Der lokale Preis für Weizen hat sich bisher nur wegen der Nachfrage der Mühlen gehalten, die 6,5 Mio. Tonnen von einer Gesamtproduktion von 19,5 Mio. Tonnen (2019/20) aufnehmen. Die Mühlen haben eine Gesamtkapazität für 12,5 Mio. Tonnen, die jedoch nicht ausgelastet werden kann, weil der Export von Mehl allgemein durch Differenzialzölle (die höher bei Mehl als bei Weizen sind) gehemmt wird. Es ist immer die Rede von der Notwendigkeit, dem Weizen u.a. Rohstoffen Mehrwert beim Export hinzuzufügen, aber es wird kaum etwas in dieser Beziehung getan. Bei der Welthandelsorganisation hat Argentinien bisher keine Beschwerde eingereicht, und wie weit das Thema im Freihandelsabkommen zwischen dem Mercosur und der EU behandelt wurde, wurde nicht bekanntgegeben. Wie wenn das Thema in Argentinien nicht interessieren würde. Der Zollsatz für Teigwaren, bei denen die Industrie auch über überschüssige Kapazitäten verfügt, wird zollmäßig von anderen Ländern noch stärker bestraft.
Als die interne Weizennachfrage begann, sich zu erschöpfen, weil die Mühlen ihren Jahresbedarf weitgehend gedeckt hatten, setzte eine Hausse auf dem Weltmarkt ein. Der Weizenpreis stieg daraufhin in Rosario von u$s 180 pro Tonne Anfang Juli auf u$s 200 Ende des gleichen Monats. In Frankreich, Deutschland, Russland, der Ukraine und auch in den Vereinigten Staaten war das Klima für Weizen, dessen Ernte schon eingesetzt hat, nicht günstig, so dass gesamthaft eine geringere Weltweizenproduktion als im Vorjahr vorweggenommen wird. Da die Nachfrage nach diesem Grundnahrungsmittel trotz Pandemie hoch bleibt, wird mit weiteren Preiszunahmen gerechnet.
In Argentinien hat die Aussaat von Weizen der Periode 2020/21 schon begonnen, so dass die guten Aussichten für den Weltmarktpreis auch höhere lokale Preise in Aussicht stellen. Bei guten Preisen wird einmal mehr gesät, und dann viel mehr gedüngt, was für die Erträge entscheidend ist. Es könnte somit zu einer neuen Rekordernte von über 20 Mio. Tonnen kommen, sofern keine Dürre kommt, die einen Strich durch die Rechnung macht.
Weizen war in früheren Zeit für Argentinien schwer verkäuflich, einmal wegen der restriktiven Importpolitik der europäischen Staaten, die nach dem Krieg Selbstversorgung anstrebten, und dann auch, weil die Vereinigten Staaten einen Exportüberschuss hatten, den sie gelegentlich an arme Länder auf Kredit zu günstigen Bedingungen lieferten, die Kunden von Argentinien waren. Doch die Sowjetunion importierte Weizen, und war in den 70er und 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts bei weitem der wichtigste Kunde Argentiniens. Deshalb waren auch die Beziehungen der Militärdiktatur mit der Sowjetunion besonders gut. Jetzt hat sich die Lage in Russland und der Ukraine umgekehrt: dank Privatisierung der Landwirtschaft kann die Binnennachfrage bequem gedeckt werden, und es bleibt noch ein hoher Exportüberschuss.
In den letzten Jahrzehnten sind China, Indien, Indonesien u.a. Staaten der Region als große Weizenkäufer aufgetreten, so dass kein Problem mit dem Weizenabsatz besteht. Sie kaufen nicht nur weil sie wohlhabender geworden sind, sondern auch weil ein Übergang von Reis auf Weizen stattgefunden hat.
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