Von Marion Kaufmann
Viele von uns haben in den ersten Schuljahren kleine Bildchen gesammelt, in Alben geklebt und die Doppelten mit einem anderen Sammler getauscht. In diesen Tagen hört man wieder davon, nur dass die Bilder heute keine Filmstars zeigen, sondern Fußballspieler. Denn die WM kommt immer näher; die Berichte aus Katar auf Bildschirmen und Papier lassen uns für eine kurze Zeit die Sorgen vergessen, Inflation, Unruhe in Patagonien, interne Streitereien u.a.m. verlieren sich im Hintergrund. Nicht dass wir während der Spiele keine Probleme mehr hätten, aber für viele Menschen bedeuten diese Tage eine Zeit zum Aufatmen.
Um etwas über die Bildchen zu erfahren, gehe ich zu meinem Zeitungskiosk. Kioskleute kennen sich in allem aus, sei es Politik, Sport oder Strickmuster. „Ja, die Weltmeisterschaft!“ strahlt Rubén, „wir sind wirklich ein fußballnärrisches Volk!
Die WM ist für uns eine Illusion, und da sind die „figuritas“ wichtig. Als erstes braucht man ein leeres Album, das kostet 750 Peso. Um es zu füllen, sind Couverts mit Bildern notwendig; jedes Couvert enthält fünf Bilder und um ein Album zu füllen, braucht man 633 Bilder. Also, jemand der mitmachen will, den kostet das insgesamt ... (Rubén rechnet schnell und ohne Handy) 28 Tausend Peso.“
Ich frage meinen Mitarbeiter ob man für ein gefülltes Album einen Preis bekommt. ,,Preise gibt es nicht“, antwortet er. „Bei diesen Spielen, die alle vier Jahre stattfinden, spielt vor allem die Illusion mit. Die Illusion, dass dort argentinische Spieler beteiligt sind, egal mit Messi oder ohne Messi, egal ob sie gewinnen oder verlieren. Und für die Älteren ist es ein Moment der Erinnerung, als sie selbst mit dem Vater oder dem Opa die Spiele gesehen haben.“
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