Von Juan E. Alemann
Der Tierarzt Gildo Insfrán ist seit über einem Vierteljahrhundert Gouverneur der Provinz Formosa, die ärmste des Landes, die ihre öffentliche Verwaltung zu über 90% mit Mittel aus der Beteiligung an Bundessteuern und direkten Zuschüssen des Nationalstaates finanziert und außerdem enorm viele Sozialpläne für ihre Bevölkerung bezieht. Insfrán wurde mehrmals wiedergewählt, einmal weil er die Opposition verfolgt, und dann, weil ein großer Teil der Bevölkerung beim Provinzstaat beschäftigt ist und befürchtet, mit einem Regierungswechsel den Arbeitsplatz zu verlieren. In Formosa gibt es weder eine unabhängige Justiz, noch eine kritische Presse. Es ist ein Polizeistaat.
Insfrán hat den Kirchnerismus von Anfang an unterstützt, und genießt den Schutz von Cristina Kirchner. Das geht so weit, dass Präsident Alberto Fernández diesen Gouverneur als einer der ersten besuchte und ihn dabei als Vorbild und persönlichen Freund bezeichnete. Das war wirklich zu viel. Senator Mayans, der Formosa vertritt, wurde von Cristina zum Vorsitzenden der Regierungsfraktion ernannt und gehorcht ihr streng.
Als Amado Boudou Wirtschaftsminister war, kaum ein Problem mit der Schuld der Provinz Formosa gegenüber dem Bundesstaat auf. Probleme dieser Art sind normal und werden politisch gelöst. Doch in diesem Fall verpflichteten Minister und Gouverneur die Firma “The Old Fund”, damit sie hier beratend wirkt, die dafür einen Betrag von umgerechnet zwei Millionen Dollar erhielt. Konkret hat die Firma überhaupt nichts getan. Es besteht nicht der geringste Zweifel, dass es sich um ein Schmiergeld handelte, das sich Boudou und Insfrán aufgeteilt haben. “The Old Fund” hat auch im Fall Ciccone mitgewirkt, bei dem Boudou verurteilt wurde.
Beide, Insfrán und Boudou, wurden vor Gericht verklagt, doch das Gerichtsverfahren wurde an ein Gericht in Formosa übertragen, das für den Fall zuständig erklärt wurde, obwohl Konflikte zwischen Provinzen und Nationalstaat auf die Bundesjustiz entfallen. Da Insfrán auch die Justiz in seiner Provinz beherrscht, schreitet der Prozess nicht voran. Es ist unbegreiflich, dass kein Staatsanwalt und kein Oppositionspolitiker Klage vor Gericht eingereicht hat, damit das Verfahren zur Bundesjustiz zurückkehrt, wo es zu einer unvermeidlichen Verurteilung von Insfrán und Boudou kommen müsste.
Insfrán ist in letzter Zeit jedoch aus anderen Gründen ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gerückt. Einmal hat er Personen, die in Formosa wohnhaft sind, aber in andere Provinzen verreist waren, die Rückkehr gesperrt, so dass viele an der Grenze unter erbärmlichen Umständen wochenlang warten mussten. Das ist verfassungswidrig. Und dann hat er Personen, die mit Covid infiziert waren, plus andere, die mit ihnen Kontakt gehabt hatten (aber nicht infiziert waren) gegen ihren Willen lange Zeit in Lager gesteckt, wo sie eine mangelhafte Verpflegung erhielten. Das war illegal und stellte auch ein Verstoß gegen die Menschenrechte dar. Dann hat er zwei Provinzpolitikerinnen, die gegen dies protestierten, verhaften lassen.
Als der Staatssekretär für Menschenrechte, Horacio Pietragalla, nach Formosa kam, um den Fall zu untersuchen, hatte Insfrán die meisten dieser “Gefangenen” nach Hause geschickt, so dass nicht viel zu sehen war. Pietragalla hat als treuer Kirchnerist alles in bester Ordnung befunden. Doch dabei hat er genau das Gegenteil erreicht: Der Skandal ist ins Lampenlicht gerückt.
In normalen Zeiten hätte die Provinz Formosa interveniert werden müssen. Gründe dafür gibt es im Überfluss. Doch Insfrán ist eben ein treuer Kirchnerist, der geschützt wird. Doch jetzt ist der Fall auch für Cristina komplizierter geworden.
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