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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Goethe und viel Musik

Eröffnungsfeier zum 125-jährigen Bestehen der Goethe-Schule

Von Philipp Wehmann und Facundo Vila

Goethe-Schule
„Happy Birthday“: Die Militärkapelle “Tambor de Tacuarí” begeistert auf der Jubiläumsfeier. (Foto: privat)

Johann Wolfgang von Goethe sollte auf das 125-jährige Bestehen der gleichnamigen Schule einstimmen. Der große deutsche Dichter wird Leitmotiv des Jubiläumsjahres sein. Zu Beginn der Feierlichkeiten hörten Teilnehmer die Ouvertüre zu Goethes Drama “Egmont”, einem Musikstück, das Ludwig van Beethoven für die Aufführung des Theaterstücks komponiert hat.

Boulogne - Die Jubiläumsfeier fand am Donnerstag, dem 17. März, um 10.30 Uhr in der Goethe-Schule in Boulogne statt. Im Park der Secundaria trafen sich Schüler von den Fünfjährigen des Kindergartens bis zu den Abschlussklassen, viele Eltern, Lehrkräfte und weiteres Personal, Leitungsmitglieder und Mitglieder des Schulvereinsvorstandes; seit langem war dies einmal wieder ein großes Treffen nach den Einschränkungen der Corona-Pandemie.

Nach der herzlichen Begrüßung durch Marisa González, Lehrerin der Grundschule, tauschten sich Andrés de la Cruz, Vorsitzender des Vorstands der Goethe-Schule, und Generalschulleiter Philipp Wehmann über die Bedeutung dieses Jubiläums für die Schule und die Mitglieder ihrer Gemeinschaft aus.

Darauf wurden die Anwesenden durch den Auftritt einer ganz besonderen Persönlichkeit überrascht: Johann Wolfgang von Goethe selbst - verkörpert durch Ralf von Freeden, Vorstandsmitglied und ehemaliger Schüler der Schule - teilte einige Gedanken über seine Nähe zur Jugend und seine Liebe zur Bildung.

Schließlich trat aus dem Hintergrund die Militärkapelle „Tambor de Tacuarí“ vom 1. Artillerieregiment Patricios in Erscheinung, marschierend im Takt der Musik. Sie spielten die argentinische und die deutsche Nationalhymne sowie ein breites Repertoire, das verschiedene Musikgenres und verschiedene Epochen der argentinischen Geschichte abdeckte. Einige Kindergarten- und Grundschüler hatten das Glück, ausgewählt zu werden, um die Kapelle mit dem Taktstock zu dirigieren.

Goethe Schule
Goethe für einen Tag: Ralf von Freeden (M.) bei seinem Auftritt. (Foto: privat)

Der Auftritt endete mit einem lauten „Happy Birthday“ des “Tambor de Tacuarí” für die Goethe-Schule und einem großen Applaus aller Anwesenden für die Kapelle.

Nach der Verabschiedung durch Marisa González und Philipp Wehmann kehrten die Schüler in ihren Unterricht zurück. Alle diejenigen, die dabei sein durften, werden sicherlich noch lange über den Auftritt von Goethe und des “Tambor de Tacuarí” sprechen, der Groß und Klein sehr beeindruckt hat.

 

Vom Deutschen Klub Belgrano nach Boulogne - 125 Jahre Schulgeschichte

  • Pläne für die Gründung einer deutschen Schule in Buenos Aires gab es schon zuvor - das diesjährige Jubiläum bezieht sich, wie sich das für eine Schule gehört, auf den ersten Unterrichtstag. Am 17. Februar 1897 begrüßte Direktor Karl F. Mayer die ersten zwölf Schüler der „Deutschen höheren Knabenschule Belgrano“. Unterrichtet wurde im damaligen Sitz des Deutschen Klubs Belgrano in der Cuba 2410. Ein Jahr später, die Schülerzahl hatte sich verdreifacht, zog man in ein gemietetes Haus in der Avenida Cabildo 1891 um.

  • 1907 zogen über einhundert Schüler in das erste eigene Schulgebäude in der heutigen José Hernández ein. Noch waren die Schulanlagen ein Provisorium und wurden nach und nach fertiggestellt. 1912 wurde ein neuer, besser mit dem argentinischen Programm koordinierter Lehrplan ausgearbeitet. Seit der Umgestaltung des Lehrplans ist die Belgrano-Schule eine deutsche Realschule, die durch den Unterricht in Spanisch, argentinischer Geschichte und Erdkunde, Geometría und Aritmética ihren Schülern die Vorbereitung auf die Abschlussprüfung der argentinischen Volksschule und die Examina des ersten und zweiten Nationalkollegjahres zu erleichtern versucht.

