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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die unternehmensfeindliche Haltung der Regierung

Von Juan E. Alemann

Der Kirchnerimus kennzeichnet sich allgemein durch eine unternehmensfeindliche Haltung, die jedoch bei Néstor Kirchner eine besondere Eigenart hatte. Einmal profitierten dabei die Unternehmer, die ihm nahe standen, sei es dass sie seine Strohmänner oder Partner waren, oder weil sie sonst irgendwie für ihn ein besonderes Interesse auswiesen. Der normale Dialog zwischen Regierung und Unternehmern, der zum Wesen einer modernen Wirtschaft gehört, war schwierig, wobei Kirchner und seine Leute davon ausgingen, dass die Unternehmer nur unbegründete Vorteile vom Staat wollten. Dabei kam auch sein jugendlicher Marxismus zum Vorschein, mit dem Konzept, dass der Gewinn ein Aufschlag auf die Kosten sei, die zur Hauptsache aus Löhnen bestehen. Das moderne Konzept, dass der Gewinn ein Ergebnis unternehmerischer Effizienz ist, war ihm fremd, wie das Effizienzkonzept überhaupt.

Diese unternehmerfeindliche Haltung taucht in letzter Zeit besonders stark auf. Die Sondersteuer, die Menschen mit Vermögen von über $ 200 Mio. belasten soll, ist im Wesen eine Unternehmenssteuer. Denn das Vermögen, das die Steuer belastet, besteht zum allergrößten Teil aus Unternehmensbesitz, der meistens auch mit aktiver Beteiligung verbunden ist. Das bezieht sich auch auf landwirtschaftliche Unternehmen, bei denen der Gewinn ohnehin in der Regel, bezogen auf das Kapital (Land, Anlagen, Maschinen und Tiere), sehr gering ist, so dass die neue Steuer eventuell den Gewinn übersteigt. Die Auffassung, dass im Wesen reine Rentner erfasst werden, die von Zinsen, Gewinnen, Dividenden und Mieten auf Immobilien leben, ist irreal. Es mag in der Gruppe der Reichen einige geben, bei denen dies zutrifft, aber sie sind eine Minderheit, die nicht sehr bedeutend sein dürfte. Zu diesen gehören Máximo und Florencia Kirchner, die Kinder von Cristina, und auch andere, die ihr Vermögen im Rahmen der Kirchner-Korruption gemacht haben.

Die Grundeinstellung des Kirchnerismus kommt jetzt auch in einem Gesetzesprojekt zum Ausdruck, das verbietet, Ländereien, die in letzter Zeit Großbrände aufwiesen (es sollen laut offiziellen Angaben insgesamt 800.000 ha sein) während 30 bis 60 Jahre für Immobilienprojekte einzusetzen. Es wird angenommen, dass die Landbesitzer die Brände absichtlich angestiftet haben, um störende wilde Wälder billig abzuschaffen, so dass das Land dann für andere Zwecke eingesetzt werden kann. Im Nordwesten Brasiliens hat so etwas im größerem Umfang stattgefunden. Aber in Argentinien waren die Brände eine Katastrophe für die Bodenbesitzer, und haben auch Anlagen und nützliche Bäume zerstört. Die Besitzer müssen sehen, wie sie dabei über die Runden kommen, was die Regierung jetzt noch erschweren will.

Doch im Grunde geht das Problem über diese einzelnen Initiativen hinaus. Gemäß einer Studie der Weltbank über die Steuerbelastung von Unternehmen, die sich auf 190 Staaten bezieht, steht Argentinien auf Platz 189, hat also weltweit die höchste Belastung, wenn man das unbedeutende Land ausnimmt, das auf Stelle 190 steht. In der Tat ist die Gewinnsteuer, bezogen auf den echten Gewinn (also bei Abzug des Inflationsgewinnes, der rein buchmäßig ist) die höchste der ganzen Welt. Formell beträgt der Satz 35%, was sich mit 21% in den Vereinigten Staaten (nach der Trump-Reform) vergleicht. Viele Länder liegen jedoch über Argentinien, aber ohne Inflation, und bei anderen Vorteilen. Die Inflationswirkung hebt hier den Satz oft auf 50% und mehr an, wobei der Oberste Gerichtshof schon einer Klage eines Unternehmens stattgegeben hat, und den effektiven Steuersatz, der sich in diesem Fall 60% näherte, als konfiskatorisch bezeichnet hat. Hinzu kommt noch, dass der Aktienbesitz von der Vermögenssteuer erfasst wird, die es weltweit sonst kaum gibt, die von dieser Regierung erhöht wurde. Und dann kommt noch der Umstand hinzu, dass es keinen lokalen Kapitalmarkt gibt, und der Bankkredit sehr begrenzt ist. Es ist begreiflich, dass die Unternehmer versuchen, Steuern zu hinterziehen und teilweise auf die Schwarzwirtschaft überzugehen, um nicht vom Staat erdrückt zu werden. Doch das wirkt gesamtwirtschaftlich verheerend. Für multinationale Unternehmen, die vor der Wahl stehen, in welchem Land sie investieren, ist Argentinien gewiss nicht attraktiv.

