Le Pen und Zemmour buhlen um Wähler
Lille/Reims (dpa) - Die rechte Politikerin Marine Le Pen und ihr rechtsextremer Konkurrent Éric Zemmour haben sich gut zwei Monate vor den französischen Präsidentschaftswahlen ein Fernduell geliefert. Die beiden Anwärter auf das Amt des Staatschefs traten am Wochenende in Nordfrankreich jeweils vor Tausenden Anhängern auf und schworen sie mit radikalen Aussagen auf die entscheidende Phase des Wahlkampfs ein. Am 10. und 24. April wird in Frankreich der nächste Präsident oder die nächste Präsidentin gewählt.
Die kurz aufeinander folgenden Reden wurden in französischen Medien als erstes mehr oder weniger direktes Kräftemessen der beiden Kandidaten gewertet. Lange Zeit war Le Pen das bekannte Gesicht des rechten Lagers gewesen und galt als dessen einzige ernstzunehmende Anwärterin auf das höchste Staatsamt.
Doch seit Verkündung seiner Kandidatur im November bringt der mehrfach wegen rassistischer Äußerungen verurteilte Publizist Zemmour Le Pen in Bedrängnis. Er spricht mit noch radikalerer Rhetorik ähnliche Themen an und buhlt um dieselben Wählerschichten. Zudem warb er schon mehrere Köpfe ihrer Partei Rassemblement National ab und lag in einer Umfrage zuletzt gleichauf mit Le Pen.
In seiner Rede am Samstag wetterte er in Lille gegen den angeblich von Frankreich finanzierten „großen Bevölkerungsaustausch“ mit einer massiven Islamisierung des Landes. Als Beispiel nannte Zemmour die nordfranzösische Stadt Roubaix, die er als ein „Afghanistan zwei Stunden entfernt von Paris“ bezeichnete.
Minutiös rechnete er vor, wie viel öffentliches Geld für Ausländer fließe, das dann wiederum für dringend benötigte neue Gefängnisplätze fehle. Als Präsident werde er Sozialleistungen für Ausländer abschaffen, nur noch wenigen Dutzend Menschen pro Jahr Asyl gewähren und die Abgabenlast für Franzosen senken. In Lille protestierten nach Angaben der Präfektur rund 1100 Menschen gegen den Auftritt Zemmours.
Le Pen, die bereits zum dritten Mal für das Präsidentenamt kandidiert, schlug in ihrer Rede ähnliche Töne an. Sie wolle die Franzosen vor einer „Einwanderungs-Überflutung“ beschützen. Präsident Emmanuel Macron habe das Land finanziell heruntergewirtschaftet, zur Spaltung der Gesellschaft beigetragen und sei arrogant und deprimierend. Zemmour erwähnte sie nicht. Am Sonntag ging das Treffen im Reims nicht-öffentlich weiter.
Eine Umfrage sah Zemmour am Samstag für den ersten Wahlgang gleichauf mit Le Pen bei 14 Prozent der Stimmen, knapp hinter der Konservativen Valérie Pécresse (16,5 Prozent) und weit hinter Amtsinhaber Macron (24 Prozent), dessen Kandidatur als sicher gilt, auch wenn er sie noch nicht offiziell verkündet hat. Erreicht im ersten Wahlgang wie üblich keiner der Präsidentschaftsanwärter die nötige absolute Mehrheit der Stimmen, ziehen die beiden erfolgreichsten Kandidaten zwei Wochen später in eine Stichwahl ein.
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