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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Grusswort des Schweizer Botschafters


Werte Leserschaft des Argentinischen Tageblatts,

gerne nehme ich die Gelegenheit wahr, anlässlich unseres Nationalfeiertages ein Grusswort an Sie zu richten.

Dieser 1. August ist anders als alle, die wir bisher erlebt haben. Wer hätte jemals gedacht, dass unser Nationalfeiertag eines Tages im Schatten eines Virus stehen würde? Dass eine gemeinsame Begehung verunmöglicht und die Abstandhaltung zwischen den Menschen zum Gebot der Stunde würde? In Argentinien verbindet sich die Pandemie zudem mit einer Wirtschaftskrise, die das Land seit über zwei Jahren heimsucht. Die beiden Phänomene verschärfen sich gegenseitig, deren Tragweite ist noch unabsehbar.

Die Eidgenossenschaft wurde vor 729 Jahren gegründet. Seither hat die Menschheit viele dramatische Epochen erlebt, man denke an die unzähligen Kriege und Epidemien, die Millionen Menschen dahingerafft haben. Vor diesem Hintergrund erscheint die heutige Herausforderung in einem weniger dramatischen Licht - ein schwacher Trost zwar angesichts der vielen Todesopfer, aber immerhin ein Trost.

Die Schweiz hat nach anfänglichen Schwierigkeiten und exponentiell steigenden Ansteckungszahlen den Covid-19 recht erfolgreich eingedämmt. Natürlich sind wir noch weit davon entfernt, das Virus zu besiegen, und die weiteren Entwicklungen sind unvorhersehbar. Das Krisenmanagement hat jedoch im Grossen und Ganzen die erhofften Früchte getragen. Seit Mitte Mai sind die strikten Massnahmen in der Schweiz weitgehend gelockert worden, die Lage bleibt (vorerst?) unter Kontrolle. Die Zahlen ziehen neulich zwar wieder an, dies jedoch auf niedrigem Niveau. Es ist eine stark steigende Lernkurve im Umgang mit dem Virus zu beobachten, Forschung und Medizin arbeiten unter Hochdruck und verbessern die Antworten auf die Krankheit laufend. Noch sind wir nicht über den Berg, die Chancen sind jedoch intakt, dass wir das Virus eines Tages meistern werden.

Die wirtschaftlichen Konsequenzen des Lockdown werden auch für die Schweiz gravierend sein. Dank einer schnellen Reaktion der Regierung konnten die Schäden vorerst in Grenzen gehalten werden, mit dem Instrument der Kurzarbeit und grosszügigen Krediten wurde das Schlimmste abgewendet. In dieser ausserordentlichen Situation kommt der Schweiz ihre traditionelle Vorsicht im Umgang mit ihren Finanzen zugute, dank einem soliden finanziellen Polster wurde die tatkräftige Unterstützung zugunsten der Unternehmen erst möglich. Trotz des heftigen wirtschaftlichen Rückschlags und bei aller Ungewissheit über die zukünftigen Entwicklungen bin ich vorsichtig optimistisch für unser Land.

Die Pandemie hat auch Auswirkungen auf die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und Argentinien gehabt. Geschäftsreisen und Tourismus sind seit Mitte März kaum mehr möglich, der Handel hat stark abgenommen, Projekte wie das Freihandelsabkommen EFTA-Mercosur werden verzögert. Aufgeschoben ist allerdings nicht aufgehoben. Für eine vollständige Normalisierung werden wir uns zwar mit Geduld wappnen müssen, wir sollten uns jedoch schrittweise an eine neue Normalität herantasten. Immerhin hat die Pandemie auch gewisse Effizienzgewinne gebracht, wir alle haben die Nützlichkeit von Videokonferenzen erlebt. So konnten wir eine Konferenz zwischen der Cámara de Comercio Suizo Argentina und der Latin American Chamber of Commerce in Switzerland organisieren - ein absolutes Novum, das ohne Pandemie wohl nie stattgefunden hätte. Man kann dieser Situation also auch Positives abgewinnen, sinnvolle Veränderungen werden wohl bleiben.

Meine Reisetätigkeit in Argentinien ist durch die Pandemie unterbrochen worden. Nachdem ich in meinen ersten eineinhalb Jahren 14 Provinzen besucht hatte, sitze ich nun in meinem Haus in der Hauptstadt fest. Verschiedene Anlässe der Schweizer Gemeinschaft, denen ich beiwohnen wollte, konnten leider nicht stattfinden, wie das nationale Fest der Schweizer Folklore in San Jerónimo Norte. Es ist zu hoffen, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft wieder zu einer gewissen Normalität zurückfinden können. In der Zwischenzeit müssen wir uns mit elektronischer Kommunikation zufriedengeben. Den 1. August feiern wir dieses Jahr daher auf https://www.missione1agosto.org . Ich lade Sie ein, mitzumachen und sich zuzuschalten.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen, liebe Landsleute, liebe Freundinnen und Freunde der Schweiz, einen frohen Nationalfeiertag und viel Gesundheit.

Heinrich Schellenberg

Schweizer Botschafter in der Republik Argentinien


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