Der Internationale Frauentag in Buenos Aires
Buenos Aires (AT/wvg) - Die Hauptstadt war fest in feministischer Hand: Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause haben sich am Dienstag Zehntausende im Zentrum von Buenos Aires versammelt, um ihren Forderungen zum Internationalen Frauentag am 8. März mit einer Großdemonstration Ausdruck zu verleihen. Ausgehend von der Avenida 9 de Julio zog der Demonstrationszug über die Avenida de Mayo bis auf den Platz vor dem Kongressgebäude, welcher bereits am frühen Nachmittag aus allen Nähten platzte. In einigen Bereichen stauten sich die Teilnehmerinnen bis tief in die Seitenstraßen. Zu der Demonstration aufgerufen hatte ein breites Bündnis aus feministischen Gruppen und Organisationen, darunter auch das Kollektiv „Ni una menos“ (dt.: Nicht eine weniger).
Im Zeichen der aktuellen Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfond (IWF) fand die Demonstration in diesem Jahr unter der Losung „la deuda es con nosotras y nosotres, que la paguen quienes la fugaron“ (dt. etwa: „Wir haben die Schuldenlast. Mögen diejenigen sie bezahlen, die sich aus dem Staub gemacht haben“) statt. Verschiedene Rednerinnen kritisierten, dass die im Zuge des Abkommens zu erwartende Sparpolitik („ajuste“) insbesondere für Frauen und queere Personen eine spürbare Verschlechterung ihrer Lebensumstände bedeute. Zeitgleich zur Demonstration verhandelten im benachbarten Kongressgebäude die Parlamentsausschüsse über die Ratifizierung des Abkommens mit dem IWF.
Abseits der Schuldenkrise forderten die Demonstrantinnen insbesondere, Konsequenzen aus den bereits über 50 Femiziden im laufenden Jahr zu ziehen. Darüber hinaus drangen sie auf eine feministische Justizreform und die Aufklärung des Verschwindens von Tehuel de la Torre. Der junge trans*-Mann war Anfang 2021 verschwunden und gilt bis heute als vermisst. Grundsätzlich sei mit der Legalisierung der Abtreibung im Jahr 2020 zwar ein wichtiger Meilenstein erreicht, es bleibe aber noch viel zu tun, dass sich Frauen in Argentinien sicher fühlen können, so der Grundton der Veranstaltung. Männer waren, wie bei den Demos zum 8. März üblich, kaum unter den Teilnehmenden zu sehen.
Überschattet wurde der Internationale Frauentag in diesem Jahr von der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung im Buenos Aires-Stadtteil Palermo vor zwei Wochen (wir berichteten). Die Organisatorinnen, aber auch viele Teilnehmerinnen bezogen sich in Redebeiträgen und mit Schildern auf den Vorfall.
Der Internationale Frauentag kommt ursprünglich aus der kommunistischen Frauenbewegung und wird seit dem Jahr 1911 begangen. Einer Erzählung zufolge geht das Datum auf einen Streik von New Yorker Textilarbeiterinnen am 8. März 1857 zurück. Für diese Herleitung gibt es jedoch keine historischen Belege. Die letzten feministischen Großdemonstrationen in Buenos Aires fanden um den Jahreswechsel 2020/2021 statt, als der Kongress die Abtreibung in Argentinien legalisierte.
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