Von Juan E. Alemann
Vizewirtschaftsminister Gabriel Rubinstein, der einen entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung der Wirtschaftspolitik hat, hat das Ziel der gegenwärtigen Wirtschaftspolitik in einem Twitter-Interview mit der Zeitschrift Newsweek klar ausgedrückt: „Es wird einige Zeit beanspruchen, aber wir arbeiten heute, um geordnete makroökonomische Zustände zu schaffen, mit einem primären Überschuss bei den Staatsfinanzen und einem einheitlichen Wechselkurs, ohne Verbote („cepos“) noch Kursdifferenzen zwischen offiziellem und freiem Wechselkurs. Die Vereinheitlichung des Wechselkurses garantiert uns einen (real) hohen Wechselkurs. Geringere Staatsausgaben bedeuten, dass weniger konsumiert und importiert wird“.
Rubinstein hat offensichtlich sehr klare Vorstellungen über das Ziel, das er, also die Regierung, erreichen will. Massa, der mehr politisch denkt, dürfte sich den Vorstellungen von Rubinstein grundsätzlich anschließen. Das kommt auch bei seinen Gesprächen mit Unternehmern zum Ausdruck, die freundlich und offen sind. Die Frage ist, ob und wieweit sich Massa und Rubinstein bewusst sind, was dieses Ziel beinhaltet.
In der Praxis geht es an erster Stelle, aber gewiss nicht nur, um eine starke Senkung der Staatsausgaben. Sparmaßnahmen erfolgen unter Massa kontinuierlich, aber gleichzeitig werden Ausgaben erhöht und neue geschaffen. Die Politik funkt immer dazwischen. Die finanziellen Zuwendungen an die Provinzen, die außerhalb der automatischen Beteiligung an den Bundessteuern erfolgt, wurden im November real um 43% gegenüber dem Vorjahr verringert. Das zwingt die Provinzen, weniger auszugeben. Am letzten Samstag wurde bekanntgegeben, dass die operativen Ausgaben der Streitkräfte laut Staatshaushalt für 2023 nominell nur um 47% erhöht werden, was eine reale Verringerung von über 40% darstellt. In der Tat kann bei der Ausstattung der Streitkräfte mit Panzern, Schiffen, Flugzeugen u.s.w. viel gespart werden.
Präsident Fernández äußerte sich gegen den Kauf von Ultraschallflugzeugen, die er der Luftwaffe ursprünglich versprochen hatte. In der Tat haben diese Flugzeuge für Argentinien keinen Sinn, ebenso wie es die französischen Mirage nicht hatten, die 1976 gekauft wurden, die damals das Beste vom Besten darstellten und u$s 25 Mio. kosteten. Argentinien braucht nur Flugzeuge für Überwachung des Flugverkehrs der Drogenhändler und ähnliche Zwecke. Ein Krieg mit unseren Nachbarn kommt zum Glück nicht in Frage, und wenn so etwas geschehe, dann ist Argentinien auf die Hilfe der USA angewiesen. Schade, dass jedoch kurz vor dieser richtigen Entscheidung, die falsche getroffen wurde, ein neues Flugzeug für die Reisen des Präsidenten für u$s 22 Mio. zu kaufen. Das hätte man sich sparen können, und es wäre auch ein Signal der Austerität, wenn der Präsident Linienflüge verwendet, wie es viele Regierungen tun, u.a die finnische.
Bei der Ausstattung der Streitkräfte sei auch darauf hingewiesen, dass Unterseeboote gewiss nicht notwendig sind. Das wegen mangelnder Instandhaltung untergegangene U-Boot, mit dem tragischen Tod der ganzen Belegschaft, sollte nicht durch ein neues U-Boot ersetzt werden. Argentinien braucht diese sehr teuren U-Boote nicht, sondern nur schnelle Kriegsschiffe für die Kontrolle des illegalen Fischfangs, von denen Macri vier gekauft hat. Was noch fehlt, ist der systematische Einsatz, um zu verhindern, dass chinesische Schiffe auf argentinischem Meeresgrund fischen.
Die Sozialausgaben sind ein Kapitel für sich. Das Programm „Arbeit fördern „ (potenciar trabajo) weist bis zum 6. Dezember Ausgaben von $ 410 Mrd. aus, 124%über der gleichen Vorjahresperiode, also weit über der Inflation.
Die Sozialausgaben sind ein Kapitel für sich. Das Programm „Arbeit fördern „ (potenciar trabajo) weist bis zum 6. Dezember Ausgaben von $ 410 Mrd. aus, 124%über der gleichen Vorjahresperiode, also weit über der Inflation. Die verschiedenen Nahrungsmittelprogramme (Plan AlimentAR und direkte Lebensmittelzufuhr für Essanstalten) haben in 11 Monaten 2022 $ 352 Mrd. gekostet, 54% mehr als im Vorjahr, so dass eine reale Verringerung eingetreten ist. Es wäre vom sozialen Standpunkt besser gewesen, wenn der Akzent auf die Nahrungsmittelversorgung gesetzt worden wäre und nicht auf die direkten Subventionen, die die Schwarzarbeit fördern, weil sie bei legaler Arbeit verloren gehen.
Was noch nicht unternommen wurde, ist eine gründliche Prüfung der Staatsinvestitionen in öffentliche Bauten u.a Objekte. Der Betrag, der dafür aufgewendet wird, kann stark gesenkt werden, bei gleichzeitiger Zunahme der Wirkung dieser Investitionen auf die Wirtschaft. Die einzelnen Vorhaben müssen zunächst technisch gründlich geprüft werden, dann müssen Prioritäten festgesetzt werden, und schließlich müsste es in jedem Fall ein Programm für die Durchführung geben, das auf einem sogenannten PERT fußt, der bestimmt, was jeweils getan werden muss, damit der Bau unbehindert weitergeht und in der kürzest möglicher Frist erfolgt. Doch all dies geschieht nicht. Es werden immer, aus politischen Gründen und Schlamperei, zu viele Projekte gleichzeitig in Angriff genommen. Bei zwei Bauprojekten, die in vier Jahren gebaut werden, ist es vernünftiger, sich auf eines zu konzentrieren, so dass es in 2 Jahren fertig ist, und danach das andere in Angriff zu nehmen. Denn dann wirkt das erste Projekt schon auf die Wirtschaft. Die Sparpolitik ist eng mit Rationalität verknüpft.
Theoretisch ist die Anwendung der Methodologie des „Nullbudgets“ die beste Methode, um Staatsausgaben allgemein rationell zu senken. Das stellt jedoch schwierige Probleme und hat keine unmittelbare Wirkung. Aber auf alle Fälle sollte das Budget nicht einfach eine Wiederholung des vorangehenden sein, eventuell mit kleinen Korrekturen. Denn dann werden unnötige Ausgaben beibehalten. Man muss sich bei jedem Ausgabenposten fragen, ob und wie weit er notwendig ist, und dementsprechend handeln. Rubinstein und seine Mannschaft müssen viel tiefer eingreifen, um die Staatsausgaben im notwendigen Ausmaß zu senken.
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