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Für mehr Vielfalt im Film

185 deutsche Prominente outen sich mit #actout

Von Wim van Geenen

Karin Hanczewski
Karin Hanczewski ist nur eine der 185 Schauspieler*innen, die sich im Süddeutsche Zeitung Magazin outeten. (Foto: dpa)

Buenos Aires (AT) - Ob Heimatfilme, „Herzkino“ oder das „Traumschiff“: Die deutsche Film- und Fernsehlandschaft scheint von heterosexuellen cis-Menschen für heterosexuelle cis-Menschen geschaffen zu sein. Queere, also nicht-heterosexuelle Charaktere, sind abgesehen von häufig klischeebeladenen Nebenrollen kaum sichtbar. Das soll sich nach dem Willen von fast 200 Schauspieler*innen nun ändern. Charaktere sind, abgesehen von häufig klischeebeladenen Nebenrollen, kaum sichtbar. Das soll sich nach dem Willen von fast 200 Schauspieler*innen nun ändern.

Unter der Parole #actout outeten sich vergangene Woche insgesamt 185 Film- und Theaterschauspieler*innen im „SZ-Magazin“ als schwul, lesbisch, bisexuell, nicht-binär oder trans*. Die Forderung der Gruppe lautet: Die real existierende Vielfalt muss auch in Film, Fernsehen und Theater abgebildet werden. Unter ihnen sind bekannte Gesichter wie Karin Hanczewski („Tatort“ Dresden), Godehard Giese („Tatort“, „Babylon Berlin“) und Ulrike Folkerts („Tatort“ Ludwigshafen), aber auch Nachwuchstalente wie Jannik Schümann („Die Mitte der Welt“), Jonathan Berlin („Tannbach“) und Emma Bading („Tatort“, „Helen Dorn“).

Im Vorfeld der Aktion sei es der Gruppe insbesondere darum gegangen, die reale Vielfalt unter Schauspieler*innen sichtbar zu machen, so Mitinitiator Godehard Giese im Interview mit dem „SZ-Magazin“. „Wir sind mit unserer sexuellen Identität in der Öffentlichkeit nicht sichtbar. Es wird immer angenommen, man gehöre zur Norm.“

Diese Annahme wirkt sich den Schauspieler*innen zufolge auf ihr Berufsleben aus. Viele berichten davon, wie ihnen von Produzent*innen, Caster*innen oder Regisseur*innen von einem öffentlichen Coming-Out abgeraten wurde - häufig mit dem Hinweis, ein Outing würde beim Publikum nicht angekommen und man könne sie dann nicht mehr besetzen.

Nicht zuletzt deshalb hätten einige bekannte Schauspielkolleg*innen im Vorfeld der Aktion abgesagt, so Mitinitiatorin Karin Hanczewski. Die Angst vor einem möglichen Karriereknick im Zuge eines Outings sei unter queeren Schauspieler*innen weit verbreitet. Grund hierfür sei unter anderem die in der Branche verbreitete Annahme, dass eine Offenlegung der sexuellen Identität mit bestimmten Rollen unvereinbar sei. Viele der Schauspieler*innen berichten im „SZ“-Interview von Gesprächen innerhalb der Branche, in denen klar vermittelt wurde: Das Privatleben der Schauspieler*innen muss mit den häufig stereotypisch angelegten Rollen übereinstimmen.

Dagegen wehrt sich #actout. In einem zeitgleich veröffentlichten Manifest schreibt die Gruppe: „Wir sind Schauspieler*innen. Wir müssen nicht sein, was wir spielen. Wir spielen, als wären wir es - das ist unser Beruf. Wir spielen Ehefrauen und Familienväter, Liebende und Staatsleute, Sympathieträger*innen und Ekel. Und häufig auch Figuren, mit deren Überzeugungen wir privat nie übereinkämen. […] Wir können Menschen mit anderen sexuellen Identitäten spielen, als die, die wir leben. Und wir tun es längst, die ganze Zeit schon, weil es unser Beruf ist.“

Dennoch gehe es ihnen nicht darum, einfach nur ihr Privatleben in die Öffentlichkeit zu bringen. „Uns ging es nicht um ein privates Bekenntnis, denn es gibt ja gar nichts zu bekennen. Unser Privatleben soll auch weiter privat bleiben. Wir wollten an die Strukturen ran und einen Impuls zur Veränderung setzen“, so Karin Hanczewski.

Wichtig ist der Gruppe insbesondere die Abbildung realer gesellschaftlicher Vielfalt. Stereotypisierte Rollenbilder wie demütige Ehefrauen, schwule Friseure und drogendealende Einwandererkinder seien in deutschsprachigen Drehbüchern weiterhin gut vertreten, beklagen die Initiatoren von #actout.

In diesem Sinne sind die Outings der Schauspieler*innen relevant. Die Titelseite des Magazins erinnert sicher nicht ohne Grund an jene, mit der sich im Jahr 1971 im „Stern“ fast 400 Frauen unter dem Titel „Wir haben abgetrieben!“ zu einem Schwangerschaftsabbruch bekannten. Der Skandal war damals vorprogrammiert. Eine Outing-Aktion wie #actout erscheint dagegen heute beinahe banal. Dennoch zeigt sich: Obwohl „das alles“ - wie viele beteuern - heute eigentlich „kein Thema“ mehr sein sollte, ist es anscheinend doch noch eins.

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