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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Ein Wendepunkt

Von Juan E. Alemann

Die drei Richter, die der Senat, also Cristina, versetzt hatte, Leopoldo Bruglia, Pablo Bertuzzi und Germán Castelli, hatten sich direkt an den Obersten Gerichsthof gewendet, in einem sogenannten “Per Saltum” , bei dem die unteren Instanzen übersprungen werden. Dieses Verfahren ist nur in Ausnahmefällen zulässig, die von “institutioneller Bedeutung” sind. In diesem Fall hätte der normale Prozessweg lange gedauert und inzwischen zugelassen, dass neue Richter ernannt werden. Nachdem der Senat von Cristina beherrscht wird, und sie auch die Mehrheit im Richterrat hat, besteht kein Problem, Richter zu ernennen, die die Prozesse, die sie betreffen, an erster Stelle den der Centeno-Hefte, nicht weiterführen, sei es, weil sie die erdrückende Beweislast nicht anerkennen oder aus anderen Gründen.

Diese wirklich bösen Prozesse, bei denen ohne jeden Zweifel nachgewiesen wurde, dass Cristina hohe Geldsummen (in Dollar) von Unternehmern erhalten hat, die Aufträge für öffentliche Bauten erhielten, sind der Kern der ganzen Angelegenheit. Die Prozesse sind weit fortgeschritten, so dass dem Gericht, das das Urteil fällen muss, keine andere Möglichkeit verbleibt, als Cristina zu verurteilen, mit einer Haftstrafe von vielen Jahren. Als Vizepräsidentin kann sie zwar nicht verhaftet werden, aber es stellt sich die Frage, ob eine verurteilte Person dieses hohe Amt weiter ausüben kann. Sie müsste zurücktreten, obwohl dies in keinem Gesetz steht. Auf alle Fälle wäre sie politisch geschwächt und würde nicht mehr die Autorität haben, die sie jetzt brutal ausübt.

Der Oberste Gerichtshof wurde sofort vom Präsidenten Rosenkrantz einberufen, um über die Zulassung des per Saltum zu entscheiden. Am Dienstag hat er dann beschlossen, ihn anzuerkennen, wie es rein juristisch nicht anders sein konnte. Denn hier geht es nicht nur um die Versetzung von Richtern, sondern um die Verfahren, die sie behandeln, die Cristina betreffen. Gleichzeitig hat der Gerichtshof verfügt, dass die drei Richter weiter in ihren Ämtern verbleiben, so dass diese nicht neu besetzt werden können. Doch die Richter erhalten zunächst Ferien, so dass sie voraussichtlich ihre Arbeit erst wieder aufnehmen, wenn der Oberste Gerichtshof den Senatsbeschluss als verfassungswidrig erklärt.

Die Richter, um die es hier geht, hatten schon die Genehmigung des Senats erhalten, die die Verfassung fordert. Doch diese lässt die Frage offen, ob diese nur für den Richterposten gilt, den sie besetzen, oder auch für andere. Im Jahr 2018 hatte der Oberste Gerichshof in seiner heutigen Zusammensetzung durch zwei Beschlüsse (sogenannte “acordadas”) verfügt, dass Richter mit ihrer Zustimmung von der Regierung auf andere Posten versetzt werden können. Ohnehin war dieses Verfahren schon in über 60 Fällen angewendet und nicht beanstandet worden, von denen über 20 auf die Regierung von Cristina Kirchner entfallen. Man sollte somit annehmen, dass der Oberste Gerichtshof jetzt bestätigt, was er vor zwei Jahren schon beschlossen hat.

Gleichzeitig mit der Sitzung des Obersten Gerichtshofes haben sich viele Menschen mit argentinischen Fahnen vor dem Gerichtsgebäude versammelt, die sich für die drei Richter ausgesprochen haben. Doch im Grunde geht es um mehr als das. Weite Kreise der Gesellschaft, die früher politisch wenig aktiv waren, haben begriffen, dass es hier um das Bestehen einer unabhängigen und nicht von politischen Entscheidungen abhängigen Justiz geht, was zum Wesen der Demokratie gehört.

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