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Feinfühliges Buenos Aires

Die Sigmund-Freud-Woche der Österreichischen Botschaft

Von Wim van Geenen

Freud
Vollbart, runde Brille, strenge Miene: Sigmund Freud, der Vater der Psychoanalyse. (Foto: dpa)

Buenos Aires (AT) - Nirgendwo auf der Welt gibt es im Verhältnis zur Einwohnerzahl so viele Psychotherapeuten wie in Buenos Aires. Nicht zuletzt deshalb wird die Gegend um die Plaza Güemes im Stadtteil Palermo in Anlehnung an Sigmund Freud auch „Villa Freud“ genannt. Die enge Verbindung der argentinischen Hauptstadt zum Vater der Psychoanalyse nahm die Österreichische Botschaft in Buenos Aires vergangene Woche zum Anlass, sich mit einer Veranstaltungsreihe auf Sigmund Freuds Spuren in Argentinien zu begeben.

Eröffnet wurde die Freud-Woche am vergangenen Montag mit der Online-Veranstaltung „Buenos Aires: Illusion der europäischen Einwanderer und bevorzugtes Ziel für Psychoanalytiker“. Nach einer Begrüßung durch den Österreichischen Botschafter in Argentinien, Christoph Meran, führten die österreichisch-argentinische Psychologin Mercedes Dietrichstein sowie die argentinische Psychiaterin und Psychoanalystin Patricia O’Donnel ins Thema ein. Freuds besondere Leistung läge darin, die überaus wichtige Rolle des Unterbewusstseins für die Menschen erkannt zu haben, so die Grundaussage des Vortrags. Obwohl Freud bereits zu Lebzeiten viel Kritik erfahren hätte, basiere jede spätere Psychoanalyse auf seinem Werk.

Die Psychoanalyse, so die Wissenschaftlerinnen weiter, sei zudem ein wichtiger Teil der engen kulturellen Verbindung zwischen Europa und Argentinien. Im Kontext der europäischen Einwanderung nach Argentinien und der Kunstgeschichte des vergangenen Jahrhunderts konzentrierte sich der Vortrag insbesondere auf die Entwicklung der Psychoanalyse in Argentinien: Die Verbreitung derselben sei ein komplexer Prozess gewesen, sie hätte mit der Zeit jedoch immer mehr Anhänger gefunden. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts hätte Argentinien dann mehrere Pioniere der Psychoanalyse hervorgebracht. Die Verbindung nach Österreich und Europa blieb dabei bestehen: Größen des Fachs wie Marie Langer, Heinreich Racker oder Ángel Garma begannen ihre Karriere in Europa, teils in Wien, und siedelten später nach Buenos Aires über.

Am Donnerstag vergangener Woche folgte dann die Lesung „Liebesbriefe zwischen Sigmund und Martha“. Die Schauspieler Ingrid Pelicori und Carlos Santamaría lasen dabei ausgewählte Briefe zwischen Freud und seiner Ehefrau Martha. Beide sind aus zahlreichen Theater-, Kino- und TV-Produktionen bekannt. Ebenfalls eingeladen war der Autor und Dramaturg Lázaro Droznes, der erst kürzlich einen historischen Roman über Sigmund Freud und seine Beziehung zu den fünf wichtigsten Frauen in seinem Leben veröffentlichte. Die per Videokonferenz abgehaltene Lesung ermöglichte den über 250 Zuschauern intime Einblicke in das Beziehungsleben von Sigmund und Martha Freud.

Eröffnet wurde die Veranstaltung ebenfalls vom österreichischen Botschafter Christoph Meran, welcher in einem Grußwort die Bedeutung Freuds als Schnittstelle zwischen Österreich und Argentinien hervorhob. Für Christoph Meran war die Lesung die letzte kulturelle Veranstaltung als Botschafter Österreichs in Argentinien - er wird demnächst nach Portugal entsandt.

Der 1856 im heutigen Tschechien (damals Kaisertum Österreich) geborene Sigmund Freud gilt als Gründungsvater der Psychoanalyse und als einer der wichtigsten Denker des 20. Jahrhunderts. Den größten Teil seines Lebens verbrachte er in Wien, von wo aus er 1938 im Zuge des „Anschlusses“ Österreichs nach England auswandern musste. 1939, nur ein Jahr später, verstarb er in London.

Buenos Aires gilt neben New York und Berlin als eine der Welthauptstädte der Psychoanalyse. Das Thema und sein Einfluss auf die argentinische Kunst wurden zuletzt von der Ausstellung „Terapia“ im Museum für Lateinamerikanische Kunst in Buenos Aires (MALBA) aufgegriffen.

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