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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die Zahlungsbilanz muss verwaltet werden

Von Juan E. Alemann

Die Zahlungsbilanz muss in Argentinien verwaltet werden, mit staatlicher Intervention am Markt, um überhöhte Schwankungen zu verhindern, aber auch mit einer langfristigen Politik, die auf die Erhaltung des Gleichgewichtes zielt. Dabei kann gelegentlich auch eine strengere Devisenbewirtschaftung notwendig sein. Den Fachbeamten des Internationalen Währungsfonds fällt es schwer, dies zu verstehen, weshalb sie bei der Gewährung des Megakredites vom Jahr 2018 der ZB verboten, die Mittel für Kurspflege einzusetzen. Erst später ließen sie dies zu. Doch auch allgemein besteht unter Ökonomen die Meinung, dass man es dem Markt überlassen soll, Ungleichgewichte zu korrigieren. Wenn also das Devisenangebot unter der Devisennachfrage liegt, und der Kurs in die Höhe springt, dann führt das zu erhöhten Exporten, geringeren Importen, verteuert Auslandsreisen und macht Argentinien für ausländische Touristen zu einem Billigland.

Dieser Mechanismus funktioniert in Staaten mit stabiler Währung und einer offenen Wirtschaft ohne Schwierigkeiten, aber in Argentinien eben nicht. Das hat zwei Gründe:

1. Die Tatsache, dass Argentinien ein Land mit chronischer Inflation ist, mit Perioden der Hochinflation und drei Hyperinflationen, so dass der Wechselkurs zum Dollar als Wertmesser betrachtet wird, und nicht nur die Preise von Importgütern und auch von Gütern, die auch exportiert werden, bestimmt, sondern auch andere Preise beeinflusst, die nicht direkt im Zusammenhang mit dem Wechselkurs stehen. Eine Abwertung, die in den USA und den meisten Ländern am Verlauf der Wirtschaft kaum etwas ändert, kann in Argentinien inflationäre Impulse auslösen, die zu einer verheerenden Kettenwirkung führen. Das lässt sich auch mit einer extrem restriktiven Geldpolitik nicht vermeiden, wobei diese ohnehin nur beschränkt vollzogen werden kann.


2. In Argentinien wird weitgehend in Dollar gespart, und auch die Liquidität, die für Ausgaben der nächsten Zeit notwendig ist, wird weitgehend in Dollar gehalten. Ebenfalls werden die Werte von Immobilien u.a. dauerhaften Gütern in Dollar ausgedrückt, und beim Verkauf werden Bardollar verwendet. Wenn in den USA die Liquidität steigt, wie es 2020 wegen der pandemiebedingten hohen Staatsausgaben, die zum großen Teil mit Geldschöpfung gedeckt wurden, der Fall war, dann wird mehr gespart. Da dies in Dollar erfolgt, besteht kein Problem. Aber in Argentinien müssen die Dollar dabei gekauft werden, was den Wechselkurs in die Höhe treibt und einen Inflationsschub auslöst.


Den Bimonetarismus, der in Argentinien besteht, gibt es sonst auf der Welt nirgends, oder zumindest nicht in diesem Ausmass und als System. Und deshalb fällt es den Ökonomen der großen Welt schwer, die Essenz dieses Systems zu verstehen. Und auch Argentinier, die in den Vereinigten Staaten oder England Wirtschaft studieren, wissen nicht, wie sie mit dem Bimonetarismus fertig werden sollen. Meistens weisen sie darauf hin, dass eben Stabilität des Peso erreicht werden muss, so dass in Pesos gespart und kalkuliert wird. Das ist eine Phantasie.

Das bimonetäre Währungssystem muss formell anerkannt werden. Das bedeutet, dass der Devisenmarkt gespalten werden muss, mit einem Markt für Exporte, Importe u.a. laufende Geschäfte, und einem anderen für Kapitaltransaktionen und Tourismus. Auf diese Weise übertragen sich Schwankungen beim Kauf von Devisen für Hortung und Auslandsreisen nicht auf den Kurs, der für die normale Abwicklung der Wirtschaft gilt.

Als zweites müssen inländische Kreditgeschäfte, besonders Hypothekarkredite, in Dollar gestattet werden, und auch Kontokorrentkredite und Zahlungen in Dollar bei internen Transaktionen zugelassen werden. Nur so kann das interne Kreditsystem normalisiert werden. Denn, wenn man darauf besteht, dass die Kredite in Pesos vergeben werden, dann müssen die Zinsen sehr hoch sein, was inflationstreibend wirkt. Und auch so wird die Kreditmasse gering sein und den normalen Finanzierungsbedarf für Arbeitskapital nicht decken, was rezessiv wirkt. Die Vorstellung, die die Unternehmer im Allgemeinen haben, dass sie an einem Kredit infolge der Inflation verdienen werden, führt dazu, dass sie unterschwellig die Inflation befürworten, u.a. indem sie Lohnerhöhungen gewähren, die sie auf die Preise abwälzen. Ein Kredit ist keine Subvention. Wenn man das nicht versteht, dann ist Hopfen und Malz verloren.

