Heiligenhafener Musiker restaurierte Kaiserbass von der „Graf Spee“
Von Marcus Christoph
Buenos Aires - Es hätte wohl nicht viel gefehlt, und das gute Stück wäre für immer auf dem Grund des Río de la Plata versunken. Später sollte das Instrument in Ostfriesland als Blumenkübel zweckentfremdet werden. Dass die stolze Kontrabasstuba, die die Bremer Firma „A.E. Fischer“ Anfang der Dreißiger Jahre des vorigen Jahrhundert hergestellt hat, stattdessen weiter der Musik dient, ist dem Heiligenhafener Blasmusiker Markus Richert zu verdanken.
Der 48-Jährige, der seit vielen Jahren bei der Gildekapelle der schleswig-holsteinischen Hafenstadt an der Ostsee spielt, entdeckte den „Kaiserbass“ im ostfriesischen Leer. Dorthin hatte es den Bauingenieur durch die Arbeit verschlagen. Auch in seiner zeitweiligen Wahlheimat an der Ems, in der er bis Ende voriges Jahres wohnte, engagierte sich Richert musikalisch und spielte in der dortigen „Postkapelle“ mit.
Ein Musikantenkollege spielte gelegentlich den erwähnten Kaiserbass, wie die sehr weit mensurierte Form der Kontrabasstuba in B genannt wird. Der Mann wollte das Instrument aber entsorgen und für seine Topfpflanzen nutzen, da es nicht mehr ordentlich zu spielen und eine Reparatur zu teuer sei. Er überließ das Musikgerät Richert, der beschreibt, was für dessen Rettung zu tun war: „Ich habe den Kaiserbass erst mal gründlich gereinigt. Dann habe ich ihn zur Reparatur zu einem auf Tuben spezialisierten Instrumentenbauer nach Düren gebracht. Der hat dann die Ventile und die Aufhängung repariert und gerichtet. Zudem habe ich ein neues Mundstück gekauft, da das alte verschwunden war.“
Derweil erfuhr Richert von den Wiesmoorer Musikerkollegen mehr über die Geschichte des Kaiserbasses. Bevor dieser nach Leer kam, war er im nahe gelegenen Wiesmoor bei den dortigen „Moormusikanten“ im Einsatz. Deren erster Dirigent war Emil Curt Kunz, einst Korvettenkapitän und Leiter der Bordkapelle des deutschen Panzerschiffs „Graf Spee“, das am 17. Dezember 1939 von der Besatzung in aussichtsloser Lage im Río de la Plata vor Montevideo selbst versenkt wurde. Zuvor wurden noch einige Instrumente der Bordkapelle gerettet.
Wie die Wiesmoorer Richert erzählten, habe Kunz nach der „Graf Spree“-Tragödie in Argentinien geheiratet, wohin die Besatzung des Schiffes evakuiert worden war. Während andere Musiker wohl dauerhaft in Argentinien geblieben seien, kehrte Kunz später nach Deutschland zurück. Er heiratete erneut und wirkte als Dirigent beim Marinemusikkorps Nordsee in Wilhelmshaven. Zu den 1968 gegründeten Wiesmoorer Moormusikanten brachte er die Fanfaren, Pauken, Notenständer und den Kaiserbass von der „Graf Spee“ mit. Dem Orchester dienten sie als Ergänzung zur Erstbesetzung. Der Kaiserbass wurde um zehn Zentimeter gekürzt, um so eine Gewichtsersparnis zu erzielen.
Derjenige Musiker, der das in Wiesmoor später ausrangierte Instrument mit nach Leer gebracht hatte, war begeistert, als er sah, was Richert zur Restaurierung unternommen hatte: „Er hat sich total über die Aufbereitung des Instrumentes gefreut - und auch darüber, dass ich den Kaiserbass - im Wechsel mit meiner anderen Tuba - dann tatsächlich gespielt habe“, schildert der Heiligenhafener. Der über 80-jährige Musikerveteran aus Wiesmoor ist froh, dass das Instrument in gute Hände gekommen ist.
Richert ist arbeitsbedingt mittlerweile nach Aachen gezogen. Er hält aber weiterhin den Orchestern in Heiligenhafen und Leer die Treue und versucht, bei Auftritten mitzuwirken. Den Kaiserbass hat er bei seinen Eltern in Heiligenhafen deponiert und kann ihn so bequem für dortige Konzerte einsetzen. So schwingt also auch weiterhin ein wenig der Atem der Geschichte mit, wenn Richert für die Gildekapelle seiner Heimatstadt in das Instrument bläst. (AT)
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