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Feuerprobe auf der Weltbühne

Scholz in den USA / Problem Nord Stream 2 bleibt

Scholz - Biden
Olaf Scholz bei Joe Biden. (Foto: dpa)

Washington (dpa) - Es war der bisher wichtigste Termin von Bundeskanzler Olaf Scholz im Ausland, seine Feuerprobe auf der Weltbühne. Nach 24 Stunden in Washington, davon mehr als zwei Stunden mit US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus, kann man sagen: Er hat sie bestanden. Vor allem mit seinem Live-Auftritt beim Nachrichtensender CNN, bei dem er fast 20 Minuten lang Fragen des Star-Moderators Jake Tapper auf Englisch parierte.

Dass die Reise des Kanzlers zum wichtigsten Verbündeten Deutschlands außerhalb Europas zumindest zu einem Teilerfolg wurde, liegt vor allem am US-Präsidenten Joe Biden. Er gab Scholz das, was er nach einer ziemlich hohen Welle der Kritik aus der Ukraine, dem östlichen Nato-Gebiet und auch aus den USA brauchte: Rückendeckung.

65 Minuten sprachen Scholz und Biden im Oval Office unter vier Augen, für das Gespräch im größeren Kreis blieben dann nur noch 20 Minuten. Anschließend traten beide im East Room im ersten Stock des Weißen Hauses vor die Presse. Dort sprach Biden Deutschland und damit auch dessen Regierungschef das volle Vertrauen aus. "Deutschland ist einer unserer wichtigsten Verbündeten in der Welt. An der Partnerschaft Deutschlands mit den Vereinigten Staaten gibt es keinen Zweifel."

Die Zweifel waren in den Tagen und Wochen vor dem Scholz-Besuch von US-Medien, aber auch aus dem US-Kongress geäußert worden. "Ist Deutschland ein verlässlicher amerikanischer Verbündeter?", hieß es etwa in einem Kommentar des "Wall Street Journal". Die Antwort lieferte die konservative Zeitung gleich auf Deutsch mit: "Nein".

Kritiker in den USA werfen Deutschland vor, Moskau nicht genug unter Druck zu setzen. Sie bemängeln, dass die Bundesregierung der Ukraine keine Waffen liefert - und dass Berlin weiterhin an der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 festhält.

Scholz dürfte sich nun durch die Worte Bidens in seiner Einschätzung bestätigt fühlen, dass die Zweifel an Deutschlands Zuverlässigkeit ein Medienphänomen seien. Es sei "ein falscher Eindruck" entstanden, "der auch nicht in Washington vorherrschend ist", sagte er.

Dass die Diskussion über die deutsche Zuverlässigkeit in den USA auch nach dem Scholz-Besuch weitergeht, liegt vor allem an Nord Stream 2. Den Namen der Gasfernleitung zwischen Russland und Deutschland nimmt Scholz seit geraumer Zeit nicht mehr in den Mund - schon gar nicht, wenn es um mögliche Sanktionen gegen Russland im Falle eines russischen Einmarsches in die Ukraine geht. Und auch nicht, wenn er mehrfach danach gefragt wird, wie auf der Pressekonferenz im Weißen Haus.

Biden sagte dort klar, dass ein russischer Einmarsch in die Ukraine das Aus für das Projekt bedeuten würde. Dann "wird es kein Nord Stream 2 mehr geben. Wir werden dem ein Ende setzen." Der Bundeskanzler, in dessen Land die Pipeline endet, stand daneben und sagte: "Sie können sicher sein, es wird keine Maßnahmen geben, bei denen wir unterschiedlich agieren." Und dann wiederholte er es noch einmal auf Englisch - wieder ohne Nord Stream 2 auszusprechen.

