Das neue Weltraumteleskop „James Webb“
Darmstadt (dpa/wvg) - Wissenschaftler hoffen auf einen Blick zurück in die Frühzeit des Weltalls nach dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren. Auf Bilder von Sternen, die älter sind als unser Sonnensystem und vielleicht nicht mehr existieren. Möglicherweise gar Hinweise auf eine zweite Erde, einen blauen Planeten.
Forscher erwarten mit dem für den europäischen Herbst geplanten Start des „James Webb Space Telescope“ (JWST) völlig neue Erkenntnisse. „Es wird einfach gigantische neue Fenster eröffnen und neue Möglichkeiten“, sagt der Direktor für Wissenschaft bei der europäischen Raumfahrtbehörde ESA, Günther Hasinger.
Der Start des rund zehn Milliarden Dollar teuren Projekts der amerikanischen und kanadischen Weltraumagenturen NASA sowie der ESA war immer wieder verschoben worden. Nun soll das gigantische Teleskop, quasi als Paket verpackt, im Herbst an Bord einer Ariane Trägerrakete starten und mit seinen vier Infrarot-Instrumenten weitaus tiefer ins All fliegen als sein Vorgänger, das seit mehr als 30 Jahren arbeitende Weltraumteleskop „Hubble“.
Dies aber birgt ein Risiko: Während „Hubble“ in 500 Kilometern Höhe mit Shuttle-Flügen mehrfach repariert und gewartet wurde, geht das beim „James Webb Space Telescope“ in 1,5 Millionen Kilometer Entfernung nicht mehr. Das Teleskop mit seinem 6,5 Meter großen Spiegel und einem Tennisplatz-großen Sonnenschutz braucht Hasinger zufolge mehr als 130 Einzelmechanismen, um sich zu entfalten. „Es ist ein sehr, sehr kompliziertes Spiel, was da ablaufen muss, bis alles entfaltet ist.“
Dieser Prozess beginnt bereits auf dem Weg zum Ziel. „Es gibt im Sonnensystem fünf Punkte, an denen sich die Schwerkraft gegeneinander aufhebt“, sagt Hasinger. Der Zielort sei einer davon. Dort, mit Erde und Sonne im Rücken und mit dem Sonnensegel geschützt vor Wärmeeinstrahlung, könnten die Instrumente mit ihren Messungen in unterschiedlichen Infrarotwellen beginnen. Dafür werden sie teils runtergekühlt. „Es wird das erste kalte Teleskop. Wenn man Infrarotstrahlen messen will, das ist ja Wärmestrahlung, dann muss das Teleskop selber sehr kalt sein“, sagt Hasinger.
Bis zu ersten Untersuchungen werde es ungefähr sieben Monate dauern. Erste Bilder werde man voraussichtlich im kommenden Juli sehen, glaubt Hasinger. Ein vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg mitentwickeltes Instrument, eine Kombination aus Kamera und Spektograf, ist nach Angaben des Instituts so empfindlich, dass es eine brennende Kerze auf einem Jupitermond nachweisen könnte.
Mit dem Teleskop sind Hasinger zufolge eine Tiefendurchmusterung des frühen sich ausbreitenden Universums und auch eine Absuche der Sternenentstehungsgebiete geplant. „Aber dann wird auch ein Großteil an Beobachtungszeit an die extrasolaren Planeten gehen.“ Das Teleskop könne die Atmosphäre solcher Exoplaneten auf Moleküle untersuchen, die möglicherweise auf biologische Aktivität hinweisen.
Die Stärke des Teleskops liege in der Spektroskopie - also dass man von jedem Punkt am Himmel einen chemischen Fingerabdruck nehmen kann. „Ein Bild ist ja wunderschön anzuschauen. Was wir mit ‚James Webb‘ bekommen ist eben, in jedem einzelnen Bildelement können wir auch noch 1000 andere Informationen ablesen“, sagt Hasinger. Etwa ob irgendwo Wasser überhaupt möglich sei. Interessant seien natürlich erdnahe Planeten. „Man möchte ja irgendwann mal einen Planeten finden, der möglichst erdähnlich ist und wo Wasser existiert und der nah genug ist, dass vielleicht zukünftige Generationen auch mal dahin fliegen können.“
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