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Die Zukunft hat schon begonnen

Von Juan E. Alemann

Alberto Fernández
Präsident Alberto Fernández. (Foto: dpa)

Präsident Alberto Fernández macht sich so große Sorgen über Pandemie und Quarantäne, dass man den Eindruck hat, dass er die wirtschaftliche Problematik vernachlässigt, und Entscheidungen dabei auf die Periode nach der Quarantäne verschiebt. Bei der Vorstellung der neuen Etappe der Quarantäne vom letzten Freitag, die auch von einer Pressekonferenz begleitet war, sprach er zunächst nur über dieses Thema, wobei er den Eindruck vermittelt, dass er nicht weiß, wie und wann wieder einigermaßen normale Zustände wiederhergestellt werden können. Wird dies erst der Fall sein, wenn ein Impfstoff allgemein zur Verfügung steht und so ungefähr alle geimpft werden können, oder ein wirksames Medikament eingesetzt werden kann? Das wäre jedoch bestenfalls erst nächstes Jahr möglich (mit viel Glück eventuell etwas vorher), was bedeutet, dass wir bis dahin in Quarantäne mit zunehmenden Ausnahmen leben müssen. Keine erfreuliche Aussicht.

Auf die Frage eines Journalisten über die wirtschaftliche Problematik antwortete der Präsident ausweichend, indem er auf die verschiedenen Programme hinwies, die für die bestehende Notlage bestimmt sind: die Versorgung armer Familien mit Nahrungsmitteln; die allgemeine Subvention für diese soziale Gruppe; die Zahlung der halben Lohnsumme für zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen; die verschiedenen Kreditprogramme zu günstigen Bedingungen. Doch all das bezieht sich auf die bestehende Notlage und ist auf Dauer nicht haltbar, weil es mit Geldschöpfung finanziert wird, die eine Grenze hat. Ein Wirtschaftsprogramm ist es nicht. In einem Interview, das AF der britischen “Financial Times” gewährte, sagte er, dass er nicht an Wirtschaftspläne glaube. Und dann fügte er hinzu, das Programm der wirtschaftlichen Erholung müsse sich auf fiskale Ansporne über Subventionen, öffentliche Bauten und Wohnungsbauprogramme stützen. Doch genau das ist eben nur sehr beschränkt möglich, weil keine echte Finanzierung bereit steht, und die Geldschöpfung, die jetzt auf hohen Touren läuft, bald wieder beschränkt werden muss, hoffentlich bevor eine neue Hyperinflationswellle eintritt.

All das bedeutet, dass der Präsident und seine Ökonomen sich vorläufig keine Gedanken über die Wirtschaftspolitik machen, die diese extrem kritische Lage erfordert. Doch die Wirtschaft rutscht inzwischen weiter ab, und Unternehmer u.a. sind zunehmend entsetzt. Man muss sich schon jetzt überlegen, wie man die tiefe Rezession und die hohe Arbeitslosigkeit überwindet, statt nur zu versuchen, die sichtbarsten sozialen Folgen mit Geld zu mildern, das die Regierung nicht hat und daher schöpfen muss. Die Zukunft ist schon da.

Auch wenn wir uns wiederholen, wollen wir einige Vorschläge vorbringen, die in der Regierung intern und mit angesehenen Ökonomen diskutiert werden sollten. Es können auch andere Vorschläge aufkommen. Was nicht zulässig ist, dass man einfach in den Tag hinein lebt und nur Maßnahmen ergreift, die sich auf konkrete Probleme beziehen, die nach und nach auftauchen. Die Regierung muss von einer passiven Haltung auf eine aktive übergehen, und in diesem Sinn keine Zeit verlieren. Dabei muss auch der Streit zwischen Cristina und Alberto ad acta gelegt werden. Denn er wirkt störend auf eine Wirtschaft, die ohnehin schon zu viele und zu große Konflikte hat.

Das unmittelbare Ziel besteht darin, die Normalität wieder herzustellen, wie sie vor der Pandemie bestand, wobei der Referenzpunkt auf die Periode vor den PASO-Wahlen von 2019 verlegt werden muss, als eine Rezession eintrat, die durch das tiefe Misstrauen der Wirtschaftswelt gegenüber Cristina bedingt war, deren Partei die Wahlen haushoch gewonnen hatte. Denn in dem Moment sperrte der internationale Finanzmarkt die Kredite an Argentinien. Und ohne die Möglichkeit, neue Staatspapiere unterzubringen, mit denen die alten bei Verfall ersetzt werden, gerät ein Land in Zahlungsunfähigkeit, sei es Argentinien oder irgend ein anderes.

