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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Ein Biss für die Ewigkeit

125 Jahre „Dracula“

Berlin (dpa) - Bevor im Juli 1921 die Dreharbeiten zum deutschen Vampir-Meisterwerk „Nosferatu“ beginnen, handelt Hauptdarsteller Max Schreck für sich angeblich eine besondere Art der Bezahlung aus: Statt Geld soll ihm „während der Drehtage täglich ein Liter Blut von weiblichen Probanden (20-30-jährig mit Gesundheitszeugnis) zur freien Verfügung gestellt“ werden, wie es in einem angeblich vertraulichen Vertrag heißt. Klingt äußerst bizarr, dämonisch und schaurig. Doch das Schriftstück ist wohl nur ein Marketing-Gag.

Nach der Premiere des expressionistischen Horror-Klassikers handelt sich die Produktionsfirma allerdings eine dicke Urheberrechtsklage ein. Denn unübersehbar stahl Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau beim irischen Autor Bram Stoker. Dessen Roman „Dracula“ war damals gerade einmal ein Vierteljahrhundert alt. Vergangenen Donnerstag vor 125 Jahren steigt der furchterregende Graf erstmals aus seiner Gruft ins Reich der viktorianischen Gruselliteratur. Für den Tag der Veröffentlichung sollen 3000 Exemplare des 390 Seiten dicken Buches mit gelbem Leineneinband und rotem Titel ausgeliefert worden sein.

Mit seinem Bestseller über den Adeligen aus Transsilvanien gibt Stoker den schon aus der Antike bekannten Vampiren endlich Herkunft und Namen. Auf Deutsch erscheint die Gruselgeschichte erstmals 1908. Es sollte bis zu Stokers Tod als verarmter Autor im Jahr 1912 neben der Isländischen die einzige Übersetzung bleiben. Später erst tritt „Dracula“ zu seinem kulturellen Siegeszug an.

Die Geschichte ist oft erzählt, verfilmt und adaptiert: Graf Dracula erhebt sich nachts aus dem Grab, um sich bei seinen Opfern durch einen Biss in den Hals das lebensnotwendige Menschenblut zuzuführen. Nachdem er seinen englischen Rechtsanwalt Jonathan Harker auf seinem Spukschloss in den Karpaten eingesperrt hat, macht sich der Vampir auf den Weg nach London, um sich dort nach neuen Opfern umzuschauen und Harkers Verlobte als Eroberung in sein Reich der Untoten zu holen. Doch eine Gruppe um den holländischen Wissenschaftler Abraham van Helsing sind ihm mit Knoblauch, Kruzifix und Rosenkranz auf der Spur. Letztlich zur Strecke gebracht wird der Blutsauger, der das Tageslicht scheut und sich in Wolf, Hund oder Fledermaus verwandeln kann, erst in seiner Heimat im damaligen Königreich Ungarn.

Das historische Vorbild für den Grafen ist der berüchtigte Fürst Vlad III. Dracula im heutigen Rumänien. Im 15. Jahrhundert stellte dieser sich einem Ansturm der Osmanen mit äußerster Brutalität entgegen. Er soll zum Beispiel die Vorliebe gehabt haben, seine Gegner durch Pfählung hinzurichten. Stoker lässt sich auch von älteren Vampirromanen, volkstümlichen Legenden und Berichten aus Transsilvanien - auch bekannt als Siebenbürgen - anregen.

Der Autor selbst reist nie in die Karpaten, sondern holt sich seine Eindrücke der wilden Gegend aus Archiven und Bibliotheken. Die Geschichte von Fürst Vlad entdeckt er wohl in einem Buch über die Walachei und Moldawien, das er während eines Urlaubs mit seiner Familie in einer Bibliothek in Whitby in Nordengland ausleiht. Die kleine Hafenstadt wird zu einem der zentralen Schauplätze in „Dracula“.

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