  • 1914 fusionierte die Bildungseinrichtung mit der privaten Mädchenschule von Marie Liebau und nannte sich fortan „Belgrano-Schule“. In den Folgejahren entstand die Oberstufe, und 1921 erwarb der erste Schüler das deutsche Abitur. Die Schule war in dieser Zeit auch zu einem Versammlungsort deutschsprachiger Vereine geworden. 1927 vergrößerte sich die Belgrano-Schule durch die Fusion mit der Germania-Schule, die nach dem argentinischen Bildungsprogramm arbeitete. Von da an konnte die Schule das deutsche Abitur und den argentinischen Abschluss anbieten. Seit 1931 nennt man sich Goethe-Schule.

  • 1946, ein Jahr nach der späten Kriegserklärung Argentiniens gegen Deutschland, wird die Goethe-Schule von den Behörden beschlagnahmt. Bis 1960 wurde das Schulgebäude vom Instituto Superior del Profesorado genutzt. Von 1933 an waren fast alle deutschen Schulen in Argentinien „gleichgeschaltet“ und auf strammem Nazi-Kurs. Schon 1941 hatte der nationale Erziehungsrat den deutschen Lehrern die Unterrichtserlaubnis in der Goethe-Schule entzogen. Schülerinnen und Schüler der Oberstufe haben die Nazivergangenheit der Bildungseinrichtung 2018 in einem preisgekrönten Film aufgearbeitet.

  • Deutschen Unterricht gab es in der Goethe-Schule erst Anfang der 1960er-Jahre wieder. Doch 1951 entstand mit der Norte-Schule (Escuela del Norte) in Martínez eine neue deutsche Bildungseinrichtung. 1951 begann dort der Unterricht mit 220 Schülerinnen und Schülern. Vormittags wurde nach argentinischem Lehrplan unterrichtet, nachmittags gab es in der „Academia de Idiomas“ deutschen Unterricht.

  • 1960 wurde das Schulgebäude in Belgrano zurückerstattet. Im gleichen Jahr beginnt die Bundesrepublik wieder Schulbeihilfe zu zahlen, nachdem es aber auch zuvor schon finanzielle und Sachzuwendungen gegeben hatte. 1961 begann dort für 58 Schüler der Unterricht. Zwei Jahre später zieht die Oberstufe der Norte-Schule nach Belgrano um. Die folgenden Jahre sind gekennzeichnet durch die ständigen, allmählich auch erfolgreichen Versuche, den argentinischen und den deutschen Lehrplan einander anzunähern und unter Vermeidung von thematischen Doppelungen die Stundenzahlen für die Schüler zu reduzieren. 1973 wird das Bilingüe-Systems eingeführt.

  • 1985 beginnt eine neue Epoche. In La Horqueta, Boulogne, findet die Grundsteinlegung für eine neue Schulanlage statt. Bundeskanzler Helmut Kohl besucht die Schule und gibt Zusage einer Unterstützung von 24 Millionen D-Mark aus Bundesmitteln. Das neue Gebäude wird 1989 eingeweiht. Ein Jahr später verkauft die Schule ihr Eigentum in Belgrano und erwirbt weitere Grundstücke in Boulogne.

  • 1996 feiert die Goethe Schule ihr 100-jähriges Bestehen. Drei Monate vor der Feier gibt Bundeskanzler Helmut Kohl im Schulgebäude von Boulogne einen Empfang für die deutsche Gemeinschaft.

  • 2006 werden das Kindergarten- und das Grundschulgebäude in La Horqueta eingeweiht. 2010 wird der Volkswagen-Pavillon zur Erweiterung der Grundschule fertiggestellt.

 

Die Schultüte: Vom Zuckertütenfürst und dem Ernst des Lebens

Von Jan Lauer

Schultuete
Jan Lauer mit seiner Schultüte. (Foto: Sibylle Lauer)

Immer wenn ich zu Besuch bei meinen Eltern in der Lüneburger Heide bin und dort das Familienalbum von meiner Mutter herausgeholt wird, gehört auch selbstverständlich das Zeigen des Bildes meiner Einschulung dazu, auf dem ich „stolz wie Bolle“ (wie man in Deutschland sagen würde) meine Schultüte präsentiere.

