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Erster Schlagabtausch

Bundestag debattiert über Politik der Ampel-Regierung

Olaf Scholz
Olaf Scholz gibt seine erste Regierungserklärung als Bundeskanzler ab. (Foto: dpa)

Berlin (dpa) - Eine Woche nach dem Start der Ampel-Koalition in Deutschland haben sich Regierung und Opposition einen ersten Schlagabtausch über die Politik der kommenden vier Jahr geliefert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versprach am Mittwoch in seiner ersten Regierungserklärung im Bundestag eine Politik des Fortschritts und des Respekts sowie ein Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen. CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) als Oppositionsführer bot der Ampel Zusammenarbeit in wichtigen Fragen wie der Corona-Bekämpfung oder bei der Sicherung des Rentensystems an. Zugleich warf er ihr vor, in zahlreichen Bereichen die Weichen falsch zu stellen.

Ein zentrales Thema der Regierungserklärung war der Kampf gegen die Corona-Pandemie. Scholz kündigte an: "Wir werden alles tun, was notwendig ist, es gibt da für die Bundesregierung keine roten Linien." Die Regierung werde jeden nur möglichen Hebel bewegen, "bis wir alle unser früheres Leben und alle unsere Freiheiten zurückbekommen haben". Zugleich machte er Mut: "Ja, es wird wieder besser, ja, wir werden den Kampf gegen diese Pandemie mit der größten Entschlossenheit führen, und ja, wir werden diesen Kampf gewinnen."

Scholz rief erneut alle Bürger auf, sich impfen zu lassen. Er dankte denen, die durch Impfen und Einhalten der Regeln dazu beitragen, die Pandemie zu bekämpfen und den Zusammenhalt der Gesellschaft zu ermöglichen. An ihrer Seite werde die neue Regierung stehen. Es gebe aber auch Wirklichkeitsverleugnung, absurde Verschwörungsgeschichten, mutwillige Desinformation und gewaltbereiten Extremismus.

"Eine kleine, extremistische Minderheit in unserem Land hat sich von unserer Gesellschaft, unserer Demokratie, unserem Gemeinwesen und unserem Staat abgewandt", sagte Scholz. Die Bundesregierung habe Respekt vor ernst gemeinten Einwänden, höre zu und suche die Debatte. "Aber genauso klar ist: Wir werden es uns nicht gefallen lassen, dass eine winzige Minderheit von enthemmten Extremisten versucht, unserer gesamten Gesellschaft ihren Willen aufzuzwingen."

Der Bundeskanzler kündigte an, die nächsten 20 Jahre würden Jahre der Erneuerung. Die rot-grün-gelbe Regierung sei eine Regierung des Fortschritts - technisch, sozial, gesellschaftlich und kulturell. Viele fragten sich, ob das alles gut gehen werde, sagte Scholz und versicherte: "Wir werden neue Sicherheiten durch Wandel schaffen und für Sicherheit im Wandel sorgen." Es brauche klugen Fortschritt. "Diesen Weg des Fortschritts, der Erneuerung und Transformation wird die neue Bundesregierung auf allen Ebenen konsequent einschlagen."

Scholz erläuterte die zentralen Punkte des Koalitionsvertrags der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Er versprach unter anderem, mehr und günstigen Wohnraum in Deutschland zu schaffen, den Mindestlohn auf zwölf Euro zu erhöhen und eine Verkehrswende mit einem Ausbau des Schienenverkehrs auf den Weg zu bringen.

Oppositionsführer Ralph Brinkhaus (CDU) wünschte Scholz "alles Gute und Gottes Segen" für seine Aufgabe, kritisierte zahlreiche Vorhaben der neuen Regierung dann aber scharf. So machten ihm die Vorhaben der Koalition in der Migrationsfrage persönlich Angst: "Sie wollen offenere Grenzen haben, Sie wollen einen schnelleren Zugang zum Sozialsystem, Sie wollen einen besseren Zugang zum Gesundheitssystem und Sie wollen vor allem durch einen Spurwechsel illegale Migration schneller legalisieren. Ich halte das für eine gefährliche Mischung."

