Von Juan E. Alemann
Dass der gegenwärtige Zustand der Wirtschaft und die Wirtschaftspolitik sich auf die zukünftige Lage der Wirtschaft auswirken ist selbstverständlich. Doch die erwartete Zukunft, die besonders negativ eingestuft wird, belastet auch die Gegenwart. Es wird allgemein angenommen, dass es schließlich noch schlimmer kommt. Zum Teil entsteht dabei auch eine selbsterfüllte Prophezeiung: wenn jetzt schon Unternehmer u.a. mit einer Verschlechterung der Konjunktur rechnen, verhalten sie sich so, dass diese noch schlechter wird.
Dies kommt als erstes auf dem freien (schwarzen) Devisenmarkt zum Ausdruck, mit einem Dollarkurs, der sprunghaft gestiegen ist und ein Niveau erreicht hat, das gemessen der Kaufkraftparität mit den Vereinigten Staaten absurd erscheint. Ein Dollar ist in den USA ein Trinkgeld, aber mit 160 Pesos kauft man gut doppelt so viel wie in den USA. Ein Monatseinkommen von u$s 1.000 bedeutet in den USA Armut, während $ 160.000 in Argentinien ein relativ hohes Einkommen darstellen, das nur wenige beziehen. Nicht nur die Finanzwelt, sondern weite Kreise der Bevölkerung, rechnen damit, dass der Kurs in naher Zukunft über $ 200 pro Dollar liegen wird. Und dabei erscheint der gegenwärtige Kurs niedrig und der offizielle Kurs als unhaltbar, obwohl er objektiv in Ordnung ist und in diesen Jahr leicht über der internen Inflation (gemessen am Index der Konsumentenpreise) gestiegen ist.
Das führt dazu, dass die Landwirte den Verkauf ihrer Ernte hinausschieben, und Importeure mehr importieren als sie benötigen, und höhere Preise angeben. Und auch, dass diejenigen, die eventuell Dollar besitzen, sei es in Form von Banknoten in Argentinien oder als Bankdepositen in Argentinien oder in den USA, die sie für ihre lokalen Unternehmen oder für andere Zwecke einsetzen wollen, die Entscheidung vertagen. Denn sie erhalten schließlich nur die Hälfte des Pesobetrages, den sie bei Verrechnung zum freien Kurs erhalten würden, und fühlen sich dabei betrogen. Die pessimistische Erwartung kommt auch im starken Rückgang der neuen Staatspapiere zum Ausdruck, die anlässlich der Umschuldung ausgegeben wurden.
Die pessimistische Zukunftserwartung beruht auf konkreten Tatsachen. Halten wir fest:
Die frei verfügbaren Devisenreserven neigen ihrem Ende zu. Es besteht noch die Möglichkeit den Goldbestand der ZB zu verkaufen, aber das würde das bittere Ende nur hinausschieben, und grundsätzlich nichts ändern. Ohne Devisenreserven kann die ZB den offiziellen Kurs nicht mehr stützen.
Die Geldschöpfung dauert an, nährt die Dollarnachfrage und nährt die Erwartung einer Hyperinflation, die die Preise unmittelbar, in Erwartung höherer Wiederbeschaffspreise in die Höhe treibt. Das Defizit der Staatsfinanzen soll auch 2021 zum großen Teil mit Geldschöpfung finanziert werden. Die einzige Möglichkeit, dies zu verhindern, besteht in einer Kürzung der Staatsausgaben, die das Defizit verringert. Doch Wirtschaftsminister Guzmán hat erklärt, dass es keinen Sinn habe, sich um Ausgabenverringerung zu kümmern. Schlimm!
Die Regierung hat kein wirtschaftliches Gesamtkonzept um die verfahrene Lage einzurenken. Nach dem tiefen Rückgang der wirtschaftlichen Tätigkeit, den Pandemie und Quarantäne verursacht haben, ist eine leichte Erholung eingetreten. Dabei ist jedoch nur der übertriebene Rückgang teilweise aufgeholt worden. Niemand weiß, wie dies weitergeht. Die hohe Arbeitslosigkeit wird ignoriert, obwohl sie unhaltbar ist und explosive Folgen hat, die auch die persönliche Sicherheit betreffen.
Die tiefen Differenzen innerhalb der Regierung schwächen den Präsidenten noch mehr und machen eine Überwindung der Krise noch schwieriger.
Präsident Fernández ist sich der kritischen Lage bewusst. Er hatte Unterredungen mit bedeutenden Unternehmern und Gewerkschaftern, die jedoch sehr vorsichtig waren, weil sie befürchten, dass konkrete Vorschläge ihm in die falsche Kehle geraten und sie dann verfolgt werden, wie es der Kirchnerismus schon oft getan hat. Ein Programm haben sie ihm nicht vorgelegt. Das einzige Programm über eine alternative Wirtschaftspolitik haben wir an dieser Stelle vor zwei Wochen vorgelegt. Auch die bekannten unabhängigen Ökonomen üben nur Kritik, schlagen aber nichts vor. Doch die Unternehmer haben sich (wie es der Journalist Marcelo Bonelli in der Zeitung Clarín berichtet) für einen gespalteten Devisenmarkt ausgesprochen, so dass der freie Kurs legal wird. Das wäre schon ein großer Fortschritt, der jedoch nicht ausreicht.
Martín Guzman ist jetzt Teil des Problems. Er widersetzt sich dem gespaltenen Devisenmarkt, den Weißwaschungen, und der Ausgabenkürzung. Er zeigt klar, dass er die argentinische Wirtschaft nicht versteht, und gibt keine Aussicht auf eine Überwindung der Krise, wie man es von einem Wirtschaftsminister erwartet. Er muss weg. Doch bisher hat ihn Präsident Fernández gestützt. Er sollte sich den Fall neu überlegen und nach einem Nachfolger suchen. Bevor er ihn ernennt, muss er von diesem ein Programm fordern, dass er mit Ökonomen der Regierung, und auch unabhängigen diskutiert. Das Programm muss grundsätzlich die Aussicht schaffen, dass die Krise überwunden wird. Wenn die Wirtschaftswelt davon ausgeht, dass es in Zukunft viel besser gehen wird, dann handeln die Unternehmer u.a. schon jetzt dementsprechend. Und dann wird alles einfacher.
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