G20-Gipfel verurteilt russischen Angriffskrieg
Nusa Dua (dpa/mc) - Die G20-Gruppe führender Industrie- und Schwellenländer hat bei ihrem Gipfel auf Bali trotz großer Meinungsunterschiede zum Ukraine-Krieg eine gemeinsame Abschlusserklärung angenommen. Das Papier wurde am Mittwoch auf der indonesischen Ferieninsel offiziell verabschiedet. In der Erklärung verurteilte die große Mehrheit der Staats- und Regierungschefs der G20 den seit mehr als acht Monaten dauernden russischen Angriffskrieg aufs Schärfste. Russlands abweichende Haltung wurde darin ebenfalls zu Protokoll genommen.
Moskau war beim Gipfel nur mit der zweiten Reihe vertreten. Präsident Wladimir Putin verzichtete von vornherein auf den Flug nach Bali, sondern ließ sich von Außenminister Sergej Lawrow vertreten. Lawrow verließ den Gipfel aber schon am Dienstag vorzeitig - viele Stunden, bevor die Erklärung verabschiedet wurde. Vor dem Gipfel war unsicher gewesen, ob ein gemeinsames Abschlusspapier geben würde. Seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine ist die G20-Runde gespalten.
In ihrer Erklärung nehmen die Staaten nun Bezug auf eine Resolution der Vereinten Nationen, mit der Russland aufgefordert wird, die Kriegshandlungen einzustellen und seine Truppen aus der Ukraine sofort abzuziehen. "Die meisten Mitglieder verurteilten den Krieg in der Ukraine aufs Schärfste", heißt es dann. Er verstärke die Probleme der Weltwirtschaft, schwäche das Wachstum und lasse die Inflation steigen. Russlands Position wird mit dem Satz gegenüber gestellt: "Es gab andere Auffassungen und unterschiedliche Bewertungen der Lage."
Auffällig ist, dass der russische Angriff klar als Krieg bezeichnet wird - und nicht, wie von Putin vorgegeben, als "militärische Spezialoperation". Deutliche Worte finden die Staats- und Regierungschefs auch zum Thema Atomwaffen. "Der Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen ist unzulässig." Zuletzt hatte die völkerrechtswidrige Annexion von vier besetzten ukrainischen Gebieten Sorgen geschürt, dass Putin Atomwaffen einsetzen könnte.
Keine großen Erfolge konnte der Westen hingegen in Fragen der Energiesicherheit erzielen, die vor allem in Europa durch die drastisch gesunkenen Lieferungen von Öl und Gas aus Russland gefährdet ist.
Die G20 äußern sich zudem "tief besorgt" über die globale Ernährungskrise und setzen sich für die Fortsetzung des Abkommens über den Export von ukrainischem Getreide ein. Ihre Bemühungen im Klimaschutz wollen sie verstärken - die G20-Staaten sind selbst für 80 Prozent der Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich.
Bundeskanzler Olaf Scholz wertete den Gipfel als Erfolg: "Hier in Indonesien hat ein außerordentlicher G20-Gipfel stattgefunden", sagte der SPD-Politiker am Mittwoch nach Abschluss der Tagung auf der indonesischen Insel Bali. "Dass es hier Verständigungen gegeben hat, die weit über das hinausreichen, was zu erwarten war, das bleibt der Erfolg dieses Gipfels."
Enttäuscht zeigten sich Entwicklungsorganisationen über den Ausgang des Gipfels. Die G20-Führer hätten keine konkreten Schritte im Kampf gegen Armut, Hunger und Klimawandel ergriffen, wurde nach dem Ende des Gipfel kritisiert. "Mitten in der Krise der Schulden, Sparpolitik und Ungleichheit hätten wir weit mehr von den größten Volkswirtschaften der Welt erwartet", sagte Jörn Kalinski von Oxfam.
