Jim Knopf wird 60 - und heute als kontrovers gesehen
Stuttgart (dpa/cld) - Lummerland, Frau Waas, Besserwisser Ärmel: Die Geschichte fängt auf einer Insel mit zwei Bergen, einem Päckchen und einem Baby darin an und sie endet in einem Abenteuer. In diesem Jahr wird das Kinderbuch „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ 60 Jahre alt. Bekannt ist es wie eh und je: Die Geschichte um den kleinen Jungen und den Lokfahrer begleitet noch heute viele Heranwachsende und begeistert auch Jahre später Erwachsene.
Dabei war es zu Beginn nicht klar, ob das Werk überhaupt jemals erscheinen wird. Der Autor Michael Ende (1929-1995), ein Künstlersohn aus München, schrieb das Buch und hatte damals nicht mehr viel Geld, wie sich Literaturagent und Freund Roman Hocke erinnert. Sein erstes Buch um Jim Knopf musste sofort erfolgreich werden. Doch die Verlage, denen Ende das mehr als 500 Seiten starke Manuskript anbot, waren skeptisch: Diese Länge in einem Kinderbuch? Für viele sei das undenkbar gewesen.
Als Ende damals mit dem Schreiben angefangen hatte, wusste er nach eigenen Angaben nicht, wie der zweite Satz heißen und worauf das Ganze hinauslaufen wird.
Aber das hat der Geschichte nicht geschadet, denn sie wird nach dem Erscheinen gefeiert - Ende wird zum gefragten Autor. Das erste Jim-Knopf-Buch erhält 1961 den Deutschen Jugendliteraturpreis. Später wird es von der Augsburger Puppenkiste verfilmt und von einem großen Publikum im Fernsehen gesehen. Mittlerweile haben die beiden Bände eine Auflage von 5,5 Millionen Exemplaren und sind in 33 Sprachen übersetzt worden - darunter Arabisch, Estnisch und Hebräisch.
Auch in dem Buch werden viele verschiedene Ethnien thematisiert. Die damals als „Indianerjunge“ und „Eskimokind“ bezeichneten Personen stoßen heute teils auf Kritik: Eine Kita-Leiterin aus Hamburg kritisierte in einem Interview mit der „Zeit“, wie die Geschichte um den dunkelhäutigen Jim Knopf in vielen Kitas noch unkritisch gelesen werde. Sie sagte, dass die Geschichte viele Klischees reproduziere zum angeblich typischen Wesen und Äußeren von Schwarzen.
Verlegerin Bärbel Dorweiler hingegen meint, dass für den Verlag auch die Gesamtaussage des Kinderbuchs entscheidend sei: Mit der Befreiung einer „bunten Gruppe von Kindern unterschiedlichster Herkunft aus der Herrschaft des bösen Drachen“ werde eine Gegengeschichte zur nationalsozialistischen Rassenideologie aufgezeigt.
Hocke deutet Jim als typisches Kind mit Unklarheiten, Fragen und Abenteuerlust - unabhängig davon ob es schwarz ist. Liest man das Werk Endes noch in 60 Jahren? „Ich weiß es nicht, ob man ihn in 60 Jahren noch liest. Das wird unsere Gesellschaft entscheiden, aber ich finde, das Buch ist ein Plädoyer fürs Miteinander.“ Zumindest entsteht in einem Augsburger Neubaugebiet demnächst ein Puppenkisten-Viertel - auch Jim Knopfs Name wird dort eine Straße zieren. Im Oktober erscheint zudem mit „Jim Knopf und die Wilde 13“ der nächste Kinofilm in Deutschland.
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