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel warf der Ampel einen "lärmenden Fehlstart" und Kanzler Scholz eine Spaltung der Gesellschaft vor. Die neue Koalition gehe von der ersten Minute an auf Konfrontationskurs "mit der Realität, mit der Freiheit, mit den Bürgerrechten, mit den Bürgern und mit den europäischen Nachbarn und Partnern".

Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Amira Mohamed Ali, verlangte eine sofortige Prämie von 10.000 Euro für alle Pflegekräfte. Die Regierung habe einen Pflege-Bonus versprochen, wolle diesen aber erst im nächsten Jahr zahlen.

 

Milliarden-Nachtragshaushalt

Berlin (dpa) - Die neue deutsche Regierung bereitet einen Nachtragshaushalt im Umfang von 60 Milliarden Euro vor. Finanzminister Christian Lindner (FDP) verteidigte die dafür geplanten Umschichtungen gegen scharfe Kritik. "Mitnichten geht es darum, allgemeine Projekte der Ampel-Koalition zu finanzieren", betonte Lindner gestern bei der ersten Lesung im Bundestag. Er gebe stattdessen die klare Zusage, dass das Geld nur verwendet werde, um Folgeschäden der Corona-Pandemie abzufedern.

Durch die Krise seien zuletzt viele Investitionen nicht möglich gewesen, die jetzt dringend nachgeholt werden müssten. "Wir dürfen durch die Pandemie nicht auch noch Zeit bei der Transformation verlieren", sagte Lindner. Der Finanzminister plant deshalb, 60 Milliarden Euro an Krediten im Haushalt 2021 so umzuschichten, dass sie zum Jahresende nicht verfallen, sondern in den kommenden Jahren weiter genutzt werden können.

 

Inhaftierte Journalisten

Berlin (dpa) - Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) hat weltweit noch nie so viele inhaftierte Journalisten gezählt wie in diesem Jahr. Hauptverantwortliche für den Anstieg seien die Regierungen in Belarus, Myanmar und China.

Mit Stand zum 1. Dezember saßen laut RSF insgesamt 488 Medienschaffende im Gefängnis, nur weil sie ihre Arbeit getan haben. Das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 20 Prozent, wie die Reporter-Organisation in ihrer Jahresbilanz der Pressefreiheit vom gestrigen Donnerstag schreibt. 428 Männer und 60 Frauen aus der Medienbranche seien eingesperrt.

"Dieser außergewöhnliche Anstieg willkürlicher Inhaftierungen ist hauptsächlich auf drei Länder zurückzuführen, deren Regierungen dem Wunsch ihrer Bürger nach Demokratie gleichgültig gegenüberstehen", schreiben die Autoren der Studie. In Myanmar, wo das Militär am 1. Februar 2021 durch einen Putsch die Macht zurückerobert habe, säßen aktuell 53 Journalisten im Gefängnis. Vor einem Jahr waren es noch 2 gewesen.

In Belarus, wo Präsident Alexander Lukaschenko im August 2020 seine umstrittene Wiederwahl erreichte, sitzen nun 32 Journalisten hinter Gittern, 7 waren es vor einem Jahr. Auch die zunehmende Kontrolle Chinas über Hongkong habe zu einer Verschärfung der Lage geführt: Dort sei das nationale Sicherheitsgesetz als Vorwand für die Inhaftierung von derzeit mindestens 10 Journalisten genutzt worden. Zuvor sei Hongkong durch seinen Sonderstatus noch ein regionales Vorbild für die Achtung der Pressefreiheit gewesen.

Der Frauenanteil unter den inhaftierten Medienschaffenden hat sich laut RSF seit 2017 fast verdoppelt. Waren es damals noch rund 6,6 Prozent, sind es inzwischen 12,30 Prozent.



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