Um eine Wirtschaft wieder herzustellen, die es schon gab, bedarf es im Prinzip keiner neuer Investitionen, oder eventuell nur ganz bestimmte. Hier sei bemerkt, dass es trotz akuter Rezession weiter viele private Investitionen gab, vor allem kleinere, und auch öffentliche. Und so bald die Wirtschaft wieder aufwärts geht, wird auch mehr investiert, vor allem, in Bereichen, in denen ein technologischer Sprung stattgefunden hat, der die Unternehmen unter Zugzwang stellt. Aber grundsätzlich soll man die wirtschaftliche Erholung nicht von Investitionen abhängig machen, wie es allgemein dargestellt wird.

Im zweiten Artikel dieser Wirtschaftsübersicht erläutern wir ein Thema, das in diesem Zusammenhang von größter Bedeutung ist. Doch das ist nicht alles. Das erste, was ein Programm zur Normalisierung der Wirtschaft enthalten muss, ist die Vermeidung eines massiven Zusammenbruchs von Unternehmen, sei es durch Konkurs oder Schließung. Denn wenn ein Unternehmen in diese extreme Lage gerät, fällt es sehr schwer es wieder in Gang zu setzen, wobei dies in vielen Fällen nicht mehr möglich ist. In diesem Sinn muss das Konkursrecht dahingehend geändert werden, dass dem normalen Verfahren eine Verhandlung vorangestellt wird, bei der der Staat auch mitmacht und eventuell mit Lösungsmöglichkeiten über Sonderkredite oder andere beiträgt. Denn es handelt sich nicht nur um einen Konflikt zwischen Gläubigern und einem Schuldner, sondern es geht um die Erhaltung von Unternehmen, was ein öffentliches Interesse darstellt, um das sich der Staat kümmern muss. Gleichzeitig müssen Pfändungen von Kontokorrentkonten allgemein verboten werden, und der AFIP nur Pfändungen von Anlagevermögen gestattet werden (aber nicht von Umlaufvermögen), so dass die betroffenen Unternehmen normal tätig sein und ihre finanzielle Krise überwinden können.

Als Zweites muss das Bankensystem überdacht werden. In früheren Zeiten lag der Akzent bei der Depositengarantie, die jetzt nur noch beschränkt besteht. Jetzt geht es um Kreditgarantien der ZB, damit die Banken auch Unternehmen Kredite gewähren können, die sie gemäß den normalen Bilanzanalysen nicht bedienen können. Dabei muss die ZB auch die Zinsen bestimmen. Das Bankensystem muss als öffentlicher Dienst aufgefasst werden, denn schließlich verwaltet es nichts weniger als das Geld.

Es muss auch eine neue Arbeitspolitik geben, bei der der Beschäftigung absoluter Vorrang gegeben wird. Die Arbeitsgesetzgebung erfordert dabei einige unmittelbare Änderungen, wie die Verlängerung der Frist, während der keine Entlassungsentschädigung besteht, von jetzt 3 Monaten auf 2 Jahre. Dadurch können sofort potentiell instabile Arbeitsplätze besetzt werden. Doch darüber hinaus muss der Staat die Möglichkeit haben, Richtlinien bei Lohnerhöhungen festzusetzen und sie in den Lohnverhandlungen durch Präsenz eines Vertreters durchzusetzen. Denn sonst wird die Kosteninflation weiter von der Lohnseite angetrieben. Nachdem der Reallohn jetzt stark zurückgeblieben ist, weil wir eben ärmer geworden sind und dies hinnehmen müssen, besteht die Gefahr, dass bei aufstrebender Konjunktur irreale Forderungen aufkommen, denen eine schwache Unternehmerschaft gegenübersteht, die gewohnt ist, nachzugeben. Sie muss von der Regierung gestützt zu werden, um dem Gewerkschaftsdruck (der oft auch in Gewaltmaßnahmen zum Ausdruck kommt, die besonders Unternehmen betreffen, die am Verhandlungstisch sitzen oder entscheidend sind) widerstehen zu können. Damit die phänomenale monetäre Expansion der letzten Monate keine Inflationsexplosion verursacht, die in einer Hyperinflation endet, muss die Kosteninflation beherrscht werden, was sich selbstverständlich nicht nur auf den Lohn, sondern auch auf die Kontrolle des Wechselkurses und der Tarife öffentlicher Dienste bezieht, und auch die Konkurrenzproblematik umfasst.

Es gibt gewiss noch weitere Initiativen, die in die gleiche Richtung wie die oben dargestellten gehen. Die Regierung sollte Unternehmer, Ökonomen u.a. aufrufen, sie einzureichen, damit sie auch behandelt werden können.All das muss jetzt geschehen und nicht erst in einigen Wochen oder Monaten.

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