Die Schultüte gehört in Deutschland zur Einschulung dazu wie Berliner zu Silvester, Plätzchen zu Weihnachten und der „Tatort“ zum Sonntagabend. Generell ist die Einschulung in Deutschland eine große Sache. So laden Eltern oftmals Opas und Omas sowie Paten oder andere enge Freunde der Familie ein, um den ersten Schultag zu feiern. Und oft müssen die ABC-Schützen, wie Erstklässlerinnen und Erstklässler noch häufig in Deutschland genannt werden, sich von Verwandten und Freunden den Kopf tätscheln lassen und den Spruch über sich ergehen lassen, dass nun „der Ernst des Lebens“ beginne. Da freut man sich dann als neue Schülerin oder Schüler, wenn man sich auf der Familienfeier in einem günstigen Moment von den nervigen Erwachsenen und ihren guten Ratschlägen zurückziehen kann und endlich seine Schultüte, die in der Regel in ihrem kegelförmigen oder auch sechseckigen Bauch reichlich mit Süßigkeiten (heutzutage auch mit nützlichen Dingen wie Anziehsachen oder Ähnlichem) gefüllt ist, plündern kann.

Woher der Brauch der Schultüte so genau kommt, weiß man nicht so genau. Die ersten Erwähnungen von Schul- oder Zuckertüten gibt es wohl schon zum Ende des 18. Jahrhunderts. Begonnen hat alles in Thüringen und Sachsen. So nimmt auch in Erich Kästners Kindheitserinnerungen „Als ich ein kleiner Junge war“ die Schultüte eine prominente Rolle bei der Beschreibung seiner Einschulung in Dresden im Jahr 1906 ein:

„Die Eltern standen dichtgedrängt an den Wänden und in den Gängen, nickten ihren Söhnen ermutigend zu und bewachten die Zuckertüten. Das war ihre Hauptaufgabe. Sie hielten kleine, mittelgroße und riesige Zuckertüten in den Händen, verglichen die Tütengrößen und waren, je nachdem, neidisch oder stolz. Meine Zuckertüte hättet ihr sehen müssen! Sie war bunt wie hundert Ansichtskarten, schwer wie ein Kohleneimer und reichte mir bis zur Nasenspitze! Ich saß vergnügt auf meinen Platz und kam mir vor wie ein Zuckertütenfürst.“

Für ganz Deutschland geht man davon aus, dass sich die Schultüte (die in einigen Teilen Deutschlands weiterhin Zuckertüte heißt) wohl erst im „Wirtschaftswunderdeutschland“ der 50er Jahre durchgesetzt hat. Mittlerweile ist eine Einschulung ohne Schultüte undenkbar. Waren die ersten Schultüten oftmals liebevoll selbstgebastelt, werden mittlerweile fertig produzierte Schultüten gekauft, auf denen Kinderhelden wie Lightning McQueen und Marvel- und DC-Superhelden abgebildet sind. Auch der Inhalt der Schultüten hat sich stark geändert: Waren bei Erich Kästner in der Schultüte noch „Bonbons, Datteln, Osterhasen, Feigen, Apfelsinen, Törtchen, Waffeln und goldene Maikäfer“ drin, diskutieren Väter und Mütter heute auf Elternblogs, ob ein Smartphone in die Schultüte gehört. Leider ist damit die Schultüte auch häufig zum Statussymbol geworden und Eltern geraten unter Druck, mit anderen Vätern und Müttern mithalten zu müssen.

Zu wünschen wäre hier, wenn die Schultüte ihren materiellen Charakter verlieren würde und die symbolische Bedeutung in den Vordergrund gerückt würde. Denn eigentlich geht es ja bei der Schultüte darum zu zeigen, dass der „Ernst des Lebens“ gar nicht eine so schlimme Sache ist und Spaß macht, und dass Bildung der Türöffner für viele Möglichkeiten im Leben ist. Meine Mutter teilte mir übrigens auf Nachfrage mit, dass sie die Tüte „etwas schlicht gehalten“ hätte, und ich die Tüte bekommen habe, die schon meine zwei Brüder hatten. Auf dem Foto erscheint sie mir dennoch sehr groß (es waren wahrscheinlich eine Menge Süßigkeiten drin, die ich vor meinen großen Brüdern unterm Bett versteckte, um sie da dann bis zum nächsten Saubermachen zu vergessen). Für mich symbolisiert sie noch heute den Anfang eines spannenden neuen Abschnittes in meiner Kindheit, dem ich mit Spannung und Aufregung entgegentrat.

(Justus, der Sohn des Autors, besucht die Klasse 2C der Goethe-Schule)



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