 4 Monaten 2021 wurden schon $ 43,35 Mrd. an die Provinzen für diesen Zweck überwiesen, 494,5% über dem Vorjahr. Auch die ärmeren Gemeinden der Umgebung der Bundeshauptstadt erhalten mehr Geld, für 199 Bauprojekte, die insgesamt $ 8,8 Mrd. Kosten sollen. Die öffentlichen Bauten erfordern in der ersten Etappe wenig Mittel, danach zunehmend mehr. Wenn Guzmán nicht jetzt auf die Bremse tritt, dann kommt eine explosive Lage auf ihn zu, etwa in den letzten Wochen vor den Wahlen, was den Fall noch komplizierter macht.

Bei Cristina, die in der Regierung letztlich entscheidet, muss man auch ihr Schweigen verstehen. Wenn sie über ein konfliktives Thema schweigt, heißt es, dass sie geschehen lässt. Alberto Fernández und Martín Guzmán wissen dies, und vermeiden daher, sie in brenzligen Themen zu einer offenen Stellungnahme zu zwingen. Man muss in diesen komplizierten Zeiten oft zwischen den Zeilen zu lesen und Gesten interpretieren. Aber gleichzeitig muss der Präsident es verstehen, die effektive Wirtschaftspolitik zu erklären. Und das ist nicht einfach, und fällt ihm, der von Wirtschaft nicht viel versteht, besonders schwer.

Es ist unwahrscheinlich, dass es bis Ende Juli zu einem Abkommen mit dem IWF kommt. Aber es kann eine Art Vorabkommen geben, mit einer Erklärung beider Parteien, dass man sich über die grundsätzlichen Aspekte geeinigt habe, und nur an den Einzelheiten arbeitet. Guzmán hat schon erreicht, dass der Kirchnerismus die Forderung fallen gelassen hat, dass die Schuld gegenüber Fonds in 20 Jahren statt 10 abgezahlt wird. Der Fonds hat sich angeblich einverstanden erklärt, dass in das Abkommen eine Klausel eingebaut wird, die bestimmt, dass der Fonds eine eventuelle Zahlungsfrist von über 10 Jahren, die er einem anderen Land gewährt, automatisch auf Argentinien ausdehnt. Doch der IWF dürfte es bei den 10 Jahren der “extended facilities” belassen, wobei ohnehin die Frist faktisch verlängert wird, wenn unüberwindliche Schwierigkeiten auftauchen. Der Fonds ist in dieser Beziehung realistisch und passt sich erfahrungsgemäß den Umständen an. Er wird nur hart, wenn ein Land, dem geholfen wird, böswillig handelt und wesentliche Bedingungen nicht erfüllt.

Für Argentinien sollte es kein Problem geben, die Schuld von u$s 44 Mrd. in 10 Jahren abzuzahlen, sofern es in dieser Periode neue Kredite gibt, wie sie bei Finanzierung von Kapitalgüterlieferungen und langfristigen Krediten der Weltbank, der BID, der Andenköperschaft und der chinesischen Förderungsbank in Aussicht stehen. Diese neuen Kredite stehen in einer Welt mit Kapitalüberfluss, die immer noch anormal niedrige Zinsen aufweist, zur Verfügung. Aber der Schuldner muss sich dabei strikt an die Spielregeln der internationalen Finanzwelt halten, wie es auch hochverschuldete Staaten wie Japan, Italien u.a. tun. Warum dies Argentinien so schwer fällt, ist schwer zu erklären.

Guzmán hält es für besonders wichtig, dass das Abkommen mit dem IWF vom Parlament genehmigt wird, und zwar auch mit den Stimmen der Opposition. Er will auf diese Weise zeigen, dass die eingegangenen Verpflichtungen auch bei einem Regierungswechsel eingehalten werden. Das ist sehr wichtig, da sonst das Abkommen einen schwachen politischen Rückhalt hat. Die Erfahrung der Macri-Regierung, die nach dem Wahlsieg von Cristina, mit Alberto Fernández als Präsidentschaftskandidat, im August 2019, für den internationalen Finanzmarkt nicht mehr glaubwürdig war, was sofort eine schwierige finanzielle Lage verursachte, zeigt eindeutig, dass es unerlässlich sind, dass Regierung und Opposition sich in grundlegenden Themen der Wirtschaftspolitik einig sind, und dies in konkreten Fällen, wie dem Abkommen mit dem IWF, durch parlamentarische Zustimmung zum Ausdruck bringen. Das wäre ein gigantischer Fortschritt in Sinne einer Staatspolitik, also einer Wirtschaftspolitik, die über den Parteien liegt und die Grundlage für einen dauerhaften Fortschritt bildet.

Ebenfalls muss eine gute Erklärung für die Schuldenregelung gegeben werden, die sich in Gang befindet. Und dann sollte der Präsident auch die positiven Aspekte hervorheben, die in letzter Zeit aufgetreten sind, also einmal die hohen Preise für Sojabohne, Mais, Weizen u.a. Arten von Getreide und Ölsaat, aber auch die von Kupfererz, Gold und Aluminium, Produkte, die Argentinien auch exportiert. Dann muss die Tatsache betont werden, dass die Landwirtschaft eine höhere Produktion anpeilt, was in hohen Käufen von Düngemitteln und Landmaschinen zum Ausdruck kommt. Es gibt noch viele andere positive Aspekte, die wir fast als Einzige erwähnen, die die Regierung hervorheben sollte. Und schließlich sollten sich der Präsident und seine Mitarbeiter bemühen, eine unternehmerfreundliche Haltung zu zeigen. Denn ohne gute Beziehungen zu den Unternehmern, unabhängig davon ob es große, mittlere oder kleine sind, oder ob sie sich in lokalem Besitz befinden oder von ausländischen Unternehmen abhängen, geht die Rechnung nicht auf.

Die große Welt, also die Vereinigten Staaten, Kanada, die EU, Großbritannien, Japan, jetzt auch China u.a. macht sich Sorgen über Lateinamerika. Mexiko hat ein Riesenproblem mit dem Drogenhandel, Venezuela ist wirtschaftlich zusammengebrochen, und andere Länder, wie Kolumbien und Brasilien weisen einen wahren Volksaufstand auf, mit dem sie nicht zurechtkommen. Es gibt in mehreren Fällen einen Linksrutsch. Bei dieser komplexen Situation wollen sie gewiss nicht noch einen unnötigen Konfliktfall mit Argentinien aufkommen lassen. Sie sind sich bewusst, dass die Lage objektiv gesehen, überhaupt keinen Konflikt rechtfertigt, und wundern sich über die Irrationalität der Regierung, die gewiss nicht zum Bild einer intelligenten und allgemein gut ausgebildeten Gesellschaft passt, wie sie die argentinische grundsätzlich ist.


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