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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Eine kurzfristige Wirtschaftspolitik ohne Horizont

Von Juan E. Alemann

Die Regierung hat in letzter Zeit den kurzfristigen Charakter ihrer Wirtschaftspolitik betont, und dabei die echten Probleme hinausgeschoben. Das Entlassungsverbot und die doppelte Entschädigung wurden verlängert, ebenso die Mieteneinfrierung und das Räumungsverbot. Die Tarife öffentlicher Dienste verbleiben zunächst auf dem gegenwärtigen Stand, und es wird eine mäßige Noterhöhung in Aussicht gestellt. Die Brennstoffpreise, die ab 1. März erhöht werden sollen, werden jetzt erst am 15. März erhöht. Für das Kabelfernsehen wurde nur eine Tariferhöhung von 5% statt der vorgesehenen 20% zugelassen. Die indexierten Hypothekarkredite, deren Quoten eingefroren wurden, werden jetzt mit einer Erhöhung gezahlt, die nicht entfernt der Indexierung entspricht, wobei die Quote 35% des Einkommens des Schuldners nicht übersteigen darf. Das Grundproblem wird dabei nicht gelöst. Den Weizenmühlen werden jetzt subventionierte Bankkredite zur Verfügung gestellt (der Banco Nación, der BAPRO und auch von privaten Banken), die vom staatlichen Garantiefonds Fogar gesichert werden, damit sie den Weizen, den sie für die nächsten Monate benötigen, sofort kaufen können, ohne Überpreise zu bezahlen. Dabei müssen sie sich verpflichten, den Mehlpreis für die Bäckereien nicht zu erhöhen. Ebenfalls wurde mit den Schlachthöfen die Lieferung von zehn Fleischschnitten zu verbilligten Preisen (angeblich bis zu 30% unter den Dezemberpreisen) an die Metzger vereinbart. Die Zentralbank erteilt die Genehmigung für Importzahlungen nur tropfenweise, um die spärlichen effektiven Reserven zu hüten und den Wechselkurs weiter verwalten zu können. Dabei entstehen überall Knappheitserscheinungen, die zur Unterbrechung von Produktionsprozessen führen. Bei fertigen Gütern werden kaum noch Genehmigungen erteilt. Die Devisenbewirtschaftung ist so streng wie kaum je zuvor geworden, wird dabei jedoch sehr irrational verwaltet, ohne Kriterien, die den Unternehmern eine normale Planung erlauben.

Es ist begreiflich, dass die Regierung eine explosive Lage in einem Wahljahr vermeiden will. Aber sie müsste gleichzeitig an einem langfristigen Konzept arbeiten, um die Aussicht zu geben, dass es nicht wie jetzt weitergeht, nämlich, dass bei Ablauf der Fristen für die Notmaßnahmen, diese einfach hinausgeschoben werden. Es ist jedoch unvermeidlich, dass der Übergang von Notmaßnahmen auf eine langfristig orientierte Wirtschaftspolitik traumatisch wird.

Beim gegenwärtigen Vorgehen der Regierung bemerkt man eine zunehmende direkte Intervention. Der deutsche Wirtschaftler Wilhelm Röpke prägte in der Nachkriegszeit den Unterschied zwischen einer “marktkonformen” und einer “nicht konformen” Intervention. Diese schafft die Notwendigkeit weiterer interventionistischer Maßnahmen, die konforme hingegen korrigiert nur bestimmte Aspekte der Entwicklung, die vom marktwirtschaftlichen Konzept abweichen. Wir stehen hier ganz klar vor einer nicht konformen Intervention. Das schlimme dabei ist, dass dies innerhalb der Regierungskoalition, besonders von Mitgliedern der Cámpora-Gruppe, positiv gesehen wird, nämlich als Weg zu einer kommunistischen Wirtschaftsordnung. Man sollte nicht vergessen, dass die Cámpora und auch viele andere Kirchneristen die Nachfolge der Montonero-Terroristen übernommen haben, die für einen Kommunismus nach jugoslawischem Vorbild eintraten, bei dem Großunternehmen und auch viele mittlere staatlich waren, und Kleinunternehmen prinzipiell privat, auch wenn sie einer strengen staatlichen Regulierung unterstellt waren. Präsident Alberto Fernández teilt dieses Konzept gewiss nicht, ist sich aber nicht im Klaren, dass er sich unmissverständlich für Privatunternehmen und Marktwirtschaft einsetzen muss, und der ideologischen Diskussion nicht ausweichen darf. Denn dann gewinnen die Camporisten, die zum linken Spektrum des Kirchnerismus gehören.

Die Haltung der Regierung, nur zu vermeiden, dass allerlei Probleme unmittelbar auftreten, schafft Ungewissheit, und diese wirkt paralysierend und hemmt Investitionen. Für die Unternehmer geht es nur darum, zu überleben, was bedeutet, dass Kostenverringerungen, Abbau der Belegschaften und Sicherung der bestehenden Geschäftstätigkeit in den Vordergrund rücken, und neue Initiativen, mit internen Reformen, Aufbau neuer Geschäfte, neuen Investitionsprojekten und einer Erhöhung der Belegschaft, bei Seite gelassen werden. Unter diesen Umständen kommt auch Auslandskapital nur in extremen Ausnahmefällen. Ohnehin wirkt die gespannte Zahlungsbilanzlage, und die Umschuldung, die mit dem IWF, dem Pariser Klub, einigen privaten Gläubigern und auch bei YPF bevorsteht, paralysierend.

Ein langfristiges Programm müsste mit vielen Mythen und Vorurteilen aufräumen, und auch die korporativen Strukturen auflösen oder sie entmächtigen. Das bezieht sich an erster Stelle auf die Gewerkschaften, die eine Modernisierung der Arbeitsgesetzgebung verhindern. Hier muss dem Ziel der Vollbeschäftigung absoluter Vorrang vor dem der Erhaltung des Reallohnes und dem Schutz der bestehenden Arbeitnehmer gegeben werden. Das System muss flexibel gestaltet werden, so dass Neuanstellungen nichts im Wege steht, und Entlassungen als normal betrachtet werden. Dann würde es voraussichtlich, wie in den USA u.a. Ländern, mehr Neuanstellungen als Entlassungen geben.

Ebenfalls müsste eine Änderung der relativen Preise in Kauf genommen werden, mit teureren öffentlichen Diensten und relativ höheren Preisen bei Produkten, die auch exportiert werden, deren Produktion gefördert werden muss, an erster Stelle Sojabohne. Der Reallohn und auch das reale Einkommen der Bevölkerung im allgemeinen, würden dadurch beeinträchtigt. Doch das muss als unvermeidliche Tatsache hingenommen werden. Sonst kommt diese Entwicklung ungeordnet auf uns zu, und das ist viel schlimmer. Man muss von einer unteren Stufe anfangen, die der gegenwärtigen Realität entspricht, um schließlich auf eine viel höhere zu gelangen.


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