Biden und Scholz "versuchten am Montag im Weißen Haus, eine gemeinsame Front zu bilden, aber ein wichtiger Streitpunkt schien trotz ihrer Einheitsbekundungen bestehen zu bleiben: die Zukunft der Nord-Stream-2-Gaspipeline", analysierte der US-Sender CNN. In einer Überschrift der konservativen Zeitung "Washington Examiner" hieß es: "Biden und der deutsche Kanzler zeigen trotz Differenzen Einigkeit gegen Russland". Über diese "Differenzen" schrieb das Blatt, anders als Biden habe Scholz das Ende von Nord Stream 2 im Fall einer Eskalation durch Russland nicht direkt zugesagt.

Der Top-Republikaner im US-Senat, Mitch McConnell, hätte sich ein klares Wort von Scholz zu Nord Stream 2 gewünscht. "Es wäre eine mächtige Demonstration deutscher Führungsstärke, wenn Bundeskanzler Scholz klar und deutlich erklären würde, dass die russische Eskalation in Europa zu einer Beendigung - einer Beendigung - von Nord Stream 2 führen wird", sagte McConnell bei einer Rede im Senat während des Scholz-Besuchs.

 

Macron und Baerbock in Kiew

Kiew (dpa) - Angesichts der anhaltend hohen Spannungen im Ukraine-Konflikt dringen internationale Staats- und Regierungschefs auf eine diplomatische Lösung der Krise. Nach einem langen Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin forderte der französische Staatschef Emmanuel Macron bei einem Treffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj am Dienstag eine Umsetzung des Minsker Friedensplans.

Außenministerin Annalena Baerbock zeigte sich bei einem Frontbesuch in der Ostukraine bestürzt über das Gesehene. Am Abend traf Macron in Berlin mit Bundeskanzler Olaf Scholz zusammen, der wiederum kurz zuvor aus den USA zurückgekehrt war.

Ein Durchbruch blieb bei Macrons Gespräch mit Selenskyj - wie schon zuvor mit Putin - aus. Für kommenden Donnerstag kündigte der französische Präsident ein weiteres Gespräch mit Vertretern Russlands und der Ukraine auf Beraterebene in Berlin an. Frankreich und Deutschland vermitteln seit Jahren im sogenannten Normandie-Format in dem Konflikt.

 

Steinmeier vor Wiederwahl

Berlin (dpa) - In Deutschland wird am Sonntag das Staatsoberhaupt neu gewählt. Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier ist eine breite Mehrheit unter den Wahlmännern und -frauen in der Bundesversammlung sicher. Der frühere Außenminister und sozialdemokratische Politiker ist seit 2017 im Amt. Der Bundespräsident kann in Deutschland einmal wiedergewählt werden. Die Bundesversammlung, die nur zur Präsidentenwahl zusammenkommt, setzt sich aus den 736 Abgeordneten des Bundestages und ebenso vielen Vertretern der 16 Bundesländer zusammen. Unter ihnen sind nicht nur Politiker, sondern auch Prominente aus Sport und Kultur.

Steinmeier wird von den drei Parteien der „Ampel“-Koalition unterstützt, aber auch von der oppositionellen CDU/CSU. Die Linke hat den Arzt und Armutsforscher Gerhard Trabert aufgestellt, die rechtspopulistische AfD den als „Crash-Propheten“ bekannten Ökonomen Max Otte - pikanterweise ein CDU-Mitglied. Gegen ihn wurde daraufhin ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet. Die Freien Wähler (FW) nominierten die Brandenburger Kommunalpolitikerin Stefanie Gebauer. Alle drei sind chancenlos.

Der Bundespräsident hat in Deutschland wenig politische Macht. Als Staatsoberhaupt repräsentiert er das Land nach innen und außen und kann in Zeiten politischer Zerrissenheit integrierend wirken und Orientierung geben.

Es gilt als Steinmeiers Verdienst, nach der Bundestagswahl 2017 seine eigene Partei, die SPD, dazu gebracht zu haben, noch einmal mit den Christdemokraten der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu regieren. Nachdem zuvor die Sondierungen für ein schwarz-gelb-grünes Bündnis aus CDU/CSU, FDP und Grünen („Jamaika“) gescheitert waren, drohte politische Instabilität in Europas größter Volkswirtschaft.


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