Hinzu kommt noch das Problem mit der Arbeitsgesetzgebung, die starr und produktivitätsfeindlich ist. Anlässlich der pandemiebedingten Krise wurden in den USA sofort Arbeitnehmer massenweise entlassen, während dies in Argentinien durch die ohnehin schon hohe Entlassungsentschädigung, die anlässlich der Covid-Krise verdoppelt wurde, kaum möglich war. Die Unternehmen hatten somit in dieser Krise eine zusätzlich Belastung, die es sonst auf der Welt höchstens beschränkt gibt. Bei kleineren Unternehmen hat die Regierung in vielen Fällen die Löhne subventioniert. Aber größere Unternehmen wurden dabei ausgeschlossen. Erst jetzt soll die Subvention für Arbeitnehmer, die zeitweilig keine Arbeit haben (benannt REPRO), wieder eingeführt werden.

Die Regierung scheint sich nicht über das bestehende Beschäftigungsproblem bewusst zu sein. Rund 30% der aktiven Bevölkerung (diejenigen, die eine bezahlte Arbeit haben, plus diejenigen, die eine suchen) sind arbeitslos. Die offizielle Statistik gibt nur 13% an, weil sie diejenigen, die sich nicht konkret um einen Arbeitsplatz bemühen, nicht hinzuzählt. Das ist grober Unfug. Den diese Menschen haben gar keine Möglichkeit, einen Arbeitsplatz zu suchen, weil kaum welche öffentlich angeboten werden.

In absoluten Zahlen sind es um die 6 Mio. Menschen, die keine Arbeit und somit kein Arbeitseinkommen haben. Man nimmt an, dass sie am Anfang von ihrer Reserven leben, oder mit Hilfe von Familienangehörigen oder Freunden zählen. Doch das nimmt stark ab, und viele dieser Menschen stehen dann vor dem Nichts. Kann man sich wundern, wenn dann die Kriminalität zunimmt?

Die Regierung und auch private Wirtschaftler sprechen von der Notwendigkeit von Investitionen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. Indessen sind kaum größere Investitionen zu erwarten, und bei den bestehenden Unternehmen wird oft in Mechanisierung und Automatisierung investiert, was menschliche Arbeit spart und keine neuen Arbeitsplätze schafft.

Es muss zunächst versucht werden, dass bestehende Arbeitsmöglichkeiten genutzt werden. Das bezieht meistens auf potentiell instabile Arbeitsplätze, die wegen der hohen Entlassungsentschädigung nicht besetzt werden. Uns ist ein konkreter Fall eines Unternehmens bekannt geworden, das dieses Jahr Arbeitskräfte für drei Monate beschäftigt hatte, um einen Sonderauftrag zu erledigen, und sie dann entlassen hat, weil ab dann die Entlassungsentschädigung gilt. Ohne diese hätte die Firma die Arbeiter noch für einige Monate mehr beschäftigen können. Für zusätzliche Arbeitskräfte müsste die Entlassungsentschädigung erst ab zwei Jahren gelten, und in den ersten Monaten sollten auch Soziallasten entfallen.

Dann muss auch das ganze Arbeitsrecht neu überdacht werden. Denn so wie es jetzt ist, werden viele Unternehmen ihre Belegschaft nach und nach verringern (wegen Pensionierung, Tod der Rücktritt) und die Produktionsprozesse stärker automatisieren. Der Wirtschaftler Jeremy Rifkin sprach vor einem Jahrzehnt schon vom “Ende der Arbeit”. Gewiss übertrieb er; Aber es ist eine Tatsache, dass die technologische Revolution menschliche Arbeit ersetzt oder produktiver macht, so dass weniger Menschen für konkrete Tätigkeiten notwendig sind.

Es ist viel Denkarbeit notwendig, um eine arbeitsrechtliche Rahmenordnung zu schaffen, die per sofort mehr Arbeitsplätze schafft. Es geht jetzt nicht um Privilegien für diejenigen, die schon arbeiten, wie es die Gewerkschaften in den Vordergrund stellen, sondern um Schaffung von unmittelbaren Beschäftigungsmöglichkeiten. Und das erfordert an erster Stelle, dass die unternehmerfeindliche Haltung bei Seite gelassen wird, und eine enge Zusammenarbeit zwischen Regierung und Unternehmern, ohne Vorurteile, geschaffen wird.


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