Die Leistungsbilanz, die den Außenhandel, die Dienstleistungsbilanz und auch Zinsen und Gewinnüberweisungen umfasst, schloss 2020 mit einem Überschuss von fast u$s 3 Mrd. Das wurde vornehmlich durch eine strenge Begrenzung der Zahlungen für Importe durch die ZB erreicht. Für 2021 wird auch mit einem Überschuss gerechnet, einmal weil die Importe weiterhin durch die Zahlungsgenehmigungen begrenzt werden, aber dann auch, weil dank stark gestiegener Preise von Getreide und Ölsaat, vor allem von Sojabohne und Mais, mit hohen Exporteinnahmen gerechnet wird. Aber für 2023 und in den folgenden Jahren sind die Aussichten weniger günstig, vor allem, wenn die Wirtschaft sich erholt und wächst. Denn dann steigt der Importbedarf, während die Aussicht auf entsprechend steigende Exporte ungewiss ist, und ohne eine Exportpolitik, die schon jetzt energisch eingeleitet wird, sehr wahrscheinlich ungenügend sein würde, was eine neue Zahlungsbilanzkrise in Aussicht stellt. Wie schon so oft gehabt. Langfristig zu denken fällt in Argentinien schwer, ist aber unerlässlich.

Argentinien braucht einen Leistungsbilanzüberschuss auf Jahre hinaus, um die Staatsschulden abbauen zu können. Denn neue Kredite, um die Amortisation der alten zu decken, sind nur begrenzt möglich. Somit sollte schon jetzt daran gedacht werden, aus einer rein konjunkturellen Politik ein System zu machen. Dabei geht es um folgendes

a. Exporte müssen gefördert werden. Das bedeutet, einmal, dass der Wechselkurs real hoch sein muss und nicht hinter der internen Inflation zurückbleiben darf. Ebenfalls müssten dabei die Exportzölle, sofern sie überhaupt bestehen, niedrig sein, also nicht über 10% liegen. Und schließlich müssen weitere Exportmöglichkeiten erkundet werden, und maßgeschneiderte Förderungsmaßnahmen eingeführt werden.


b. Importe müssen in Schranken gehalten werden. Das wird einmal durch Importzölle erreicht, die bei Luxusgütern und Gütern, die auch intern erzeugt werden, höher als bei Rohstoffen und Teilen für die Weiterverarbeitung sein müssen. Als erstes müsste hier die private Preiskontrolle wieder eingeführt werden, die von 1997 bis 2000 galt, bei der Preise und auch Mengen bei bestimmten Zollpositionen von privaten Firmen geprüft wurden. Das war damals sehr erfolgreich. Auch Zollämter anderer Länder, u.a. die USA, verpflichten Privatfirmen für diesen Zweck, weil die Bestimmung eines korrekten Preises bei vielen Gütern sehr schwierig ist, wegen Qualitätsunterschieden und normalen Preisschwankungen. Doch darüber hinaus kommt man nicht umhin, direkte Beschränkungen durchzuführen, wie es jetzt der Fall ist. Das sollte jedoch systematisiert werden, um Willkür und Korruption auszuschließen.


Hier stellt sich ein schwieriges Problem. Erstens lässt die Welthandelsorganisation (WTO) dies prinzipiell nicht zu. Argentinien müsse somit bei der WTO für eine Ausnahmeregelung plädieren. Zum zweiten ist dies im Mercosur-Abkommen auch nicht vorgesehen. Schon was die ZB jetzt macht, verstößt klar gegen die Mercosur-Ordnung. Und wenn das Abkommen zwischen Mercosur und der EU effektiv in Kraft treten würde, wäre dies auch ein Verstoß gegen die eingegangen Verpflichtungen. Brasilien schlägt jetzt eine Senkung des Zollsatzes gegenüber Drittländern um ca. 20% vor. Uruguay und Paraguay haben damit kein Problem. Aber für Argentinien müsste gleichzeitig die Devisenbewirtschaftung, in Form einer direkten Quantifizierung und Hemmung von Importen, zugelassen werden. Doch dies wird vorerst nicht diskutiert. Aber gelegentlich müssen die Mercosur-Staaten dazu Stellung beziehen.

Je mehr eine langfristige Politik der Exportförderung erfolgreich ist, umso weniger braucht man zur direkten Devisenbewirtschaftung greifen. Aber auf alle Fälle kann man es nicht auf die Hoffnung höherer Export ankommen lassen. Bevor der höhere Export nicht strukturell fest verankert ist, kann man die Devisenbewirtschaftung nicht aufgeben. Sonst werden die periodischen Zahlungsbilanzkrisen andauern, die so viel Schaden angerichtet haben.


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