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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Erster Schritt zur Unabhängigkeit

Der wirtschaftliche Hintergrund des 25. Mai 1810

Von Juan E. Alemann

Mairevolution
Ölgemälde von Francisco Fortuny zur Mairevolution in Buenos Aires.

Buenos Aires (AT) - Argentinien ist das einzige Land in der ganzen Welt, das zwei Nationalfeiertage hat: Den 25. Mai und den 9. Juli, wobei streng genommen nur der zweite gilt. Denn die Unabhängigkeitserklärung von 25. Mai 1810 war ein lokales Ereignis, das sich auf die Stadt und eventuell einen Teil der Provinz Buenos Aires beschränkte. Es war im Wesen nur der erster Schritt zur Schaffung eines unabhängigen Staates, ohne den jedoch der zweite vom 9. Juli 1816 wohl nicht geschehen wäre oder eventuell viel später.

Die formelle Ursache des 25. Mai 1810 war die Tatsache, dass Spanien von Napoleon besetzt worden war, und der König Fernando VII. festgenommen und nach Frankreich gebracht wurde, wo ihn Napoleon recht gut behandelte, aber politisch lahmlegte. Er war nicht mehr König, und das führte dazu, dass die Vizekönige in Lateinamerika kein echtes Mandat mehr hatten. Die Mairevolution war zunächst eine Treueerklärung zu König Fernando, wobei man die französische Autorität nicht anerkannte. Erst nach und nach kam der Gedanke der Unabhängigkeit auf, die am 25. Mai erklärt wurde, aber auch nur begrenzt. Die Schaffung des Staates Argentinien kam erst am 9. Juli 1816.

Doch die Revolution hatte eine tiefere wirtschaftliche Ursache. Die spanische Regierung hatte verfügt, dass der Handel zwischen Spanien und Argentinien über Peru erfolgte und der direkte Handel mit Großbritannien über Buenos Aires verboten war. Die spanische Ware musste somit zunächst nach Panama gebracht und dann auf dem Landweg in Karren zum Pazifischen Ozean gebracht werden, dann vor dort per Schiff bis zum Hafen von Callao in Peru und von dort musste sie wieder mit Karren den langen Weg bis Buenos Aires befördert werden. Dabei verteuerte sich die Ware dermaßen, dass kaum welche nach Buenos Aires gelangte, weil sie zu einem kostendeckenden Preis nicht verkauft werden konnte.

Die „Porteños“, also Einwohner von Buenos Aires, hatten inzwischen das Problem auf ihre Weise gelöst, nämlich mit Schmuggel, der gut organisiert war und von den Behörden stillschweigend geduldet wurde. Beiläufig wurden auf diese Weise zunehmend lokale Produkte exportiert, an erster Stelle Rinderhäute. Der damalige Vizekönig Cisneros musste dabei mit dem Konflikt fertig werden, der zwischen den Kaufleuten bestand, die teure spanische Ware verkauften, und den Schmugglern, die billige (und meistens bessere) englische anboten. Daraufhin hat Cisneros im Jahr 1809 eine provisorische Ordnung in Kraft gesetzt, die dem spanischen Monopol ein Ende setzte und den Handel mit Großbritannien legalisierte. Der Historiker Pacho O’Donnell berichtet, dass dies sofort dazu führte, dass 31 britische Schiffe vor Buenos Aires (das noch keinen Hafen hatte) vor Anker lagen und ihre Ware an Land brachten.

Die Preise der britischen Ware, die direkt importiert wurden, lagen unter der Hälfte gleicher spanischer Waren, die über Peru kamen. Das bezog sich besonders auf Stoffe und Bekleidungsstücke, aber auch auf ein weitgefächertes Warensortiment. Bei der Mairevolution ging es auch darum, diesen Handel mit Großbritannien und anderen Ländern zu erhalten. Beiläufig sei bemerkt, dass der Vater von Manuel Belgrano Kaufmann war, und Mariano Moreno als Anwalt britische Interessen verteidigte und dann auch für die Landwirte eintrat, die am Export ohne Hemmungen interessiert waren. Beide, und auch Castelli, Vetter von Belgrano, waren maßgeblich an der Mairevolution beteiligt.

O’Donnell berichtet auch, dass am 25. Mai 1810 das britische Kriegsschiff HMS Mutine vor Buenos Aires stationiert war, und am gleichen Tag, als der Kapitän die Nachricht über die Unabhängigkeitserklärung erhielt, dies mit Kanonenschüssen feierte.

Die Revolution brachte Argentinien freien Handel und wirtschaftlichen Fortschritt. Großbritannien war zwar vorher mit der zweifachen Invasion von Buenos Aires gescheitert, hatte jedoch mit der Revolution den Weg zu einer intensiven wirtschaftlichen Beziehung eingeleitet, die ab 1880 zu hohen Investitionen in Eisenbahnen, dem Hafen von Buenos Aires, Schlachthäusern und vielen anderen Objekten führte. Spanien war damals wirtschaftlich zurückgeblieben, und wurde in Argentinien von Großbritannien verdrängt, das damals der erste Industriestaat der Welt war.

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