Im Oktober 2021 ging der Konsum von Rindfleisch pro Kopf der Bevölkerung auf 47 kg zurück, was ein Minimum in der argentinischen Geschichte darstellt. Es sind 5,8% (gleich 2,91 kg) weniger als vor einem Jahr. In früheren Zeiten lag der normale Konsum um die 80 kg pro Kopf, und Ende der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts sogar bei 90 kg. Wenn der Konsum unter 70 kg fiel, trat in der Öffentlichkeit ein großes Problem auf, weil angeblich das Grundnahrungsmittel fehlte, und es wurden gelegentlich Sondermaßnahmen getroffen.
Jetzt ist die Lage grundsätzlich anders. Im Oktober lag der Geflügelkonsum bei 46 kg, fast gleich so viel wie der von Rindfleisch. Der Konsum von Schweinefleisch lag bei 20,5 kg. Wenn man somit alle diese Arten von tierischem Protein addiert, gelangt man auf 113,5 kg pro Kopf. Diese Menge liegt über der, die vor 30 Jahren bestand, als wenig Geflügel und kaum Schweinefleisch konsumiert wurde. Wenn man weiter zurückgeht, kommt noch Schaffleisch hinzu, das jetzt wenig konsumiert wird, abgesehen von Patagonien, wo es an Stelle von Rindfleisch gegessen wird. Früher wurden Schafe auch in den zentralen Provinzen gezüchtet, wo sie dann von Rindern verdrängt wurden. Beim landesweiten Konsum von tierischem Protein müsste man Schaffleisch hinzurechnen.
In Argentinien haben in den letzten 40 bis 50 Jahren wesentliche strukturelle Änderungen stattgefunden. Es sind größere Geflügelproduzenten entstanden, die Geflügelfleisch zu geringeren realen Preisen verkaufen als die vielen kleinen Geflügelproduzenten, die den Hühnern kaum künstliche Nahrung (vornehmlich Mais und Sojamehl) gaben, so dass sie sich von Würmern u.dgl. ernährten.
Was Schweinefleisch betrifft, so sind mehrere Großunternehmen entstanden, die Schweine in großen Mengen mästen und sie dabei richtig ernähren, die die Züchter, die die Schweine auf Müllhalden ernährten, verdrängt haben. Das hat auch zu einer spürbaren Qualitätsverbesserung geführt. Das Schweinefleisch war früher hart und ungenießbar, während es heute zart und schmackhaft ist. Der Qualitätssprung, und ein real und im Verhältnis zum Rindfleisch niedrigerer Preis erklären den Durchbruch beim Konsum. Schweinefleisch wird auch weitgehend in Form von Schinken und Würsten konsumiert, aber auch in Schnitten, die es früher nicht gab, die direkt mit denen vom Rindfleisch konkurrieren.
Zum tierischen Protein muss man noch Fisch hinzuzählen. Der Konsum ist allgemein gering, und liegt bei einem Bruchteil des europäischen. Indessen wird auch Fisch konsumiert, der von den Verbrauchern, die in der Nähe von Flüssen wohnen, selber gefischt wird. Darüber gibt es jedoch keine Statistik. Das Angebot von Meeresfischen kann praktisch unbegrenzt erhöht werden. Argentinien verfügt über eine riesige Meeresplattform, von Mar del Plata bis Tierra del Fuego, wo viel gefischt wird. Der allergrößte Teil wird exportiert.
Beim Rindfleisch hat sich die Produktion grundsätzlich geändert. Die Wiesen, auf denen Rinder gezüchtet wurden, sind weitgehend aufgegeben und für Anbau von Getreide und Ölsaat eingesetzt worden. Rinder werden jetzt weitgehend in “feed-lots” gemästet, was eine schnellere Gewichtszunahme herbeiführt, auch eine bessere Fleischqualität, aber die Kosten vom Preis des Futters (vornehmlich Mais und Sojamehl) abhängig macht. Das Rindfleisch wird dabei real teurer, was auch den geringeren Konsum und den Übergang auf Geflügel und Schweinefleisch erklärt.
Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass in den letzten Jahren der Konsum von pflanzlichem Protein zugenommen hat. Es werden Schnitzel u.a. Fleischformen aus Sojamehl erzeugt, die ähnlich wie die aus Rindfleisch schmecken. Auch werden in letzter Zeit andere pflanzliche Produkte für diesen Fleischersatz eingesetzt. Protein sollte bei der Ernährung der lokalen Bevölkerung nicht fehlen. Wobei Ernährungsfachleute gelegentlich empfehlen, stärker auf pflanzliches Protein, und auch direkt auf Gemüse, überzugehen.
All dies zeigt, wie sinnlos die Exportbeschränkung ist, die mit der Erhaltung des internen Rindfleischkonsums begründet wird. Es mag sein, dass in früheren Zeiten Rindfleischmangel ein echtes Ernährungsproblem darstellte. Aber heute, wo die Bedeutung des Rindfleisches bei der Ernährung der Bevölkerung stark abgenommen hat, und es mehrere Alternativen zum Rindfleisch gibt, ist es gewiss nicht so.
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