Bereits kurz vor dem Gipfel hatten sich US-Präsident Joe Biden und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in Bali getroffen. Dabei verurteilten beide die russischen Drohungen mit dem Einsatz von Atomwaffen in der Ukraine. Beide Seiten stimmten auch überein, dass „ein Atomkrieg niemals geführt werden sollte“, so das Weiße Haus.
Der G20-Gruppe gehören neben der EU Deutschland, Argentinien, Australien, Brasilien, China, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, Türkei und die USA an. Der Vorsitz der G20 geht nun von Indonesien auf Indien über.
Raketeneinschlag in Polen
Kiew/Warschau (dpa/mc) - Nach dem Einschlag einer Rakete auf polnischem Staatsgebiet dauert die Untersuchung des Vorfalls an. Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge können Experten seines Landes an den Ermittlungen teilnehmen. Polens Präsident Andrzej Duda äußerte sich nicht explizit dazu.
Polen, die Nato und die USA gehen davon aus, dass eine ukrainische Rakete des Flugabwehrsystems S-300 am Dienstag einen russischen Marschflugkörper verfehlte und das polnische Dorf Przewodow traf. Die US-Regierung sieht die Verantwortung für den tödlichen Raketeneinschlag in Polen aber letztlich bei Russland. "Die Welt weiß, dass Russland letztlich die Verantwortung für diesen Vorfall trägt", sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin.
Selenskyj meinte: "Solange die Untersuchung nicht abgeschlossen ist, können wir nicht mit Sicherheit sagen, welche Raketen oder deren Teile auf polnisches Hoheitsgebiet gefallen sind." Aus Polen sei die Bestätigung gekommen, dass ukrainische Fachleute an der Untersuchung teilnehmen dürften.
Die WM in Katar startet
Doha (dpa/mc) - Auf einer der glitzernden Fassaden begrüßt das überlebensgroße Abbild von Manuel Neuer die WM-Fahrer. Die Macher der höchst umstrittenen Fußball-Weltmeisterschaft in Katar werben mit dem Kapitän der deutschen Nationalmannschaft und anderen Stars mitten in Doha. Nach jahrelangen Diskussionen über Korruption und Menschenrechte wird das Turnier mit der Partie des Gastgebers gegen Ecuador am Sonntag (13 Uhr) geräuschvoll eröffnet. Die Begeisterung insbesondere in Deutschland scheint jetzt, wo es so weit ist und auch Bundestrainer Hansi Flick mit seiner DFB-Auswahl am Golf angekommen ist, auf einem Tiefpunkt.
In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur gaben nur vier Prozent der Befragten an, es richtig zu finden, dass die Endrunde in dem Emirat ausgerichtet wird. In Katar wird ein anderes Bild vermittelt. Bunte Bilder und Videos von feiernden Menschen mit Fan-Requisiten etlicher WM-Teilnehmer gingen in den vergangenen Tagen um die Welt.
FIFA-Präsident Gianni Infantino hat längst «die beste WM aller Zeiten» versprochen. Wie immer. Selbst die Eröffnungsfeier wird bereits angepriesen. «Zum ersten Mal» werde es nicht nur jemand sein, der vor dem Anpfiff singt, zitiert die Nachrichtenagentur AP einen der Kreativen hinter den 30 Minuten Show im Al-Bait Stadion, in die Katar ordentlich investiert habe. Das passt zum großen Schein dieser WM, hinter den Kulissen des streng islamischen Landes wird dem Vernehmen nach weiter über Bierpreise gestritten. Wie Kultur und Gesetzeslage am Golf mit Tausenden Fans aus aller Welt zusammenpassen, werden die ersten WM-Tage zeigen.
Die argentinische Mannschaft steigt am Dienstag (7 Uhr) gegen Saudi-Arabien in das Turnier ein. Deutschland spielt am Mittwoch gegen Japan (10 Uhr). Am Donnerstag (7 Uhr) spielt die Schweiz ihre Auftaktpartie gegen Kamerun.
Kommentare