Liebe Leserinnen und Leser des Argentinischen Tageblatts,
morgen vor 30 Jahren, am 3. Oktober 1990, haben wir Deutschen in freier Selbstbestimmung unsere Einheit in Frieden und Freiheit vollendet.
Einheit in Frieden und Freiheit – das ist ein Dreiklang, wie er schöner kaum sein könnte. Und wir dürfen nie vergessen, wie unwahrscheinlich er war und noch immer ist. Einheit in Frieden und Freiheit, das ist nichts Selbstverständliches, das ist kein Normalzustand – es ist ein großes Glück. Noch dazu, da die Revolution 1989/90, die uns diese Einheit schenkte, friedlich blieb.
Wir dürfen uns – zum Glück! – an jubelnde Menschen am Brandenburger Tor erinnern, die sich in den Armen liegen, lachend und weinend vor Freude. Wir dürfen uns an die mutigen Menschen in Ostdeutschland und ganz Mittel- und Osteuropa erinnern, die demonstrierten, die gegen ihre autoritären Herrscher aufbegehrten – und die erfolgreich waren. Die ganze Welt konnte beobachten und erleben, welche Kräfte der Mut von Menschen freisetzt und wie die Sehnsucht nach Recht und Freiheit eine Diktatur friedlich überwinden kann.
Die Wiedervereinigung zeigt uns auch den enormen Wert von Europa und von Zusammenarbeit. Wir dürfen nicht vergessen, dass Mauerfall und deutsche Einheit nur im Kontext der europäischen Wiedervereinigung denkbar und möglich gewesen sind. Sonst hätte es keine deutsche Einheit gegeben. Und ohne das Vertrauen unserer Partner in eine positive Rolle Deutschlands hätte es keine Wiedervereinigung gegeben – und auch vorher keine Versöhnung.
Außenminister Heiko Maas drückt es so aus: „30 Jahre Deutsche Einheit sind nicht nur für die Menschen in Deutschland, sondern auch für viele andere Menschen in der Welt ein Anlass zurückzublicken. Die Botschaft von damals lautet, dass man Großes nicht im Alleingang erreicht – sondern nur in enger Kooperation mit Nachbarn und Partnern.“
Das gilt heute – in einer Welt, in der Diktaturen und nationalistische Ideen wieder Aufwind haben – umso mehr. Deswegen setzen wir uns ein für Friedenspolitik, für multilaterale Lösungen – in der Europäischen Union, in den Vereinten Nationen und auch in der Allianz für den Multilateralismus, die Deutschland gemeinsam mit Partnern ins Leben gerufen hat, und in der Argentinien erfreulicherweise eine aktive Rolle spielt. Eines der großen Ziele dieser Bemühungen: die Zusammenarbeit im Kampf gegen das Coronavirus und seine Auswirkungen solidarisch und kooperativ zu koordinieren. Wir können nicht anders, als dabei eng zusammenzuarbeiten, damit Impfstoffe entwickelt und gerecht verteilt werden, und damit so schnell wie möglich die Wirtschaft wieder in Gang kommt.
In Argentinien wie in vielen anderen Ländern auch wird dies eine große Herausforderung sein. Als neuer deutscher Botschafter der Bundesrepublik in Argentinien werde ich deswegen ein ganz besonderes Augenmerk auf unseren wirtschaftlichen Austausch richten. Deutschland wird in den kommenden Jahren ganz besonders an der Seite Argentiniens stehen!
Ich wünsche Ihnen allen einen schönen 3. Oktober! Ich hoffe, Sie morgen ab 18 Uhr auf unserer Webseite 30unidos.com für unsere virtuelle Feier begrüßen zu dürfen. Es wird diesmal wegen des Coronavirus eine ganz andere Feier sein. Sie alle, und alle unsere Freundinnen und Freunde in Argentinien, sind herzlich eingeladen!
Ulrich Sante
Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Argentinien